Bassus (German Edition)
hat?“
Severus war mit seinem Pferd stehen geblieben und sah Tony an.
„Ich weiß es nicht, Tony. Vielleicht ist er dann schon tot. Aber wenn dieser entlaufene Gefangene tatsächlich Bassus ist, dann war er zumindest noch bis vor kurzem lebendig.“
Ihre Ankunft in Baudios Haus hatte Tony nur durch einen Nebel wahrgenommen. Es war bereits nach Mitternacht und nur Baudios Frau und ihre Mutter hatten sie begrüßt. Diesmal waren sie wirklich zusammen mit den Tieren in einem großen Raum untergebracht, dessen Decke von kräftigen Holzbalken gestützt wurde. Trotzdem war es gemütlich. Beim Einschlafen beschäftigte Tony der Gedanke, dass Bassus vielleicht erst vor kurzem gestorben war. Dass sie nur wenige Tage zu spät kamen. Hätte er doch nur früher nach ihm gesucht!
Obwohl er todmüde war, wäre er am liebsten sofort wieder aufgebrochen.
Severus schnarchte. Und für einen Moment hasste Tony ihn, weil er schlafen konnte, während sein Freund vielleicht irgendwo da draußen war und jede Sekunde zählte. Doch dann sah er ein: Das war nicht fair. Immerhin war Severus da. Tony war nicht allein. Und nicht nur das. Alle Menschen, die in diesem Raum bei ihm schliefen, waren seine Verbündeten.
Auf einmal war er froh, mit ihnen zusammen unter diesem großen, strohgedeckten Dach zu liegen. Auch mit den Tieren. Eine Weile versuchte er herauszufinden, ob die Atemzüge und die Seufzer, die er hörte, von einem Menschen oder einem Tier waren. Darüber schlief er ein.
Am nächsten Morgen tauchte er nur langsam aus einem Traum auf, in dem er nackt durch Straßen einer Stadt aus seiner Zeit gelaufen war. Die Menschen hatten dicht gedrängt gestanden und ihn angestarrt. Beim Aufwachen tastete er mit noch geschlossenen Augen an sich herunter und stellte erleichtert fest, dass er angezogen und mit einer dicken Wolldecke zugedeckt war. Er öffnete die Augen. Das mit dem Anstarren stimmte jedoch. Es waren circa zehn Augenpaare, die aus neugierigen Kindergesichtern fasziniert auf ihn herabsahen. Jetzt kicherten die Kinder.
Tony richtete sich auf. Baudios Frau rief etwas, und die Kinder entfernten sich zögernd. Danach war nur noch ein Augenpaar auf ihn gerichtet. Und zwar das von Harpalos.
Wo waren Severus, Baudio und Ildiger?
Erschrocken fragte er: „Sind die anderen ohne mich weiter gezogen?“
„Nein“, beruhigte ihn Baudios Frau mit einem starken germanischen Akzent, „sie sind bei meinem Bruder. Er wohnt nebenan.“
„Warum hat mich niemand geweckt?“
„Severus hat es verboten. Er meinte, du bräuchtest deinen Schlaf.“
Tony kämpfte gegen widerstreitende Gefühle, Rührung über die Fürsorge, Ärger über sich selbst, weil er so lange geschlafen hatte, und Wut auf Severus, weil er ihn wie ein Kind behandelte. Er musste doch dabei sein, wenn das weitere Vorgehen besprochen wurde!
Als Tony in Harpalos‘ Begleitung aus dem Haus trat, nahm ihm die Kälte für einen Moment den Atem. Offenbar war der Frühling doch noch nicht da. Im Nachbarhaus jedoch war es warm wie in einer Sauna. Einige Männer saßen sogar mit entblößtem Oberkörper da und zeigten beneidenswerte Muskeln.
Es gab Rührei mit Speck, dazu fetttriefenden, gebackenen Schafskäse und grobes Brot. Genau das Richtige.
„Und, was habt ihr beschlossen?“, fragte er, während er kaute.
„Wir werden uns aufteilen und in alle Himmelsrichtungen ausschwärmen“, antwortete Severus.
„Als Geschirrhändler?“
Baudio deutete auf seine Nachbarn. „Sie natürlich nicht. Sie werden einfach nur Verwandte besuchen und sich bei ihnen betrinken.“
Tony sah die germanischen Männer an, die um ihn herum saßen. Severus, Ildiger und Baudio traute er zu, dass sie ein Gegenüber behutsam ausfragen konnten. Aber bei den anderen Männern hatte er da gewaltige Zweifel. Sie waren sicher gute Krieger, aber ebenso sicher keine subtilen Psychologen. Hoffentlich irrte er sich, denn sonst konnten sie Bassus’ Leben zusätzlich in Gefahr bringen. Falls es nicht sowieso schon längst zu spät war.
Tony verging der Appetit. Was sollte das Gerede? Sie durften keine Zeit verlieren!
Er sprang auf und verkündete: „Also, ich ziehe jetzt los“, und wandte sich der Tür zu.
„Und wie willst du dich zurechtfinden?“, fragte Severus.
Tony blieb stehen. Wenn Severus ihm jetzt einen dieser Muskelmänner als Begleiter mitgab, würde er sich weigern und alleine gehen. Er würde schon klarkommen. Schließlich hatte er Harpalos dabei. Und der verlor nie die
Weitere Kostenlose Bücher