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Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Bühne, die Hausfassaden schwankten leise, weil aus den Seitenkulissen ein Luftzug hereinwehte. Mandrake hielt vergeblich nach einem magischen Höhepunkt Ausschau. Nichts. Weder auf der zweiten noch auf der dritten Ebene. Was meinte Makepeace bloß?
    Da nahm er aus dem Augenwinkel auf der zweiten Ebene eine Art wellenförmige Bewegung wahr – aber nicht auf der Bühne, sondern am anderen Saalende, ein ganzes Stück hinter der letzten Sitzreihe. Im selben Augenblick stieß ihn Makepeace mit dem Ellbogen an und deutete auf den Zuschauerraum. Nathanael sah einmal hin, sah noch einmal hin und machte große Augen. Er konnte drei Ausgänge zum Foyer erkennen und durch diese Türen kam eine Schar winziger Dämonen geschlüpft. Die meisten waren Kobolde (obwohl manche etwas größer waren, auffälligeres Gefieder oder eine Federhaube aufwiesen und somit womöglich eine Spielart von Foliot waren), aber sie waren alle klein und bewegten sich völlig geräuschlos. Ihre Klauen und Hufe, Füße und Stümpfe, Fangarme und Saugnäpfe glitten lautlos über den Teppichboden, ihre Augen und Zähne glitzerten wie Glas. Sie hatten Seilschlingen und Stofffetzen in den gelenkigen Fingern, sie hüpften und hopsten, sausten und flitzten, stürzten auf die hinterste Zuschauerreihe zu. Die Vordersten sprangen auf die Lehnen und fielen über die Sitzenden her, immer zwei, drei Kobolde pro Zauberer. Sie stopften ihnen Knebel in die Münder, fesselten ihnen die Hände, rissen ihnen die Köpfe in den Nacken und verbanden ihnen die Augen. Im Handumdrehen waren sämtliche Zauberer in dieser Reihe schachmatt gesetzt. Unterdessen wogte die Koboldflut weiter, schwappte in die nächste Reihe, in die übernächste, und immer noch quoll ein nicht abreißender Strom durch die Türen herein. Der Überfall kam so plötzlich, dass die meisten Zuschauer überwältigt waren, bevor sie einen Laut von sich geben konnten. Nur wenigen gelang ein kurzer Aufschrei, der jedoch sofort vom Schrammeln der Geigen, vom Klagen und Schluchzen der Klarinetten und Celli übertönt wurde. Wie eine flache schwarze Welle fegte die Dämonenschar mit blitzenden Hörnern und glühenden Augen durch die Reihen, während die weiter vorn sitzenden Zauberer immer noch unbeirrt auf die Bühne blickten.
    Durch seine Linsen konnte Nathanael alles beobachten. Er wollte aufspringen, da spürte er kaltes Metall an der Kehle. »Ganz ruhig, mein Junge!«, flüsterte Makepeace. »Sie werden soeben Zeuge meines größten Erfolges! Ist das nicht ein Kunstwerk allererster Güte? Bleiben Sie einfach sitzen und genießen Sie das Schauspiel! Wenn Sie auch nur einen Finger rühren, kullert Ihr Kopf über die Brüstung!«
    Schon über die Hälfte des Publikums war gefesselt und geknebelt und immer noch drängten Kobolde zu den Türen herein. Nathanael sah zu den anderen Logen hinüber. Die Minister dort hatten sich zwar ihrer Linsen entledigt, thronten aber wie er hoch über dem Zuschauerraum. Sie mussten doch etwas bemerkt haben, bestimmt griffen sie gleich ein… Er schnappte nach Luft. In jede Loge hatten sich vier, fünf Dämonen gestohlen, und zwar viel größere als jene unten im Parkett, kräftige Foliot und Dschinn mit schlanken weißen, sehnigen Leibern. Vor ihnen saßen nichts ahnend die mächtigsten Männer und Frauen des Reiches. Devereaux, der im Takt der Musik vergnügt dirigierte, Mortensen und Collins, die mit verschränkten Armen mit dem Schlaf kämpften, Whitwell, die auf die Uhr sah, Miss Malbindi, die sich auf einem Klemmbrett Notizen machte. Stricke, Knebel und Netze griffbereit in den Klauenhänden, schlichen sich die Dämonen von hinten an und blieben reglos wie eine Reihe Grabsteine hinter den Sessellehnen stehen. Dann fielen sie wie auf ein unhörbares Kommando über ihre Opfer her.
    Miss Malbindis Aufschrei verschmolz harmonisch mit dem Schluchzen der Streicher, Miss Whitwell wand sich in einer knochigen Umklammerung und schaffte es, mit den Fingerkuppen ein Inferno abzufeuern, das aber nur so lange aufloderte, bis sie geknebelt wurde und der Befehl erstickte. Die Flamme flackerte und erlosch, die Ministerin hatte ein Netz über dem Kopf.
    Mr Mortensen wehrte sich mannhaft gegen drei stämmige Foliot und Mandrake hörte ihn, das Orchester übertönend, nach seinem Dämon rufen, aber er hatte wie alle anderen auch seinen Diener entlassen und sein Ruf verhallte ungehört. Neben ihm ging Mr Collins ohne einen Mucks zu Boden.
    Das Lied war zu Ende. Mr Devereaux, Premierminister

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