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Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Hauptbeschäftigung der meisten ägyptischen Zauberer – ließ ihn kalt. Ihm ging es immer nur um Wissen, aber nicht um das Wissen, wie man Städte in Schutt und Asche legt und seine Feinde scharenweise niederstreckt. Das Wissen, wonach er strebte, beschäftigte sich nicht mit irdischen Dingen. Bei unserer ersten Begegnung brachte er mich damit regelrecht aus der Fassung.
    Ich hatte die Gestalt einer Staubsäule angenommen, ein damals ziemlich angesagter Auftritt. Meine Stimme hallte wie Steinschlag in einer tiefen Schlucht. »Was ist dein Begehr, Sterblicher?«
    »Beantworte mir eine Frage, Dschinn«, entgegnete er.
    Die Staubsäule strudelte schneller. »Ich kenne die Rätsel von Luft und Erde, ich kenne den Schlüssel zu den Herzen aller Frauen. 2
(Das war natürlich gelogen. Besonders Letzteres. )
Was wünschest du? Sprich.«
    »Was ist eine ›Substanz‹?«
    Die Staubsäule hielt inne. »Hä?«
    »Deine Substanz. Wie ist sie beschaffen? Was vermag sie alles?«
    »Na ja, äh…«
    »Und der Andere Ort – wie verhält es sich damit? Vergeht die Zeit dort genauso wie hier? Von welcher Gestalt sind seine Bewohner? Gibt es dort einen König oder etwas Vergleichbares? Ist der Andere Ort eine greifbare Dimension oder ein brodelnder Feuersee? Wie ist der Übergang zwischen deinem Reich und unserer Erde beschaffen und wie durchlässig ist er?«
    »Äh…«
    Kurz gesagt Ptolemäus interessierte sich für uns. Für uns Dschinn. Für seine Diener. Und zwar für unsere wahre Natur, nicht für irgendwelche Äußerlichkeiten. Die abscheulichsten Erscheinungsformen und Anfechtungen brachten ihn zum Gähnen, und meine Versuche, ihn mit seiner Jugend und seinem mädchenhaften Äußeren aufzuziehen, riefen lediglich Heiterkeit hervor. Den Griffel auf den Knien, saß er gelassen in seinem Pentagramm und hörte mir gespannt zu, stauchte mich zusammen, wenn ich gar zu arg flunkerte, und unterbrach mich ungeniert, wenn er etwas nicht verstanden hatte. Er benutzte weder Stichel noch Piken noch andere Folterwerkzeuge, seine Beschwörungen dauerten selten länger als ein paar Stunden. Für einen abgebrühten Dschinn wie mich, der sattsam Erfahrung mit der Niedertracht der Menschen hat, war das einigermaßen verwirrend.
    Ich war einer von mehreren Dschinn und niederen Wesenheiten, die er regelmäßig herbeizitierte. Der Ablauf war immer derselbe: Beschwörung, Frage-und-Antwort-Spiel, fieberhaftes Gekritzel, Entlassung.
    Mit der Zeit wurde ich neugierig. »Warum tut Ihr das?«, erkundigte ich mich höflich. »Wozu die vielen Fragen, das ganze Geschreibsel?«
    »Ich habe schon fast alle Schriften der Großen Bibliothek studiert«, entgegnete der Junge. »Dort steht zwar viel über Beschwörungen, Züchtigungen und andere Praktiken, aber so gut wie nichts über die eigentliche Natur der Dämonen, euer Wesen, eure Vorlieben. Das zu erfahren, erachte ich für wichtiger. Ich will ein Standardwerk über dieses Thema verfassen, ein Buch, das mich überdauert und das noch von vielen Generationen gelesen und bewundert wird, darum stelle ich so viele Fragen. Verblüfft dich mein Vorhaben?«
    »Ehrlich gesagt, ja. Hat sich je ein Zauberer für unsere Kümmernisse interessiert? Ich wüsste nicht, was Euch das nützen sollte.«
    »Sehr viel sogar. Wenn wir nichts über euch wissen und euch weiterhin knechten, statt euch zu verstehen, wird daraus irgendwann großes Unheil erwachsen. Das befürchte ich jedenfalls.«
    »Es läuft aber unweigerlich auf Knechtschaft hinaus. Jede Beschwörung legt uns in Fesseln.«
    »Das siehst du zu schwarz, Dschinn. Fahrende Händler haben mir von Schamanen in der fernen Wildnis des Nordens erzählt, die ihren Körper verlassen und mit Geistern in einer anderen Welt verkehren. Ein solches Vorgehen finde ich wesentlich angemessener. Vielleicht sollten auch wir uns diese Methode aneignen.«
    Ich lachte heiser. »Ausgeschlossen. Viel zu gefährlich für Eure dickwanstigen Priester. Spart Euch die Mühe, vergesst die sinnlose Fragerei. Entlasst mich und damit gut.«
    Aber meine Einwände konnten ihn nicht davon abbringen. Nach einem Jahr gingen mir allmählich die Flunkereien aus und irgendwann rückte ich mit der Wahrheit heraus. Im Gegenzug erzählte er mir einiges über sich.
    Er war der Neffe des Königs. Bei seiner Geburt zwölf Jahre zuvor war er ein zartes, kränkliches Kerlchen gewesen, das kläglich wimmernd die Brust der Amme verweigerte. Seine schwächliche Konstitution hatte die Feier anlässlich seiner

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