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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Kerlchen, das es immer allen recht machen und dafür gelobt werden will!«
    Volltreffer. »Das war einmal«, erwiderte Nathanael grimmig. »Miss Whitwell wird erst davon erfahren, wenn der Zauberstab sichergestellt und das Mädchen hinter Schloss und Riegel ist, und anschließend muss sie mir Beifall zollen wie alle anderen auch. Denn dann stehe ich unter Devereaux’ Schutz und keiner kann mir mehr was anhaben.«
    Der Junge auf dem Schrank setzte sich in den Schneidersitz, was an die Haltung der Schreiber im alten Ägypten erinnerte.
    »Das hast du dir unmöglich alles selber ausgedacht«, sagte er. »Jemand muss dir dabei geholfen haben. Jemand, der weiß, wie man an das Mädchen rankommt und ihr mitteilt, dass wir hier sind. Du selber hast keinen Schimmer, wo sie steckt, sonst hättest du sie längst verhaftet.«
    »Ich habe eben meine Informanten.«
    »Und die wissen offenbar ziemlich gut über den Widerstand Bescheid. An deiner Stelle wäre ich vorsichtig, Nat. So was kann schnell nach hinten losgehen. Der behaarte Polizeichef würde seine Reißzähne dafür geben, dir irgendeine Verbindung zu diesen Verrätern nachzuweisen. Wenn der wüsste, dass du mit denen Geschäfte machst…«
    »Ich mache keine Geschäfte!«
    »Huch! Was schreist du denn so? Du bist ja ganz außer dir.«
    »Quatsch! Ich habe nur gesagt, dass ich das Mädchen schon noch kriege. Wie, ist meine Sache.«
    »Schön und gut – aber wer ist dein Informant? Woher weiß er oder sie so viel über die Kleine? Hast du dich das noch nie gefragt?«
    »Das ist unwichtig. Und jetzt will ich nicht mehr drüber reden.« Nathanael kehrte dem Dschinn den Rücken. Bartimäus hatte natürlich Recht. Es war schon erstaunlich, wie mühelos Makepeace Kontakte zur Unterwelt geknüpft hatte. Andererseits zog das Theater alle möglichen zweifelhaften Existenzen an, es war also nicht weiter verwunderlich, dass Makepeace solche Leute kannte – Schauspieler, Tänzer, Schriftsteller… allesamt kaum besser als Kriminelle. So unwohl sich Nathanael mit seinem neuen Bundesgenossen auch fühlte, er scheute sich keineswegs, aus dieser Bekanntschaft Kapital zu schlagen – vorausgesetzt, alles ging gut. Wenn aber Duvall oder Whitwell herausbekamen, dass er hinter ihrem Rücken gehandelt hatte, wurde es brenzlig. Das war das Gefährlichste daran. Noch am Morgen hatten sich beide nach dem letzten Stand der Ermittlungen erkundigt und er hatte beide angelogen. Ein leiser Schauer rieselte ihm den Rücken herunter.
    Jakob Hyrnek hob zaghaft die Hand. »Entschuldigung, Sir…«
    »Was ist denn?«
    »Entschuldigen Sie, Mr Mandrake, aber mir ist ein bisschen kalt.«
    »Meinetwegen steh auf und lauf ein Weilchen hin und her. Aber verschon mich mit deinen scheußlichen Socken.«
    Hyrnek zog den Morgenmantel um sich und schlurfte durchs Zimmer, wobei die quietschfarbenen, gestreiften Haussocken höchst unpassend unter der Schlafanzughose hervorlugten.
    »Schwer zu glauben, dass jemand für so einen Typen sein Leben riskiert«, kommentierte der Dschinn. »Wenn ich seine Mutter wäre, würde ich die Straßenseite wechseln.«
    »Da kennst du diese Kitty schlecht«, erwiderte Nathanael. »Die kommt auf jeden Fall.«
    »Nein.« Hyrnek war am Fenster stehen geblieben und hatte den kleinen Meinungsaustausch verfolgt. »Wir waren mal gut befreundet, aber das ist vorbei. Ich hab sie ewig nicht mehr gesehen.«
    »Sie kommt trotzdem.«
    »Sie hat den Kontakt abgebrochen… weil mein Gesicht entstellt ist«, fuhr der Junge fort. Seine Stimme bebte vor Selbstmitleid.
    »Jetzt hör endlich auf damit!« Nathanaels Anspannung entlud sich in einem Wutanfall. »Mit deinem Gesicht ist alles in Ordnung! Du kannst sprechen, oder? Du kannst sehen, oder? Und hören ja wohl auch! Na bitte. Dann lass gefälligst das Gejammer. Ich hab schon wesentlich Schlimmeres gesehen.«
    »Das sag ich ihm auch dauernd.« Der Dschinn stand auf und hüpfte gelenkig vom Schrank. »Er übertreibt wie sonst was. Sieh dir bloß mal deine eigene Visage an… an der kannst du auch nichts mehr ändern, trotzdem gehst du jeden Tag unter die Leute. Nein, euer wahres Problem ist die Frisur! Jeder Dachshintern sieht besser aus. Wenn ihr einen Augenblick still haltet und mir eine anständige Schere gebt, könnte ich…«
    Nathanael verdrehte genervt die Augen und versuchte, seine Autorität einigermaßen wieder herzustellen. Er packte Hyrnek am Kragen und gab ihm einen kräftigen Schubs. »Geh wieder auf deinen Stuhl«, blaffte er.

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