Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo
Rettung. Ein Eidechsendäm…, äh, ein Eidechsengeist – wollte sich auf mich stürzen, aber ich habe mit dem Dolch nach ihm ausgeholt. Das Silber hat ihn erschreckt und er ist zurückgewichen. Er wollte zwar gleich wieder auf mich losgehen, aber etwas hat ihn abgelenkt und plötzlich war er verschwunden.«
Der geflügelte Junge lachte. »Das war bestimmt, als ich auf der Bildfläche erschienen bin. Hast du dich nicht über seinen panischen Blick gewundert?«
Asmira hatte die Erfahrung gemacht, dass Dämonen nicht besonders klug waren. Die Selbstgefälligkeit dieses Exemplars war so offenkundig, dass sie sogleich darauf einging. »Doch, doch«, sagte sie rasch. »Und ich muss mich noch einmal entschuldigen, dass ich mich nicht sofort bei dir bedankt habe. Ich war noch ganz verstört und habe nicht begriffen, dass ich mit einem der erhabensten Luftwesen überhaupt spreche. Möge mich der Sonnengott strafen, dass ich so blind war! Jetzt aber bin ich überwältigt von deinem strahlenden Glanz. Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass ich auf ewig in deiner Schuld stehe, weil du mich mutig vor dem Tode errettet hast! Mein Allerwertester, nehmt zur Kenntnis, dass mein unbedeutendes Herz vor tiefstempfundener Dankbarkeit überfließt.«
Der junge Mann schaute sie groß an, dann zog er ironisch die Augenbraue hoch. »Redet ihr in Himjar alle so?«
»Üblicherweise sind wir nicht ganz so gefühlvoll und verwenden einen formelleren und komplexeren Satzbau.«
»Ach echt? Zum Glück bin ich komplexe Sachverhalte gewöhnt und konnte dir folgen. Aber ich warne dich. In dieser Gegend könnte es passieren, dass die Leute dich nicht verstehen… bis auf den Teil mit deinem unbedeutenden Allerwertesten.«
Asmira blinzelte. »Mein unbedeutendes Herz.«
»Das sowieso. Aber um deine Frage zu beantworten – mein Kumpel Faquarl holt unseren Herrn, der dich sicherlich wie gewünscht nach Jerusalem begleiten wird. Wenn du dich im Gegenzug bei dem Zauberer für mich und meinen Kumpel verwenden und ihn bitten könntest, uns zu entlassen, wäre ich dir sehr verbunden. Unser Dienst für Salomo war in letzter Zeit ziemlich anstrengend.«
Asmiras Herz schlug höher. »Salomo selbst ist dein Herr?«
»Offiziell: nein. Praktisch gesehen: ja.« Der junge Mann schnitt eine Grimasse. »Das ist ein bisschen schwer zu erklären. Wie auch immer, der Zauberer müsste bald hier sein. Vielleicht nutzt du die Zeit, um einen Lobgesang auf mich einzustudieren.«
Er schlenderte pfeifend zwischen den Überresten der Karawane davon. Asmira sah ihm hinterher.
Sie hatte sich immer noch nicht wieder richtig im Griff. Das Denken fiel ihr schwer, sie stand zweifelsohne unter Schock – wegen des plötzlichen Überfalls, des Todes ihrer Reisegefährten und des grausigen Eidechsendämons, gegen den alle ihre Schutzzauber nichts ausgerichtet hatten. Gleich danach hatte sie sich gegen Salomos Dämonen behaupten müssen. Gar nicht so einfach, ihnen gegenüber Haltung zu bewahren, aber es war ihr gelungen, und sie war noch am Leben. Und jetzt, da sie den Dämonen beobachtete, keimte weder Hoffnung in ihr auf. Sie konnte ihren Auftrag noch erfüllen – Salomos Dämonen selbst würden sie zum König bringen! Der Überfall auf Saba sollte schon in zwei Tagen stattfinden. Das war eine einmalige Gelegenheit!
Der Dämon ging auf und ab und blickte gen Himmel. Er war einigermaßen gesprächig gewesen, wenn auch ein wenig überheblich. Vielleicht sollte sie sich weiter mit ihm unterhalten. Als Salomos Sklave wusste er bestimmt einiges über den König: über seinen Charakter, seinen Palast und womöglich gar – über seinen Ring.
Entschlossen zog sie an den Zügeln. Das Kamel knickte die Vorderbeine ein und sank nach vorn, bis es im Sand kniete. Dann winkelte es auch die Hinterbeine an. Asmira schwang sich aus ihrem Sitz und glitt zu Boden. Sie untersuchte ihren versengten Umhang, strich ihn glatt und nahm ihren Beutel. So ging sie zu dem Dämonen hinüber.
Der geflügelte Junge stand in Gedanken versunken da, das Sonnenlicht spielte auf seinen schimmernden Schwingen. Sein ebenmäßiges Gesicht hatte einen melancholischen Ausdruck. Woran er wohl dachte? Asmira stellte ärgerlich fest, dass sie zitterte.
Als sie näher kam, drehte sich der Junge um. »Na, sind dir ein paar gute Adjektive für mich eingefallen? Grausam, leidenschaftlich und Schrecken verbreitend zum Beispiel klingen sehr eingängig, finde ich.«
»Ich muss mit dir reden«, sagte Asmira.
Die
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