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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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zusammengehalten. Für mich sieht es so aus, als ob derjenige, der dieses Loch verursacht hat, einfach mitten durch die Wand gegangen ist.«
    Er wartete, aber Tallow nickte nur. Er schien sich unsäglich zu langweilen. »Das heißt…?«
    »Das heißt, Sir…«, der Junge biss die Zähne zusammen, denn er merkte, dass Tallow ihn ausnutzte, damit er nicht selber nachzudenken brauchte, und das konnte er auf den Tod nicht ausstehen, »…das heißt, es handelt sich vermutlich weder um einen Afriten noch um einen Mariden. Die hätten die Wand auf jeden Fall gesprengt. Wir haben es demnach nicht mit einem herkömmlichen Dämon zu tun.« Und damit genug. Tallow würde kein Wort mehr aus ihm herausbekommen.
    Sein Vorgesetzter schien fürs Erste zufrieden. »Das sehe ich genauso, Mandrake, ganz genauso. Aber es lässt viele Fragen offen… Hier drüben wartet schon die nächste.« Er stemmte sich hoch und hievte sich durch die Maueröffnung in den Nachbarladen. Der Junge folgte ihm mit finsterem Gesicht. Julius Tallow war ein Schwachkopf. Nach außen hin wirkte er ausgesprochen selbstsicher, aber unter der Oberfläche strampelte er wie ein schlechter Schwimmer, der den Boden unter den Füßen verloren hat, hektisch herum, um sich über Wasser zu halten. Nathanael jedenfalls hatte nicht die Absicht, zusammen mit ihm unterzugehen.
    In Coots Feinkostladen lag ein strenger, unangenehm stechender Geruch in der Luft. Nathanael zog sein riesiges, farbenfrohes Einstecktuch aus der Brusttasche, hielt es sich unter die Nase und ging zögerlich tiefer in den dämmrigen Raum hinein. Dort lagen zersplitterte Fässer mit Oliven und eingelegten Sardellen umher, der Inhalt war ausgelaufen. Doch in diese Aromen mischte sich ein anderer, beißender Gestank. Es roch verbrannt. Nathanaels Augen tränten. Er hustete in sein Taschentuch.
    »Da hätten wir sie: Duvalls beste Leute.« Tallow klang zynisch.
    Sechs kegelförmige pechschwarze Häufchen aus Knochen und Asche waren über die Bodenfliesen verteilt. Im nächstgelegenen Häufchen erkannte man ein paar spitze Reißzähne, und ein langer, dünner Knochen ragte heraus, vielleicht das Schienbein des Polizisten. Sonst war die Leiche vollständig verkohlt. Der Junge biss sich auf die Lippe und schluckte kräftig.
    »So was gehört zu unserem Job,«, sagte der Zauberer markig. »Wenn Ihnen flau wird, John, dürfen Sie gern an die frische Luft gehen.«
    Die Augen des Jungen funkelten. »Geht schon, danke. Es ist sehr…«
    »…interessant? Ja, nicht wahr? Reiner Kohlenstoff… jedenfalls so gut wie. Nur ein paar Zähne sind noch übrig. Und trotzdem erzählt jedes Häufchen eine Geschichte. Sehen Sie sich das dort an der Tür an, wo die Asche ein bisschen verstreut ist. Daran kann man ablesen, dass sich der Betreffende schnell bewegt hat, vielleicht wollte er sich mit einem Sprung aus der Tür retten. Aber wie es aussieht, war er nicht schnell genug.«
    Nathanael schwieg. Ihm schlug die abgebrühte Art seines Vorgesetzten schlimmer auf den Magen als die Aschehäufchen, die zumindest hübsch ordentlich aussahen.
    »Also, Mandrake«, sagte Tallow, »irgendeine Idee?«
    Der Junge holte verbissen tief Luft und stöberte in seinem wohl sortierten Gedächtnis. »Eine Detonation war das nicht«, fing er an, »auch kein Miasma und auch keine Pestilenz… das macht alles viel zu viel Sauerei. Es könnte ein Inferno gewesen sein…«
    »Glauben Sie wirklich, Mandrake? Wie kommen Sie darauf?«
    »Ich wollte eben sagen, es könnte ein Inferno gewesen sein, nur dass sonst nichts zu Schaden gekommen ist. Es sind nur die Polizisten verbrannt.«
    »Aha. Was war es dann?«
    Der Junge sah ihn an. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, Sir. Was vermuten Sie denn?«
    Ob Mr Tallow nun eine Antwort parat gehabt hätte oder nicht, er kam um seine Stellungnahme herum, denn in diesem Augenblick klingelte neben ihm eine unsichtbare Glocke, und die Luft begann zu flimmern, beides Vorboten der Ankunft eines Dieners. Mr Tallow sprach einen Befehl und der Dämon materialisierte sich komplett. Aus unerfindlichen Gründen hatte er als Erscheinungsform einen kleinen grünen Affen gewählt, der im Schneidersitz auf einer leuchtenden Wolke thronte. Mr Tallow blickte ihn scharf an. »Ich höre!«
    »Wie befohlen haben wir den Schutt und sämtliche Stockwerke der Gebäude gründlich überprüft, und zwar auf allen Ebenen«, verkündete der Affe. »Wir konnten keine auf magische Aktivität verweisenden Indizien finden, außer den

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