Bartstoppelkuesse
wäre?“
„Ich behaupte hier gar nichts. Stefan wollte mit dir reden und du hast ihn rausgeschmissen.“ Jana konnte einen leisen Vorwurf in ihrer Stimme nicht unterdrücken.
„Stefan hat mich mit Vorhaltungen bombardiert und meine Lebensweise kritisiert, Jana. Was hast du ihm über mich erzählt, als ihr alleine im Wohnzimmer gewesen seid? Das kam so, als wenn ich ihn dafür verantwortlich machen würde, dass ich immer noch Single bin. Du weißt genau, dass ich Schlag bei Männern habe. Ich will gar keine feste Bindung!“
Fast glaubte ich selbst, was ich da sagte. Ich wollte eine Partnerschaft, aber keine Beziehung, in der jeder Federn lassen sollte. Ich war ein Sturschädel, und wo gehobelt wird, da fielen nun einmal Späne. Das konnte auf Dauer mit keinem Mann gut gehen, auch wenn ich natürlich auf der anderen Seite eine c harmante Unterhalterin, Romantikerin, Schlafentzugskünstlerin und eine schöngeistige Frau mit fröhlichem Gemüt war. Eben keine Frau für alle Tage! War ich zu stark, waren sie halt zu schwach. Und immer hatten sie einen ganzen Kühlschrank voller Bier, wenn Fußball dran war.
„Aha“, murmelte Jana.
Ich sah sie an. „Er hat damals gesagt, er liebt mich?“, fragte ich zögerlich.
„Ja.“ Punkt.
Ein ‚ja’, und es war nicht mehr als ein tonloses Flüstern.
Es veränderte alles. Ich wandte mich von ihr ab und drehte ihr meinen Rücken demonstrativ entgegen. Eine einsame Träne purzelte mir über die Wange.
Hopfen und Malz
Jana schlich den Rest vom Montag wie eine geprügelte Hündin zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her, bis sie sich in Richtung Berlin wieder verabschiedete. Eigentlich hatte sie vorgehabt, noch mit mir Silvester zu feiern. Aber in Anbetracht der angespannten freundschaftlichen Lage besann sie sich eines Besseren.
Ich war ihr nicht mehr böse, nicht wirklich. Konnte verstehen, dass sie bei Stefan im Wort und somit in einer Zwickmühle mir gegenüber gewesen war.
Ich wollte für mich persönlich Bilanz ziehen, dazu brauchte ich aber mehr Einzelheiten. Und denken konnte ich nur, wenn mein Bauch nicht mehr knurrte.
Edeka war gegen Mittag wider alle Erwartungen brechend voll. Es gab hier nicht nur eine große Fleischtheke, die nach Weihnachten noch immer voller Weihnachtsbraten lag, sondern auch einen Käsestand. Ich holte mir ein paar Scheiben Gouda und drei Flaschen Merlot. Dann ging ich nach Hause, aber nicht ohne dem Rentier Rudolph, das noch immer, diesmal mit traurigem Blick, am Eingang des Supermarktes stand, über seine rote Nase zu streicheln.
„He, Kumpel, du siehst ja scharf aus. Hmm, das gleiche Fell, die gleiche rote Säufernase. Sag’ mal, sind wir verwandt?“ Ein kleines Mädchen von vielleicht fünf Jahren, die neben ihrer Mutter am Einkaufswagen stand, sah mich ungläubig an und die Kassiererin warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. Ich grinste die Kleine an und sagte: „Rudi und ich sind ganz alte Freunde.“
Ich verzichtete darauf, ihr zu erklären, dass die Schnapsnase aus Finnland stammte, weil die Kassiererin ihren strafenden Blick verstärkte und dabei eine Packung Windeln über den Scanner zog. Als es langsam wieder dunkel wurde, machte ich mir einen Käsetoast in der Pfanne und die zweite Flasche Rotwein auf.
Ich war ganz ruhig geworden. So trank ich noch ein Gläschen Roten und versuchte die Kontrolle über den Wendekreis an meiner Musikanlage nicht zu verlieren.
Immer wenn ich nachdenken musste, ging das am besten bei Musik und wenn die ersten beiden Knöpfe meiner Jeans offen waren. Ich freundete mich langsam mit dem Gedanken an, dass Stefan zurück war. Sogar wegen mir.
Vielleicht waren Hopfen und Malz ja doch noch nicht verloren!
Silvester
Zwischen den Jahren h atte ich noch drei Tage lang gearbeitet. Ich hatte es vorgezogen, allen kleinen und großen Unwegsamkeiten des Lebens aus dem Wege zu gehen, und das ging am besten mit Arbeit. Ablenkung durch Emails oder Telefon ließ ich nicht zu, weil ich mich nicht in meinen eigenen Abläufen stören lassen wollte. So erfuhr ich natürlich auch nicht, ob Stefan vielleicht versucht hatte, Kontakt zu mir aufzunehmen. War das jetzt ein Segen oder ein Fluch?
Mir kamen ungewollt die tollsten Bilder in den Kopf aus unserer gemeinsamen Zeit. Zwischen Glück und Wehmut schwankte ich durch die Erinnerungen.
Kurzum, an Silvester hatte mich dann der ganze verdammte Katzenjammer wieder eingeholt und ich fühlte mich hundsmiserabel. Es würde keinen Ort geben, wo ich
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