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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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hin.
    Wo der verflixte Junge nur blieb? Komm schon, komm schon! Aber er ließ sich Zeit.
    Du tust mir Leid. Du tust mir echt Leid. So sehr ich diesen Satz auch zu verdrängen suchte, er machte mir ganz schön zu schaffen.

Kitty
42
    Schließlich riss sich Kitty wieder zusammen. Die letzten Schluchzer verebbten und sie seufzte tief. Abgesehen von der Stelle, die das magische Licht im Gebälk schwach und immer schwächer beleuchtete, war es in dem baufälligen Gebäude dunkel. Der Dämon, immer noch in Gestalt des dunkelhäutigen Jungen mit dem Lendenschurz, saß neben ihr. Er wandte das Gesicht ab und das Licht warf auf seinen schmalen Nacken und die bloßen, gewölbten Schultern harte Schatten. Er wirkte eigenartig zerbrechlich.
    »Falls es dich tröstet«, sagte er, das Gesicht immer noch abgewandt, »den Afriten aus der Gruft hab ich erledigt.«
    Kitty hustete, setzte sich aufrecht hin und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Sie ließ sich mit der Antwort Zeit. Der jähe Weinkrampf aus Trauer um ihre Freunde hatte die Verzweiflung weggespült, die sie bei der Entführung durch den Dämon gepackt hatte. Sie fühlte sich leer und ein wenig schwindlig, zwang sich aber zum Nachdenken.
    Flucht. Sie könnte versuchen zu entkommen… Nein, sie musste auf Jakob warten. Falls er tatsächlich hierher kam… Sie runzelte die Stirn. Letztendlich hatte sie nur das Wort des Dämons. Vielleicht sollte sie doch lieber fliehen?… Sie spähte suchend umher. »Hast du ihn getötet…?«, fragte sie geistesabwesend. »Wie denn?« Dort drüben war eine Treppe, demnach befanden sie sich im ersten Stock. Fast alle Fenster waren mit Brettern vernagelt.
    »Hab ihn in die Themse geworfen. Er war ziemlich plemplem. Kein Wunder, nach so einer langen Zeit… Seine Substanz war an Gladstones Gebeine gebunden. Er wollte oder konnte sie nicht mehr verlassen. Traurig, so was, aber was will man machen? Er war eine Gefahr für alle, für Dschinn wie für Menschen. Auf dem Grund der Themse ist er am besten aufgehoben.«
    »Ja, bestimmt…« Das da drüben sah nach einer zerbrochenen Scheibe aus. Vielleicht konnte sie von dort auf die Straße springen.
    Und wenn sie der Dämon mit irgendwelcher Magie aufhalten wollte, nun, für solche Fälle hatte sie ja ihre Abwehrkräfte. Wenn sie erst draußen war, konnte sie sich bestimmt irgendwo verstecken…
    »Ich hoffe, du tust nichts Unüberlegtes«, sagte der Junge plötzlich.
    Sie spähte schuldbewusst zu ihm hinüber. »Nein.«
    »Dich treibt irgendwas um, ich hör es deiner Stimme an. Lass es sein. Ich greife nämlich nicht mehr auf magische Waffen zurück, ich weiß genau, dass das bei dir nichts nützt. Ich bin schon viel rumgekommen und kenn mich mit so was aus. Ich schmeiß dir einfach einen Backstein an den Kopf.«
    Widerstrebend verwarf Kitty den Gedanken an Flucht vorläufig. »Was meinst du damit, dass du dich mit so was auskennst? Spielst du auf unseren Zusammenstoß damals an?«
    Der Junge warf ihr einen flüchtigen Blick über die Schulter zu. »Das auch, klar… Deine Kumpels haben ein ziemlich hochprozentiges Inferno meinerseits aus nächster Nähe überstanden. Nein, ich rede von früher, lange bevor die Scharlatane von London größenwahnsinnig wurden. Ich habe so etwas immer wieder erlebt, früher oder später ist es so weit. Also ehrlich, wenn man bedenkt, was für ihn auf dem Spiel steht, könnte sich dieser Mandrake wirklich ein bisschen beeilen! Wir warten jetzt schon eine Stunde.«
    »Du meinst, du hast schon früher Leute wie mich kennen gelernt?«, fragte Kitty skeptisch.
    »Aber sicher, schon x-mal! Tja, vermutlich lassen euch die Zauberer keine Geschichtsbücher lesen, kein Wunder, dass ihr derart ahnungslos seid.« Der Dämon rutschte auf dem Hintern herum, bis er ihr von Angesicht zu Angesicht gegenübersaß. »Was meinst du wohl, wie Karthago unterging? Und Persien? Und Rom? Klar, es gibt immer Feinde, die darauf lauern, irgendwelche Schwächen großer Reiche auszunutzen, doch in Wahrheit erfolgt der Umsturz von innen. Romulus Augustulus zum Beispiel hatte während seiner Herrschaft alle Hände voll zu tun, seine eigenen Untertanen in den Griff zu bekommen, weshalb er keine Zeit hatte, sich um die Ostgoten mit ihren dicken Schnurrbärten zu kümmern, als sie in Italien einmarschierten. Seine Dschinn konnten die Plebejer einfach nicht mehr im Zaum halten. Und warum nicht? Weil zu viele so geworden waren wie du und ihnen seine Bannflüche nichts mehr anhaben konnten.

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