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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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es, dann hörte sie es beängstigend nah hecheln. Sie krallte sich ins mürbe Mauerwerk, wandte den Kopf und sah an sich herunter auf die mondbeschienene Straße. Auf halbem Weg zwischen ihr und dem Bürgersteig kletterte ein flinker Schatten die Mauer hoch. Zu diesem Zweck hatte er seine Wolfsgestalt ein wenig abgewandelt. Statt Pfoten hatte er jetzt lange Finger mit krummen Nägeln, statt Vorderbeinen muskelbepackte Arme. Nur der Kopf war noch derselbe: klaffender Rachen, blitzende Fänge, hängende Hechelzunge. Der gelbe Blick war starr auf sein Opfer gerichtet.
    Bei diesem Anblick hätte Kitty vor Schreck beinahe losgelassen, fing sich jedoch gerade noch rechtzeitig. Sie drückte sich an die Hauswand, hielt sich mit einer Hand fest und griff mit der anderen in ihre Umhängetasche. Sie holte das Erstbeste heraus, was ihr in die Finger kam – irgendeine Kugel –, zielte kurz und ließ sie auf den Verfolger fallen.
    Das glänzende Geschoss stürzte in die Tiefe, verfehlte den borstigen Rücken um Haaresbreite und zerbarst feuerspeiend auf dem Pflaster.
    Der Wolf ließ sich nicht beirren, grollte nur drohend.
    Kitty biss sich auf die Lippe und kletterte ohne Rücksicht auf ihren zerschundenen Körper weiter. Sie rechnete jeden Augenblick damit, scharfe Klauen um ihren Knöchel zu spüren. Dicht unter sich hörte sie das Untier scharren.
    Die Brüstung…Ächzend zog sie sich hoch, schwang sich darüber, rutschte aus. Sie fiel auf ihre Tasche, sodass sie nicht an die Waffen herankam.
    Sie rollte sich auf den Rücken, und im selben Augenblick hob der Wolf witternd den Kopf über die Brüstung und schnüffelte erregt an der Blutspur, die ihre verletzte Hand hinterlassen hatte. Seine gelben Augen blitzten auf und ihre Blicke begegneten sich.
    Kitty griff in ihren Schuh, zückte das Messer und rappelte sich hoch.
    Mit einem geschmeidigen Sprung setzte der Wolf über die Brüstung und verharrte einen Augenblick mit gesenktem Kopf und zum Sprung geduckt auf allen vieren. Er schielte abschätzend zu Kitty herüber und überlegte offenbar, ob er es wagen sollte zu springen. Kitty schwenkte den Dolch.
    »Siehst du den?«, keuchte sie. »Der ist aus Silber, kapiert?«
    Der Wolf warf ihr einen scheelen Blick zu. Dann hob er bedächtig die Vorderläufe und streckte den gewölbten Rücken. Jetzt stand er wie ein Mensch auf den Hinterbeinen, ragte hoch über ihr auf und wiegte sich angriffslustig hin und her.
    Kitty suchte mit der anderen Hand nach dem nächsten Wurfgeschoss. Groß konnte der Vorrat nicht mehr sein…
    Der Wolf sprang sie an, hieb mit klauenbewehrten Pfoten nach ihr, sperrte gierig den roten Rachen auf. Kitty duckte sich, wirbelte herum und riss das Messer hoch. Der Wolf jaulte schrill, holte kräftig aus und traf Kitty mit der Pfote an der Schulter. Seine scharfen Klauen säbelten den Taschenriemen durch, die Tasche fiel aufs Dach. Kitty stieß noch einmal zu. Der Wolf rettete sich mit einem Satz. Auch Kitty wich zurück. Ihre Schulter pochte scheußlich. Der Wolf drückte die Pfote auf eine kleine Schnittwunde in seiner Flanke, blickte sie an und schüttelte missbilligend den Kopf. Er schien nur leicht verletzt. Sie umkreisten einander eine Weile. Kitty hatte kaum noch genug Kraft, das Messer zu heben.
    Der Wolf streckte die Pfote aus, zog die Tasche zu sich heran und ließ ein tiefes, grollendes Glucksen vernehmen.
    Da hörte Kitty hinter sich ein leises Schurren. Sie riskierte einen Blick über die Schulter und sah auf der anderen Seite des Flachdachs ein geziegeltes Satteldach. Die beiden Wölfe auf dem First setzten sich eben in Bewegung.
    Kitty zog das zweite Messer aus dem Gürtel, aber ihre Linke war wegen der Schulterwunde geschwächt und sie konnte das Heft kaum festhalten. Flüchtig erwog sie, sich in den Abgrund zu stürzen. Vielleicht war ein rascher Tod den Zähnen und Klauen der Wölfe vorzuziehen?
    Doch das wäre feige gewesen. Wenn sie schon sterben musste, wollte sie sich wenigstens vorher noch rächen.
    Drei Wölfe kamen jetzt auf sie zu, zwei auf allen vieren, der dritte aufrecht wie ein Mensch. Kitty strich sich das Haar aus dem Gesicht und hob mühsam beide Messer.

Nathanael
40
    Mann, ist das öde«, maulte der Dschinn. »Wahrscheinlich passiert heute Abend überhaupt nichts mehr.«
    Nathanael, der pausenlos im Kreis herumlief, blieb stehen. »Doch. Und jetzt sei still. Wenn ich deine Meinung hören will, frage ich dich schon.« Er hörte selbst, dass es ziemlich lahm klang. Dann sah er

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