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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Reiterstandbild konnte ich drei der sieben Straßen einsehen. Alle drei waren von schicken Läden gesäumt, deren aufgetakelte Ladenfronten jetzt in trüber Dunkelheit lagen und mit Eisengittern verrammelt waren. Nur in den kleinen Nischen über den Türen brannten schummerige Lampen, deren schwacher Schein aber gegen den dichten Regen nicht viel ausrichten konnte. Breite Bäche rannen über die Bürgersteige.
    Plötzlich regte sich was in der Straße zu meiner Linken. Die Katze wandte den Kopf. Etwas war auf ein Fenstersims im ersten Stock getropft. Zuerst verweilte es dort als kleiner schwarzer Fleck, dann ergoss es sich geschmeidig über das Sims und floss die Hauswand hinab, folgte wie ein dünnes Siruprinnsal dem Zickzack der Mauerfugen. Auf dem Gehsteig wurde es wieder zum schwarzen Fleck, bekam Beine und patschte übers Pflaster auf mich zu.
    Ich beobachtete alles und rührte mich keinen Millimeter.
    Der Fleck erreichte die Kreuzung, watete durch die Pfützen und sprang mit einem Satz auf meinen Sockel. Jetzt erkannte man eine gepflegte Spanieldame mit großen braunen Augen. Sie baute sich vor der Katze auf, hielt kurz inne und schüttelte sich ausgiebig.
    Die Regendusche traf die Katze mitten ins Gesicht.
    »Schönen Dank auch, Queezle«, sagte ich. »Woher hast du gewusst, dass ich gern noch ein bisschen nasser werden wollte?«
    Der Spaniel blinzelte, legte schüchtern den Kopf schief und bellte entschuldigend.
    »Und diese Show kannst du dir auch schenken«, fuhr ich fort. »Ich bin kein sentimentaler Mensch, der sich von einem nassen Fellbündel mit treuen Augen um den Finger wickeln lässt. Du hast wohl vergessen, dass ich dich auf der siebten Ebene klar und deutlich sehen kann, mit deinen komischen Röhren auf dem Rücken und allem Drum und Dran.«
    »Konnt’s mir nicht verkneifen, Bartimäus.« Die Hündin hob das Hinterbein und kratzte sich lässig hinterm Ohr. »Meine Tarnung ist mir allmählich in Fleisch und Blut übergegangen. Sei froh, dass du nicht die ganze Zeit an einem Laternenpfahl hocken musst.«
    Ich würdigte diese Bemerkung keiner Erwiderung. »Wo warst du denn?«, fragte ich. »Du bist zwei Stunden zu spät dran.«
    Die Hundedame nickte matt. »Falscher Alarm im Seidenlager. Zwei Foliot glaubten, was gesehen zu haben. Ich musste erst alles absuchen, bevor ich grünes Licht geben konnte. Dämliche Anfänger. Musste ihnen natürlich einen kleinen Verweis erteilen.«
    »Hast sie wohl in die Waden gezwickt?«
    Ein hinterhältiges Lächeln umspielte die Lefzen der Spanieldame. »So ähnlich.«
    Ich rückte ein Stück, um Queezle ein bisschen Platz in der Sockelmitte zu machen. Nicht dass es dort weniger feucht gewesen wäre, es war eher als Freundschaftsbeweis gemeint. Sie kam angeschlappt und kauerte sich neben mich.
    »Eigentlich kann man es ihnen nicht verübeln«, meinte ich. »Sie haben halt schwache Nerven. Der Regen ist schuld. Dazu noch die Geschichte mit Zeno… Und eine Nacht nach der anderen beschworen zu werden, ist auch kein Vergnügen. Irgendwann geht einem das echt an die Substanz.«
    Queezle schielte mit großen braunen Welpenaugen zu mir herüber. »Geht es dir auch so, Bartimäus?«
    »Das war nur ein Wortspiel. Mir geht’s prima.« Zum Beweis machte ich einen prächtigen Buckel, einen von der Sorte, die von den Schnurrhaaren bis zur Schwanzspitze reicht. »Ah… das tut gut! Nein, ich hab schon Schlimmeres mitgemacht als das hier, und du auch. Irgend so ein größenwahnsinniger Kobold, der nachts durch die Gegend geistert! Das kriegen wir spielend in den Griff. Nur müssen wir ihn dazu erst mal schnappen.«
    »Das hat Zeno auch gesagt, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Ich weiß nicht mehr, was Zeno gesagt hat. Wo ist denn dein Herrchen heute Nacht? Irgendwo schön im Trockenen?«
    Der Spaniel knurrte leise. »Angeblich ist er in Reichweite, in seinem Büro in Whitehall, behauptet er jedenfalls. Aber wahrscheinlich hängt er in irgendeiner Zaubererkneipe rum, in einem Arm die Flasche, im anderen ein Mädel.«
    »Ach, so einer ist das!«, sagte ich verächtlich.
    »Genau. Und deiner?«
    »Och, der ist auch nicht anders. Vielleicht noch schlimmer. Der hätte Mädel und Flasche wahrscheinlich im selben Arm.« 23 (
Völliger Blödsinn. Trotz seiner Rüschenhemden und seiner wallenden Mähne (oder vielleicht gerade deswegen) deutete bis jetzt nichts darauf hin, dass Nathanael schon jemals nähere Bekanntschaft mit Mädchen gemacht hatte. Falls er überhaupt schon mal einem

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