Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
Vom Netzwerk:
gewesen. Aber er hatte sich getäuscht, denn Severus selbst wandte sich plötzlich an ihn: „Gut, dass du Marcias ersten Mann damals gesehen hast. Nur so haben wir erfahren, dass er noch lebt.“
    „Ist es denn ganz sicher, dass er es war?“
    „Oh ja. Deine Beschreibung war eindeutig. Wir erhielten von Caesar Nerva Trajanus eine Kopie deiner Aussage.“
    Tony wunderte sich, wie effektiv wichtige Informationen verbreitet wurden.
    „Kann es nicht noch mehr Männer mit einer solchen Brandverletzung im Gesicht geben?“
    „Das ist sehr unwahrscheinlich.“
    „Wie ist er eigentlich zu dieser Narbe gekommen?“
    In der plötzlichen Stille blickten alle auf Marcia. Aber sie wirkte nicht im Mindesten verlegen, sondern einfach nur traurig.
    „Das hat Audica mir nie erzählt. Ich habe ihn einige Male gefragt. Doch er hat immer aggressiver reagiert, und so habe ich das Thema natürlich nicht mehr angeschlagen.“
    „Und was ist mit seiner Familie? Hat von denen nie jemand etwas angedeutet?“
    Marcia seufzte. „Ach Tony! Weißt du, es waren keine guten Zeiten, als ich ihn geheiratet habe. Er war eines Tages aus dem Nichts zu unserer Sippe gestoßen, und weil er ein guter Jäger und Krieger war, durfte er bleiben und erwarb allmählich das Vertrauen meines Vaters. Er wickelte ihn regelrecht um den Finger. Ich selbst mochte ihn von Anfang an nicht.“
    „Ich auch nicht“, warf Gudullus ein, „aber unser Vater war so wütend darüber, dass ich für die Römer kämpfte, dass er in Audica einen Ersatzsohn sah und keine Einwände gelten ließ.“
    „Du musstest ihn heiraten, obwohl er dir zuwider war?“
    Marcia zögerte. „Niemand hat mich gezwungen. Ich tat es, weil meinem Vater so viel daran lag. Doch um auf deine Frage nach Audicas Familie zurückzukommen: Ich habe nur den Bruder kennen gelernt, den ihr beim Überfall auf das Gut getötet habt. Außer ihm kam niemand zu unserer Hochzeit. Sie behaupteten, der Rest der Familie sei tot.“
    „Vielleicht sind sie bei einem Feuer ums Leben gekommen, und er und sein Bruder waren die einzigen Überlebenden.“
    Severus sah ihn hellwach an. „Was für ein Feuer soll das denn gewesen sein?“
    „Nun, vielleicht eines wie beim Aufstand des Civilis. Als die germanischen Rebellen während des Banketts eingesperrt und verbrannt wurden.“
    Alle rechneten plötzlich nach.
    „Niemand hat damals überlebt“, sagte Severus.
    „Außerdem war Audica da noch ein Kind“, ergänzte Gudullus.
     
    In der Nacht konnte Tony lange nicht einschlafen. Zum ersten Mal, seit Bassus für tot erklärt worden war, hatte er sich wieder wohl gefühlt. Und trotzdem würde er all diese Menschen, die ihn wie ein Familienmitglied behandelten, verraten! War er denn verrückt? Warum gab er die Suche nach Bassus nicht einfach auf und akzeptierte dessen Tod? Er könnte in der Ala Noricorum seine Ausbildung zum Arzt fortführen und an seinen freien Tagen die Familie von Severus besuchen.
    Er hätte wieder ein Zuhause.
    Und dann war da auch noch Flavia. Er hatte es während des Essens kaum gewagt, zu ihr hinzusehen, so schön war sie geworden. Was war nur mit ihm los? Vielleicht könnten sie ja morgen zusammen spazieren gehen?
    Was für bescheuerte Gedanken ihm plötzlich durch den Kopf gingen! So ein Quatsch. Mit einem Mädchen spazieren gehen! Jedenfalls würden die Dinge mit Flavia von jetzt an sehr kompliziert werden. Er bräuchte jemanden, mit dem er darüber reden konnte. Jemanden, der ihn ernst nahm.
    Bassus! Über das Thema Mädchen würde er sich nur mit ihm unterhalten wollen. Bassus‘ Beziehung zu Orbiana war so ganz anders gewesen als die üblichen Techtelmechtel der Soldaten der Ala. Die meisten waren ihren Partnerinnen zwar ergeben. Aber hinter dem Rücken der Frauen zogen sie über sie her und rissen Witze über das Verhältnis von Männern und Frauen. Bassus hatte er nie so reden hören. Es passte auch nicht zu dem Mann, der so ergreifende Liebesgedichte verfassen konnte.
    Tony musste sofort wieder von hier weg. Jeder Tag, den er blieb, würde es schwerer machen .
    Ja. Bereits morgen Nacht würde er gehen.
    Und jetzt musste er endlich schlafen. Das war vielleicht das letzte Mal, dass er ein richtiges Bett hatte und Kräfte sammeln konnte.
    Auf dem Hof wurden Stimmen laut. Tony stand auf und ging zum Fenster. Ein Sklave führte zwei Pferde mit vierhörnigen Sätteln zum Stall. Die Haustür wurde geöffnet. Auf dem Flur näherten sich energische Schritte und eilten an seinem Zimmer

Weitere Kostenlose Bücher