Bartimäus 02 - Das Auge des Golem
sogar viele Behörden sind noch nicht davon unterrichtet. Einer der Zauberer, der auf Sie angesetzt ist, ich glaube, er heißt Mandrake, hat in Ihrer Vergangenheit gestöbert. Er hat in Erfahrung gebracht, dass vor ein paar Jahren eine Kathleen Jones wegen eines tätlichen Angriffs vor Gericht geladen wurde.«
»Ja und?« Kittys Miene blieb unbewegt, aber sie bekam heftiges Herzklopfen. »Das ist lange her.«
»Allerdings. Er hat Ihrer Akte entnommen, dass Sie damals einen einflussreichen Zauberer grundlos angegriffen und dafür eine Geldstrafe bekommen haben. Seiner Ansicht nach gehört der Vorfall zu den ersten Anschlägen der Widerstandsbewegung.«
»Lächerlich!« Kitty wurde richtig wütend. »Es war ein Versehen! Wir hatten ja keine Ahnung…«
»Des Weiteren«, fuhr Mr Hopkins ungerührt fort, »weiß er, dass Sie nicht allein daran beteiligt waren.«
Kitty erstarrte. »Was? Er glaubt doch nicht etwa…«
»Mr Mandrake glaubt – ob nun zu Recht oder zu Unrecht, sei dahingestellt –, dass Ihr Freund… wie hieß er doch gleich?… Jakob Soundso…«
»Hyrnek, Jakob Hyrnek.«
»Genau. Er glaubt, dass der junge Hyrnek ebenfalls der Widerstandsbewegung angehört.«
»Das ist doch lächerlich!«
»Trotzdem hat er seinen Dämon irgendwann heute Vormittag losgeschickt, damit er Ihren Freund zum Verhör abholt. O je, ich hatte mir schon gedacht, dass Sie das womöglich aufregt…«
Kitty brauchte einen Augenblick, um sich zu fassen, und auch dann sprach sie nur stockend: »Aber… aber ich habe seit Jahren… nichts mehr mit Jakob zu tun. Er weißüberhaupt nichts.«
»Das dürfte Mr Mandrake auch bald herausfinden.«
In Kittys Kopf ging es drunter und drüber. Sie versuchte, sich zu sammeln. »Wo hat man ihn hingebracht? Etwa… in den Tower?«
»Ich hoffe bloß, Sie tun nichts Unüberlegtes, meine Liebe«, sagte Mr Hopkins leise. »Mandrake zählt unter den Nachwuchszauberern zu den Einflussreichsten. Er ist ein begabter junger Mann und gehört zu den Lieblingen des Premierministers. Es wäre unklug…«
Kitty hätte am liebsten losgeschrien. Während sie hier ihre Zeit verplemperte, wurde Jakob womöglich gefoltert. Vielleicht war er längst von Dämonen umringt, von viel heimtückischeren als dem Gerippe aus der Gruft, Dämonen, die ihn mit ihren Klauen bearbeiteten… Dabei war er völlig unschuldig, hatte überhaupt nichts mehr mit ihr zu schaffen. Wie dumm sie gewesen war! Ihre verwegenen Aktionen in den letzten paar Jahren hatten jemanden gefährdet, für den sie früher einmal alles, sogar ihr Leben, aufs Spiel gesetzt hätte.
»An Ihrer Stelle würde ich nicht mehr an den jungen Hyrnek denken«, meinte Mr Hopkins. »Sie können sowieso nichts für ihn…«
»Verraten Sie mir nur eins, bitte«, sagte sie. »Ist er im Tower?«
»Nein, seltsamerweise nicht. Das wäre der übliche Ablauf, aber ich vermute, Mandrake versucht, die Sache in aller Stille und im Alleingang zu regeln, um sich gegenüber seinen Konkurrenten in der Regierung einen Vorteil zu verschaffen. Er hat Ihren Freund in aller Heimlichkeit entführt und zum Verhör in ein sicheres Haus verbracht. Wahrscheinlich wird er nicht mal besonders streng bewacht, aber Sie dürfen die Dämonen nicht vergessen, die…«
»Mr Mandrakes Bekanntschaft habe ich bereits gemacht«, unterbrach ihn Kitty grob. Sie beugte sich über den Tisch und stieß dabei an ihr Glas, aus dem ein paar Tropfen aufs Tischtuch spritzten. »Ich bin ihm begegnet, habe mich geweigert mitzukommen und bin einfach gegangen. Wenn dieser Milchbubi Jakob was antut, wenn er ihm auch nur ein Haar krümmt, dann verlassen Sie sich drauf, Mr Hopkins, dann bring ich ihn eigenhändig um! Ihn und jeden Dämon, der mich daran hindern will.«
Mr Hopkins hob die Hände und ließ sie wieder sinken, eine Gebärde, die so gut wie alles bedeuten konnte.
»Ich frage Sie noch einmal«, sagte Kitty, »wissen Sie, wo dieses sichere Haus ist?«
Die wässrig grauen Augen hielten ihrem Blick stand, dann blinzelten sie. »Ja«, sagte Mr Hopkins ruhig. »Ich kenne die Adresse und kann sie Ihnen geben.«
Kitty
39
Kitty war noch nie in Mr Pennyfeathers geheimem Lagerraum gewesen, aber sie wusste, wie man den Türmechanismus bediente. Sie trat auf den unter Gerümpel versteckten Metallhebel im Boden und drückte zugleich gegen die Wand über dem Holzstapel. Das Mauerstück schwang träge auf und der chemische Geruch schlug Kitty entgegen.
Kitty zwängte sich durch den Spalt und ließ die
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