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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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weiß das schon. Aber seht nur… dort oben, unter dem Pferdebauch, mitten auf dem Sockel, sitzt, mit anmutig um die Pfoten gelegtem Schwanz… eine große graue Katze.
    Die Katze tat so, als spürte sie den rauen Wind gar nicht, der ihr das triefnasse Fell zauste. Mit ihren schönen gelben Augen spähte sie ins Dunkel, als wollte sie den Regen mit Blicken durchbohren. Nur die kaum merklich angelegten flauschigen Ohren verrieten ihr Unbehagen angesichts der Umstände. Ab und zu zuckte das eine Ohr, ansonsten hockte sie so reglos da, als wäre sie aus Stein.
    Die Nacht wurde dunkler, der Regen stärker. Ich schlang den Schwanz enger um mich und beobachtete die Straßen.
    Die Zeit zerrann.
    Vier Nächte sind nicht mal für Menschen eine besonders lange Zeitspanne, geschweige denn für uns höhere Wesenheiten vom Anderen Ort. 19
(Wo es streng genommen keine Zeit gibt. Oder wenn doch, dann nur eine irgendwie verworrene, nicht lineare… Hör zu, es ist ziemlich kompliziert, und ich würde es dir wirklich liebend gern erläutern, aber jetzt ist vielleicht nicht der rechte Augenblick. Erinnere mich später noch mal dran.)
Trotzdem schienen sie mir ewig zu dauern. Abend für Abend, viermal hintereinander, hatte ich auf der Suche nach dem unbekannten Unruhestifter die belebtesten Viertel Londons durchstreift. Zugegebenermaßen nicht allein, sondern in Begleitung anderer bedauernswerter Dschinn und einer Horde Foliot. Besonders die Foliot machten nichts als Ärger, weil sie die ganze Zeit versuchten, sich zu verkrümeln, sich unter Brücken versteckten oder in Schornsteine schlüpften, und weil sie bei jedem Donnergrummeln oder dem vorbeihuschenden Schatten eines ihrer Kollegen vor Schreck aus der Haut fuhren. 20
(Und zwar leider im wahrsten Sinne des Wortes. Eine ziemlich unappetitliche und unerfreuliche Angewohnheit. )
Man konnte schon froh sein, wenn die Kerle überhaupt bei der Stange blieben. Und dabei hatte es die ganze Zeit über derart geschüttet, dass einem schier die Substanz schimmelte.
    Nathanael war das natürlich wieder mal völlig schnurz. Er stand selber unter Druck, verkündete er, und musste dringend Erfolge vorweisen. Außerdem hatte er selbst genug damit zu tun, die paar Zauberer aus seiner Abteilung, welche die anderen Dschinn für die verstärkten Streifen bereitgestellt hatten, zu koordinieren. Zwischen den Zeilen hieß das, dass sie sich ganz offen widersetzten und sich nicht von einem eingebildeten Emporkömmling herumkommandieren lassen wollten. Eigentlich verständlich, oder? Trotzdem versammelten sich Dschinn wie Foliot jeden Abend schlecht gelaunt auf den grauen Schieferdächern von Whitehall und ließen sich zum Streifendienst einteilen.
    Unsere Aufgabe bestand darin, bestimmte Touristentreffpunkte in der Innenstadt zu überwachen, die Nathanael und sein direkter Vorgesetzter, ein gewisser Mr Tallow, für besonders gefährdet hielten. Man hatte uns eine Liste mit möglichen Zielen terroristischer Anschläge überreicht: Museen, Kunstgalerien, angesagte Restaurants, der Flugplatz, Einkaufspassagen, Standbilder, Triumphbögen und andere Wahrzeichen der Stadt… alles zusammengenommen so ziemlich ganz London. Das bedeutete, dass wir den ganzen Abend und die ganze Nacht unsere aufeinander abgestimmten Runden drehen mussten, damit das Ganze überhaupt irgendeinen Sinn ergab.
    Das war nicht nur öde und anstrengend (und reichlich nass), sondern auch zermürbend, da sich unser Widersacher dadurch auszeichnete, dass er sowohl bösartig als auch unbekannt war. Ein paar besonders ängstliche Foliot starteten sogleich eine Flüsterkampagne: Unser Gegner sei ein aus der Art geschlagener Afrit, nein, schlimmer noch, ein Marid! Er hülle sich in einen undurchdringlichen Mantel aus Finsternis, sodass seine Opfer den Tod nicht kommen sähen! Er brächte ganze Gebäude mit einem einzigen Atemzug zum Einsturz! 21
( Das gelingt manchen Zauberern allerdings auch, vor allem morgens vorm Zähneputzen. )
Er verströme einen Grabeshauch, der Menschen und Geister auf der Stelle lähme! Um die Moral zu heben, brachte ich ein Gegengerücht in Umlauf, demzufolge er bloß ein von Minderwertigkeitskomplexen geplagter Kobold sei, aber diese Interpretation setzte sich leider nicht recht durch. Die Foliot (und etliche Dschinn) entschwebten mit schreckgeweiteten Augen und zaghaften Flügelschlägen in die Nacht.
    Eins versüßte mir die Sache ein wenig, nämlich dass unter den Dienst habenden Dschinn auch Queezle, meine alte

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