Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
O! Das Wissen um die Vergangenheit! Deshalb sorgen die Zauberer auch dafür, dass ihr nur so eine mangelhafte Schulbildung bekommt. Ich wette, man hat euch haufenweise Lobhudeleien eingepaukt, was an England alles toll ist.« Er kicherte in sich hinein. »Das Komische ist, dass die zunehmenden Abwehrkräfte in der Bevölkerung für die Zauberer jedes Mal ganz überraschend kommen. Jede Weltmacht glaubt, sie ist was ganz Besonderes, ihr kann so was nicht passieren. Die Lehren aus der Vergangenheit, auch der jüngsten, sind sofort wieder vergessen. Gladstone konnte Prag nur deshalb im Handstreich erobern, weil das halbe tschechische Heer gerade im Streik stand. Das hat das Kaiserreich ernsthaft geschwächt. Aber diesen Umstand haben mein Herr und seine Freunde längst vergessen. Er hat keine Ahnung, wieso du neulich seinem Mauler entkommen bist. Übrigens braucht der Kerl ja ewig, um Hyrnek herzuschaffen! Ich frage mich langsam, ob ihm was zugestoßen ist. Etwas Tödliches kann es leider nicht sein, sonst wäre ich nämlich nicht mehr hier.«
    Jakob. Kitty hatte dem Dämon so gespannt zugehört, dass sie gar nicht mehr an ihren Freund gedacht hatte. Jetzt schämte sie sich. Sie saß hier und plauderte mit dem Feind… einem Mörder, Entführer, unmenschlichen Ungeheuer. Wie konnte sie das nur vergessen?
    »Weißt du was?«, sagte der Dämon kumpelhaft, »eins versteh ich nicht. Warum hast du überhaupt nach diesem Hyrnek gesucht? Du musst doch geahnt haben, dass du in eine Falle tappst. Er hat uns erzählt, ihr hättet euch schon ewig nicht mehr gesehen.«
    »Das stimmt auch. Trotzdem ist er nur meinetwegen in diesen Schlamassel geraten, oder?« Kitty hatte einen dicken Kloß im Hals.
    »Na ja, schon… Ich find’s bloß komisch…«
    »Was verstehst du schon davon, Dämon?« Kitty war blass vor Zorn. »Du bist ein Ungeheuer! Wie willst du dich in mich hineinversetzen!« Sie war so wütend, dass sie beinahe zugeschlagen hätte.
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Lass dir einen gut gemeinten Rat geben«, sagte er. »Würdest du gern ›menschliches Drecksgezücht‹ genannt werden? Na also. So ähnlich klingt es, wenn du ein Geistwesen wie mich als ›Dämon‹ bezeichnest, dieser Ausdruck ist ehrlich gesagt unter unser beider Niveau. Die korrekte Bezeichnung lautet ›Dschinn‹, man darf aber durchaus Adjektive wie ›edler‹ oder ›herrlicher‹ hinzufügen. Eine simple Frage der Umgangsformen. Es klingt einfach freundlicher.«
    Kitty lachte zynisch. »Wer ist schon mit einem Dämon befreundet!«
    »Zugegeben, das gibt es nicht oft, dafür ist das Erkenntnisgefälle zu groß. Aber es ist trotzdem schon vorgekommen…« Er hielt nachdenklich inne.
    »Ach ja?«
    »Glaub’s mir.«
    »Wann denn, zum Beispiel?«
    »Ach, das ist schon lange her… Spielt ja auch keine Rolle.« Der junge Ägypter winkte ab.
    »Das hast du dir bloß ausgedacht.«
    Kitty wartete, aber der Junge betrachtete interessiert seine Fingernägel und redete nicht weiter.
    Nach einer langen Pause brach sie das Schweigen. »Warum hat mich Mandrake eigentlich vor den Wölfen gerettet? Das ist doch unlogisch.«
    »Er will den Stab, was sonst«, grummelte der Junge.
    »Den Stab? Wozu?«
    »Was glaubst du denn? Es geht ihm um Macht. Er gönnt ihn seinen Kollegen nicht.« Der Junge war kurz angebunden und schien schlechte Laune zu haben.
    Ganz sachte dämmerte es Kitty. »Du glaubst… der Stab ist zu was nütze?«
    »Selbstverständlich. Schließlich ist es Gladstones Zauberstab! Das habt ihr doch gewusst, sonst wärt ihr ja nicht in seine Gruft eingebrochen.«
    Kitty sah wieder die Theaterloge vor sich und den goldenen Schlüssel, den ihr der Unbekannte zuwarf, vernahm seine Stimme, die den Stab ganz nebenbei erwähnte. Sie sah Hopkins’ wässrig grauen Blick, hörte wieder, wie er sich, durch den Lärmpegel des belebten Cafés gedämpft, danach erkundigte. Sie ahnte Verrat und ihr wurde ganz flau.
    »Oha! Ihr habt nichts davon gewusst!« Der wache Blick des Dschinn ruhte auf ihr. »Man hat euch reingelegt. Aber wer war’s? Dieser Hopkins?«
    »Ja. Und noch jemand… den ich nicht sehen konnte und auch nicht kenne«, erwiderte Kitty tonlos.
    »Schade. Höchstwahrscheinlich einer aus der Führungsriege. Welcher, tut eigentlich nichts zur Sache. Von denen ist einer so mies wie der andere. Diese Typen suchen sich immer jemanden, der für sie die Kastanien aus dem Feuer holt, ganz gleich ob Dschinn oder Mensch.« Er blinzelte, als wäre ihm soeben eine

Weitere Kostenlose Bücher