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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Wenn alles nach Plan läuft.«
    »Und dann?«
    Ich verstummte. Was dann kam, davon hatte ich eine ziemlich genaue Vorstellung.
    »Was ist? Antworte! Und sag die Wahrheit… falls dir wenigstens das gestattet ist!«
    In dem Versuch, das Thema zu wechseln, erwiderte der Rock mit gespielter Überheblichkeit: »An deiner Stelle wäre ich vorsichtig, Schätzchen. So hoch über dem Erdboden sollte man sich gehässige Bemerkungen lieber verkneifen.« 78
(Wie man an Ikarus sieht, einem Flugpionier der ersten Stunde. Laut Faquarl, der zugegebenermaßen nicht zu den zuverlässigsten Quellen zählt, hatte der griechische Zauberer Dädalus zwei magische Flügel angefertigt, die jeweils einen zum Jähzorn neigenden Foliot beherbergten. Ein übermütiger junger Mann namens Ikarus unternahm damit einen Probeflug. Etliche tausend Meter über dem Ägäischen Meer kam er auf die tolle Idee, über die Foliot abzulästern. Die lösten im Gegenzug eine Feder nach der anderen, worauf Ikarus samt seinen witzigen Bemerkungen kopfüber in sein feuchtes Grab stürzte. )
    »Pah! Du lässt mich nicht fallen. Hast du eben selber gesagt.«
    »Ach so. Stimmt ja.« Der Rock seufzte. »Ehrlich gesagt weiß ich nicht genau, was mit dir geschehen soll. Und jetzt halt mal einen Moment den Rand, ich bin im Landeanflug.«
    Wir flogen über den Ozean orangefarbener Lichter der Straße entgegen, in der Nathanael und ich uns in der Nacht versteckt hatten, als Underwoods Haus abgebrannt war. Die verfallene Bücherei gab es immer noch, ich erkannte das hohe Gebäude sofort zwischen den umliegenden niedrigeren Geschäften. Es hatte seither noch mehr gelitten, und dort, wo einst ein großes Oberlicht gesessen hatte, gähnte jetzt ein schwarzes Loch. Beim Sinkflug wurde der Riesenvogel kleiner, wählte geschickt den richtigen Winkel und beförderte das Mädchen mit den Füßen voran durch die Öffnung, als wollte er einen Brief einwerfen. Wir schwebten in den höhlenartigen Raum ein, der nur hier und da von vereinzelten Mondstrahlen beleuchtet wurde. Erst ganz dicht über dem schuttbedeckten Boden ließ ich meine Last los. 79
(Es waren höchstens zwei Meter. Was denn? Sie war jung und sportlich! )
Die Kleine schrie leise auf und kullerte über die Dielen.
    Ich landete ein Stück daneben und betrachtete sie mir erst mal in aller Ruhe. Es war eindeutig dasselbe Mädchen… die Göre, die mir damals das Amulett hatte abnehmen wollen. Sie sah älter und magerer aus und ziemlich erschöpft, ihr Gesicht war fahl und verhärmt, der Blick argwöhnisch und wachsam. Die letzten Jahre hatten ihr ganz offensichtlich übel mitgespielt und die letzten paar Minuten waren besonders hart gewesen. Ein Arm hing schlaff herunter und in der Schulter klaffte eine blutverkrustete Wunde. Doch ihr Trotz war ungebrochen. Sie stand unbeholfen auf, reckte das Kinn und sah mich über einen Strahl aus silbernem Licht hinweg empört an.
    »Was ist das denn für ein Saustall?«, fauchte sie. »Könnt ihr mich nicht irgendwo verhören, wo es einigermaßen sauber ist? Der Tower ist ja wohl das Mindeste!«
    »Sei froh, dass du hier gelandet bist.« Der Vogel Rock wetzte sich an der Wand die Klauen. Ich war nicht in Plauderlaune.
    »Na schön. Und wie geht’s jetzt weiter? Wo ist Jakob? Wo sind die Zauberer?«
    »Die kommen gleich.«
    »Gleich? Was seid ihr denn für ein lahmer Haufen?« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Ich dachte, ihr Typen wärt so schrecklich tüchtig, aber Organisation ist offenbar nicht eure Stärke!«
    Ich hob den großen, gefiederten Kopf. »Jetzt hör mir mal gut zu! Vergiss nicht, dass ich dich eben erst den Fängen der Nachtpolizei entrissen habe. Ein bisschen Dankbarkeit wäre gewiss nicht fehl am Platz, junge Dame!« Der Vogel Rock trommelte mit den Klauen gegen die Tür und fixierte sie mit jenem Blick, bei dem persische Seefahrer laut schreiend über Bord zu springen pflegen.
    Sie fixierte mich ihrerseits mit einem Blick, der Milch hätte sauer werden lassen. »Gib’s auf, Dämon! Ich fürchte dich und deine Bosheit nicht. Du machst mir keine Angst!«
    »Ach nein?«
    »Nein. Du bist nur ein albernes Flaschenteufelchen und dein Gefieder ist räudig und verschimmelt.«
    »Wie bitte?« Der Rock blickte eilig an sich herab. »Blödsinn! Das liegt am Mondlicht.«
    »Ein Wunder, dass dir noch nicht alle Federn ausgefallen sind. Da sieht ja jede Straßentaube hübscher aus!«
    »Jetzt hör aber mal…«
    »Ich hab schon ganz andere Dämonen besiegt!«, brüllte

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