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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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begegnet war, hatten beide wahrscheinlich auf dem Absatz kehrtgemacht und waren schreiend davongerannt. Aber wie die meisten Dschinn übertrieb ich die kleinen Schwächen meines Herrn gern, wenn die Sprache darauf kam. )
    Der Spaniel winselte mitfühlend. Ich richtete mich langsam auf.
    »Tja, dann wollen wir mal tauschen«, sagte ich. »Ich mache die Runde bis rauf nach Soho und wieder zurück. Du übernimmst die Gegend zwischen den Schickimickiläden unten an der Gibbet Street und dem Museumsviertel.«
    »Vielleicht ruhe ich mich erst ein bisschen aus«, erwiderte Queezle. »Ich bin müde.«
    »Auch gut. Na dann viel Glück.«
    »Dir auch.« Die Spanieldame bettete melancholisch den Kopf auf die Vorderpfoten. Ich trat an den Sockelrand in den peitschenden Regen hinaus und wollte mich eben auf den Weg machen, als hinter mir jemand leise »Bartimäus?« sagte.
    »Was denn, Queezle?«
    »Ach, nichts.«
    »Na komm schon.«
    »Es… na ja… es geht nicht nur den Foliot so. Ich hab auch ganz schön schwache Nerven.«
    Die Katze machte kehrt, setzte sich wieder neben die Hundedame und legte liebevoll den Schwanz um sie. »Dazu besteht kein Anlass«, sagte ich. »Es ist schon nach Mitternacht und bis jetzt ist weder dir noch mir irgendwas aufgefallen. Sonst hat das Ding immer um Mitternacht zugeschlagen. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass du dich auf deinem Rundgang zu Tode langweilst.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht.« Ringsum trommelte der Regen wie eine Wand. Wir waren darin eingeschlossen wie in einem Kokon. »Mal unter uns gesagt«, fragte Queezle leise, »was glaubst du denn, was es ist?«
    Ich zuckte mit dem Schwanz. »Keine Ahnung, und eigentlich will ich es auch gar nicht rausfinden. Bis jetzt hat es alles vernichtet, was ihm in die Quere gekommen ist. Daher lautet mein Rat: Halt die Augen offen, und wenn du was Verdächtiges anrücken siehst, verzieh dich schleunigst.«
    »Aber wir sollen es doch aufhalten! So lautet unser Auftrag.«
    »Na, dann hältst du’s eben durch Weglaufen auf.«
    »Wie soll das denn gehen?«
    »Äh… indem es dir nachläuft und du es dann auf eine dicht befahrene Straße lockst? So was in der Art. Woher soll ich das wissen? Hauptsache, du machst es nicht wie Zeno und startest einen Frontalangriff.«
    Die Spanieldame seufzte. »Zeno war ein netter Kerl.«
    »Er war ein bisschen übereifrig, das war das Problem.«
    Bedrückendes Schweigen trat ein. Queezle schwieg. Der Regen prasselte ohne Unterlass herab.
    »Also«, sagte ich schließlich, »bis dann.«
    »In Ordnung.«
    Ich hüpfte vom Sockel und rannte mit ausgestrecktem Schwanz durch den Regen und quer über die Straße. Ein Satz und ich saß auf der niedrigen Mauer neben einem verlassenen Café. Dann nutzte ich meine kätzische Gewandtheit zu einer Folge von Sprüngen und Sätzen – von der Mauer auf einen Balkon, vom Balkon auf ein Sims, vom Sims aufs Dach –, bis ich in der Dachrinne des nächstgelegenen, niedrigsten Hauses saß.
    Ich warf einen Blick über die Schulter auf den Platz mit dem Reiterstandbild. Die Spanieldame war nur noch ein kleiner, einsamer Fleck, der sich ins Dunkel unter dem Pferdebauch duckte. Eine Regenbö entzog sie meinem Blick. Ich wandte mich ab und setzte meinen Weg über die Dachfirste fort.
    In diesem Stadtteil drängten sich die alten Häuser dicht aneinander, beugten sich vor wie schwatzende Bucklige, sodass sich ihre Giebel über die Straße hinweg beinahe berührten. Deshalb fiel es einer flinken Katze auch bei Regen nicht schwer, nach Lust und Laune die Richtung zu ändern, wie ich es jetzt tat. Hätte jemand in diesem Augenblick zufällig durch die Fensterläden gelugt, er hätte höchstens einen grauen Blitz gesehen, der von Schornstein zu Schornstein, von Wetterfahne zu Wetterfahne sprang und ohne fehlzutreten über Ziegelund Reetdächer flitzte.
    In der Schlucht zwischen zwei steilen Dächern verschnaufte ich kurz und blickte sehnsüchtig zum Himmel. Fliegend wäre ich wesentlich schneller in Soho gewesen, aber ich hatte Anweisung, mich in Boden-nähe umzusehen. Niemand wusste genau, in welcher Gestalt der feindliche Unbekannte auftauchte und wieder verschwand, aber mein Herr hatte das Gefühl, dass es sich nicht um einen Dschinn, sondern um ein der Erde verhaftetes Wesen handelte.
    Die Katze wischte sich mit der Pfote die Tropfen aus dem Gesicht und duckte sich wieder zum Sprung – zu einem gewaltigen Satz über die volle Breite der Straße. Da zuckte plötzlich ein gleißend

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