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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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die Konsequenzen vorzustellen.
    Ein schlurfender Schritt neben ihm. Ein eisiger Hauch, der nach Erde, Würmern und Lehm roch.
    Hätte Simpkin auf seinen Instinkt gehört, auf dem Absatz kehrtgemacht und das Weite gesucht, hätte er sich wohl noch retten können. Er hätte den Rollladen einschlagen, das Abwehrnetz zerreißen und auf die Straße hinausspringen können. Aber die jahrelange freiwillige Unterwürfigkeit hatte ihn jeglicher Eigeninitiative beraubt. Er war nicht mehr in der Lage, eigenmächtig zu handeln. Und so blieb ihm nichts anderes übrig, als zitternd dazustehen und ab und zu ein ersticktes, von Mal zu Mal schrilleres Quieken auszustoßen, als sich die Grabeskälte jetzt über ihn senkte und er immer deutlicher eine unsichtbare Gegenwart spürte.
    Er drückte sich ängstlich an die Wand.
    Über ihm zersprang Glas. Es regnete Scherben.
    Mr Pinns phönizische Weihrauchkrüge! Unbezahlbar!
    Ein Wutschrei entrang sich seiner Kehle und in den letzten Sekunden seines Lebens entsann er sich noch einmal der Keule in seiner Hand. Jetzt endlich schwang er sie blindlings und hieb mit letzter Kraft auf die fürchterliche Finsternis ein, die sich nun über ihn beugte, um ihn zu verschlingen.

Nathanael
8
    Als der Morgen des Gründertages heraufdämmerte, waren die Ermittler der Abteilung für Innere Angelegenheiten schon seit geraumer Zeit in der Piccadilly im Einsatz. Ungeachtet der Tradition, die den Bürgern an diesem Feiertag fröhliche Freizeitkleidung vorschrieb, trugen sie, ob Mann, ob Frau, einheitlich dunkelgraue Anzüge. Wie sie da so geschäftig in den Ruinen der zerstörten Läden herumkletterten, erinnerten sie von weitem an Ameisen auf einem Ameisenhaufen. Sie waren über die ganze Häuserzeile verteilt, bückten sich und richteten sich wieder auf, beförderten mithilfe von Pinzetten Fundstücke in Plastikbeutel, inspizierten winzige Flecken an den Mauern, machten sich Notizen und kritzelten eifrig Tatortskizzen. Entscheidender allerdings, so kam es jedenfalls den Gaffern vor, die von außerhalb des mit gelben Warnwimpeln abgesperrten Bereichs zuschauten, waren die ins Leere erteilten, von knappen Handbewegungen begleiteten Befehle. Manchmal erfolgten daraufhin ein jäher Windstoß oder ein leises Geraschel, die etwas Entschlossenes, Zielstrebiges an sich hatten und bei den Zuschauern beunruhigende Vorstellungen weckten, bis ihnen plötzlich einfiel, dass sie noch etwas Dringendes zu erledigen hatten, und weitergingen.
    Nathanael stand ganz oben auf dem Schutthügel in Pinns Geschäfts-räumen und sah zu, wie sich die Gewöhnlichen wieder verliefen. Er konnte ihnen die Neugier nicht verdenken.
    Auf der Piccadilly sah es katastrophal aus. Sämtliche Geschäfte zwischen den beiden Läden von Grebe und Pinn waren regelrecht ausgeweidet, die gesamte Einrichtung war demoliert und durch die eingeschlagenen Türen und Fenster auf die Straße geworfen worden. Lebensmittel, Bücher, Kleidung und Kunstgegenstände lagen zerbrochen und zerrissen zwischen Glasscherben, Holzstücken und Ziegelbrocken. Im Inneren der Läden sah es noch verheerender aus. Alle diese Firmen konnten auf eine altehrwürdige Tradition zurückblicken, aber ihre Räumlichkeiten waren allesamt derart verwüstet, dass nichts mehr zu retten war. Auslagen, Verkaufstheken, Kleiderständer und Vorhänge waren zersplittert, zerbeult und zerfetzt, die wertvollen Waren zertrümmert und zermalmt.
    Es war ein niederschmetternder Anblick, an dem jedoch eines auffiel: Es sah aus, als habe irgendetwas die Trennwände der einzelnen Geschäfte nacheinander und in gerader Linie durchschlagen. Stellte man sich in den Laden am Ende des Trümmerfeldes, so konnte man durch die Löcher in den Mauern aller fünf Läden bis zur nächsten Querstraße blicken und den Arbeitern beim Schuttwegräumen zusehen. Auch war jeweils nur das Erdgeschoss betroffen, die darüber liegenden Stockwerke waren unversehrt geblieben.
    Nathanael klopfte sich mit dem Kugelschreiber an die Zähne. Merkwürdig… Dieser Anschlag war anders als die üblichen Attentate des Widerstands. Zum einen war das Ausmaß der Zerstörung größer als sonst, zum anderen waren ihm Sinn und Zweck absolut schleierhaft.
    In einem zersplitterten Fenster tauchte der Kopf einer jungen Frau auf. »He, Mandrake!«
    »Ja, Fennel?«
    »Tallow will dich sprechen. Er ist hier drin.«
    Der Junge verzog das Gesicht, riss sich aber los, stieg vorsichtig, um seine maßgefertigten Schuhe nicht mit Ziegelstaub zu

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