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Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Titel: Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Keiner von ihnen hat Zauberei angewendet? Keiner hat die Gestalt gewechselt?«
    »Nein… nein. Nur ich.«
    Der König nickte. »Dann will ich sie verschonen.« Er näherte die linke Hand der rechten mit dem gefürchteten Ring.
    Ich hatte es vor mir hergeschoben, aber jetzt blieb mir nichts anderes mehr übrig, als vorübergehend alle Würde zu vergessen. Das Nilpferd stieß ein herzzerreißendes Jammern aus und rutschte auf runzligen Knien vorwärts. »Bitte überstürzt nichts, großer Salomo!«, winselte ich. »Ich habe Euch bis zum heutigen Tag treu gedient. Seht Euch diesen Steinblock an – seht, wie rechtwinklig und ebenmäßig ich ihn gemeißelt habe. Und dann werft einen Blick auf den Tempel – erkennt Ihr, mit welcher Hingabe ich ihn der Länge und Breite nach abgeschritten habe? Messt selbst nach, großer König! Drei auf drei Ellen, lautete Euer Begehr, und drei Ellen sind es und nicht ein Rattenarsch mehr!« 38 Ich rang verzweifelt die Vorderhufe und wiegte mich hin und her. »Mein heutiger Ausrutscher ist nur auf meinen überschäumenden Tatendrang zurückzuführen«, heulte ich. »Ich kann diesen Tatendrang zum Wohl Eurer Majestät einsetzen, aber lasst mich am Leben…«
    Den Rest spare ich mir. Er bestand aus jeder Menge Schluchzern, wildem Gefuchtel und kehligen Schreien. Es war kein schlechter Auftritt. Zum Schluss schnieften nicht wenige Ehefrauen (und etliche Krieger), sogar Salomo selbst sah geschmeichelt und selbstgefälliger denn je aus. Was natürlich meine Absicht gewesen war. Ich hatte ihm auf den ersten Blick angesehen, dass er sich nach dem Vorbild der richtig großen Jungs in Szene setzen wollte – damit meine ich die Könige von Assyrien und Babylon, grimmige Potentaten, die morgens nicht aufstanden, ohne auf dem Weg ins Bad den Fuß auf den Nacken eines besiegten Feindes zu setzen. Darum hatte ich mich so wehleidig gebärdet – ich wollte an seine Eitelkeit appellieren. Ich dachte schon, ich hätte die Sache noch mal herumgerissen.
    Der große König hüstelte. Das Nilpferd stellte sein Geflenne ein und sah ihn hoffnungsfroh an. »Dein albernes und übertriebenes Schauspiel hat mich belustigt«, verkündete Salomo. »Ich kann heute Abend ausnahmsweise auf meine Grimassenschneider und Jongleure verzichten. Darum will ich dich Nichtswürdigen noch einmal verschonen und…«, er unterbrach meine sturzbachartigen Dankesbeteuerungen, »… und will deinem vorhin erwähnten Tatendrang Gelegenheit geben, sich anderweitig auszutoben.«
    Mir schwante nichts Gutes. Salomo legte eine Kunstpause ein und labte sich an Süßigkeiten, Wein und Obst vom Silbertablett eines Dieners. Die umstehenden Ehefrauen kämpften unauffällig, aber verbissen um die Gunst, ihn füttern zu dürfen. Das Nilpferd knirschte angespannt mit den Hauern, schüttelte ein paar Fliegen aus den borstigen Ohren und wartete.
    Ein Granatapfel, fünf Weintrauben und ein geeistes Dattel-Pistazien-Sorbet gingen über die königlichen Lippen, ehe der König wieder das Wort ergriff. »O du verabscheuungswürdigster meiner Dschinn – schau dich nicht so erstaunt um, ich meine dich! –, da du deine Arbeit hier so langweilig findest, wollen wir dir eine anregendere Beschäftigung zuweisen.«
    Ich verneigte mich bis auf den Boden. »Ich höre und gehorche, o Herr.«
    »Nun denn. Südlich von Jerusalem, jenseits der Wüsten Paran und Zin, verlaufen meine Handelsstraßen, auf denen Kaufleute aus Ägypten und vom Roten Meer, aus Zentralarabien und sogar – wenn auch noch viel zu selten – aus dem geheimnisvollen Saba in mein Land unterwegs sind. Diese Kaufleute führen Myrrhe, Weihrauch, wertvolle Hölzer und Gewürze sowie andere Güter mit sich, die den Wohlstand des Volkes Israel begründen. Mir ist zu Ohren gekommen, dass in den letzten Wochen viele dieser Karawanen nicht hier in Jerusalem eingetroffen sind.«
    Ich brummelte weise: »Bestimmt ist ihnen das Wasser ausgegangen. Das ist das Dumme an der Wüste – sie ist staubtrocken.«
    »Allerdings. Das hast du wunderbar erfasst. Die paar Überlebenden, die es bis Hebron geschafft haben, berichten allerdings etwas anderes, nämlich dass Ungeheuer über sie hergefallen sind.«
    »Wie jetzt – über sie hergefallen? Sind die Ungeheuer auf die Karawanen draufgefallen und haben sie zerquetscht?«
    »Nein, ich würde eher sagen, die Ungeheuer haben die Karawanenreisenden überfallen und abgeschlachtet. Es waren hässliche, riesige, schreckliche Ungeheuer.«
    »Trifft diese

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