Bartimäus 02 - Das Auge des Golem
folgenden:
–
erstens einige schwach flackernde Stellen in dem Abwehrnetz, das von der Sicherheit rings um den Tatort hochgezogen wurde;
– zweitens Rückstände der drei Halbafriten, die man in das abgesperrte Gebiet entsandt hat; ihre Substanz wurde offenbar in Mr Pinns Räumlichkeiten zerstört;
– drittens zahlreiche Auren der aus Pinns Ausstattungen stammenden Artefakte; das meiste liegt noch auf der Straße herum, aber etliche kleinere Gegenstände von Wert hat sich Ihr Assistent Mr Ffoukes angeeignet, als Sie nicht hingesehen haben.
So weit in Kürze das Ergebnis unserer Recherchen.« Der Affe kringelte lässig den Schwanz. »Wünscht Ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch weitere Auskünfte, Herr?«
Der Zauberer winkte ab. »Ist gut, Nemaides, du kannst gehen.«
Der Affe verneigte sich. Dann reckte er den Schwanz steil in die Luft, umfasste ihn wie ein Tau mit allen vier Pfoten, kletterte flink daran empor und entschwand.
Der Staatsbeamte und sein Assistent sagten eine Weile nichts, dann brach Mr Tallow das Schweigen. »Sehen Sie, Mandrake? Es ist ein Rätsel. Das hier ist nicht das Werk irgendeines Zauberers. Jeder höhere Dämon hätte Spuren hinterlassen. Die Aura eines Afriten etwa lässt sich noch nach Tagen nachweisen. Trotzdem gibt es hier keine derartige Spur, nicht eine einzige! Solange uns keine anderen Beweise vorliegen, müssen wir wohl davon ausgehen, dass die Verräter der Widerstandsbewegung Mittel und Wege gefunden haben, ihre Anschläge auf nichtmagische Weise zu verüben. Das heißt, wir müssen uns ranhalten, bevor sie erneut zuschlagen!«
»Jawohl, Sir.« »Tja… Ich denke, Sie haben für heute genug gesehen. Machen Sie sich an die Arbeit, gehen Sie der Sache auf den Grund.« Mr Tallow
warf dem Jungen einen scheelen Blick zu und fügte beziehungsreich an: »Schließlich geht es hier um den Widerstand und für solche Fälle sind nun mal Sie zuständig.«
Der Junge verbeugte sich steif. »Jawohl, Sir.«
Der Beamte entließ ihn mit einer Handbewegung. »Von mir aus dürfen Sie gehen. Ach, und würden Sie bitte Mr Ffoukes kurz zu mir hereinschicken, falls er Ihnen über den Weg läuft?«
Ein leises Lächeln huschte über Nathanaels Gesicht. »Gewiss, Sir. Mit Vergnügen.«
Nathanael
9
An diesem Abend ging Nathanael in düsterer Stimmung nach Hause. Es war kein guter Tag gewesen. Den ganzen Nachmittag über hatten ihn seine Vorgesetzten mit Anrufen bombardiert, in denen sie ihre Empörung und Ungeduld zum Ausdruck brachten. Was gab es Neues hinsichtlich der Ausschreitungen an der Piccadilly? Hatte man schon irgendwelche Verdächtigen verhaftet? Sollte man an einem landesweiten Feiertag wie diesem eine Ausgangssperre verhängen? Wer war überhaupt für die Ermittlungen zuständig? Wann wurden endlich die Befugnisse der Polizei erweitert, damit sie besser gegen die Verräter vorgehen konnte?
Während er wirkte und wirbelte, entgingen Nathanael die verstohlenen Blicke der Kollegen und Jenkins’ schadenfrohes Kichern hinter seinem Rücken nicht. Er traute keinem von ihnen über den Weg. Sie warteten bloß darauf, dass er sich blamierte. Isoliert und ohne Verbündete, hatte er nicht einmal einen Diener, mit dessen Unterstützung er rechnen konnte. Die beiden Foliot beispielsweise hatten überhaupt nichts gebracht. Er hatte sie am Nachmittag einfach entlassen, denn er war so entmutigt, dass er sich nicht einmal dazu aufraffen konnte, ihnen den verdienten Stichel zu verpassen.
Was mir fehlt, dachte er, als er sein Büro verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen, ist ein richtiger Diener. Ein mächtiger Dämon. Einer, der mir aufs Wort gehorcht. Einer wie Tallows Nemaides oder der Shubit meiner Meisterin.
Doch das war leichter gesagt als getan.
Ein Zauberer benötigte eine oder mehrere dämonische Wesenheiten als persönliche Sklaven, wobei die Beschaffenheit des jeweiligen Dämons auf den Rang seines Herrn schließen ließ. Bedeutende Magier wie Jessica Whitwell bedienten sich mächtiger Dschinn, die sie mit einem Fingerschnipsen herbeizitierten. Dem Premierminister selbst diente kein Geringerer als ein blaugrüner Afrit (auch wenn die Bannketten, derer es bedurfte, um ihn zu bändigen, gleich von mehreren seiner Berater geschmiedet worden waren). In alltäglichen Angelegenheiten machten die meisten Zauberer von Foliot Gebrauch oder von Kobolden mit mehr oder minder bescheidenen Fähigkeiten, die ihre Herren auf der zweiten Ebene überallhin begleiteten.
Nathanael war schon
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