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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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verfehlt. Als nächstes treffen wir auf ein anderes Dorf weiter im Osten. Es liegt jedoch noch eine Tagesreise entfernt.“
    „Wo werden wir übernachten?“
    „Hier im Wald. Wo sonst?“
    Da Ildiger weiterhin guter Dinge war, dürften wilde Tiere keine Gefahr darstellen.
    „Gibt es hier Hochsitze?“
    „Hochsitze? Was ist das?“
    „Jäger bauen sie aus Holz auf hohen Stelzen und legen eine Leiter an. Im Notfall kann man die Leiter dann heraufziehen.“
    „Ah, jetzt verstehe ich.“ Ildiger lachte. „Nein, das gibt es hier nicht. Schade eigentlich, denn das wäre natürlich praktisch gewesen.“
    „Was machen wir wegen der Bären und Wölfe?“
    „Die Bären schlafen noch.“
    Das hätten sie ihm doch schon gestern sagen können!
    „Und die Wölfe?“
    „Wir bringen sie dazu, uns in Ruhe zu lassen.“
    „Wie?“
    „Da gibt es Möglichkeiten.“
     
    Noch nie war Tony ein Lagerfeuer weniger heimelig vorgekommen. Fast hätte er sein Benzinfeuerzeug gezückt, weil es so lange gedauert hatte, bis es endlich brannte. Nun saßen sie davor und starrten auf einen mit Schnee gefüllten Kochtopf, der über den Flammen hing. Was wollte Ildiger denn kochen? Sie hatten schon Brot und geräucherte Würste gegessen. Und gegen den Durst konnte man sich Schnee in den Mund stopfen. Tony wollte jedoch nicht fragen, um nicht dauernd unwissend zu wirken. Ildiger wusste schließlich nicht, dass er aus einer anderen Zeit kam. Doch dann fiel ihm ein, dass er Bassus immer zu wenige Fragen gestellt hatte. Und das war auch nicht gut gewesen.
    „Was werden wir mit dem geschmolzenen Schnee machen?“, fragte er.
    „Unser Revier abstecken.“
    Was sollte das nun wieder? Doch er fragte nicht weiter. Er würde schon sehen, was passierte.
    Es knackte. Tony starrte angestrengt in den Wald. Aber da war nur eine schwarze Wand.
    Und dann sah er sie.
    Augen.
    Sie leuchteten. Und nicht sehr hoch über dem Boden. Also keine großen Tiere. Wildschweine? Luchse? Oder schon die Wölfe, die sich die Lippen leckten? Da waren die Augen auch schon weg. Kurz danach leuchteten woanders Augen. Kleine. Direkt über dem Boden.
    „Ich dachte, die kleineren Tiere halten alle Winterschlaf?“
    „Einige sind schon wach. Sie spüren den nahenden Frühling.“
    Tony verdaute diese Information. „Könnten da, zumindest theoretisch, nicht auch schon einige Bären wach sein?“
    „Das will ich nicht hoffen. Nach ihrem Winterschlaf sind sie ganz schön ausgehungert.“ Und nach einer Pause: „Sie sind dann regelrecht wahnsinnig vor Hunger.“
    Super! Vielleicht würden sie ja von einem Bären gefressen. Oder von einem Rudel Wölfe. Und obwohl Tony eigentlich lieber gestorben wäre, als ohne Bassus in dieser Welt weiter zu leben, fand er keine dieser Todesarten erstrebenswert.
    Als hätten die Wölfe seine Gedanken gelesen, stimmten sie auf einmal ihr Geheul an. Kurz danach reckte auch Harpalos seine Schnauze in den Himmel und heulte. Es klang herzerweichend. Tony erschrak. Harpalos lockte die Wölfe mit seinem Gejaule doch geradewegs an!
    Aber offenbar hatte er sie stattdessen zum Schweigen gebracht. Harpalos bellte. Niemand gab Antwort.
    Jedenfalls schien Harpalos vor den Wölfen keine Angst zu haben. Was wohl in ihm vorgegangen war, als er die Stimmen seiner wilden Brüder gehört hatte? Fühlte er sich ihnen näher als den Menschen?
    Musste Tony jetzt Angst vor Harpalos haben?
    Vorsichtig streckte er die Hand nach dem Hund aus, doch der blieb friedlich. Tony legte ihm die Hand auf den Kopf. Harpalos schien das, wie immer, zu mögen.
    Eine seltsame Ruhe breitete sich auf einmal in Tony aus. Hier irgendwo musste doch die Stelle sein, wo sich in seiner Zeit die Waldhütte befand, in der er wochenlang gelebt hatte und wo Gwanwyn ihn aufgespürt hatte? Hatte er dort in der nächtlichen Einsamkeit je Angst verspürt? Wenn ja, war es ihm nie bewusst geworden. Nein, wahrscheinlich nicht. Er kannte damals nur ein Gefühl: Trauer um Melanie. Darüber hinaus war er damit beschäftigt gewesen, Pläne zu Rolands Vernichtung zu schmieden. Außerdem war es damals etwas wärmer gewesen. Und er hatte Kerzen, eine Taschenlampe, einen Spirituskocher, einen Schlafsack, ein funktionierendes Handy mit Netz, …
    Und jetzt war er wieder in diesem Wald, neben einem Germanen, der nur sechs oder sieben Jahre älter war als er selbst und sich keine Gedanken zu machen schien.
    Das Schneewasser begann zu kochen. Ildiger warf Kräuter hinein.
    Würden sie jetzt etwa Tee

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