Bassus (German Edition)
Orientierung. Mit seiner feinen Nase würde er Bassus überall aufspüren. Genau. Er würde alleine gehen. Basta! Gerade als er Severus seinen Entschluss mitteilen wollte, befahl dieser: „Du gehst mit Ildiger.“
Tony atmete durch. Ildiger, das war okay. Außerdem konnte er ihn unterwegs als Germanischlehrer einspannen.
„Ihr geht wieder als Geschirrhändler“, sagte Severus. „Erklärt den Leuten, dass die Konkurrenz unter den Händlern auf der römischen Seite so groß ist, dass ihr jetzt versucht, im Inneren von Germania Libera neue Kunden zu finden.“
Der Wald war dunkel. Sie ritten hintereinander auf einem schmalen, kaum sichtbaren Pfad. Eine Zeit lang hatte Harpalos versucht, neben oder zwischen ihnen zu laufen. Aber es war zu mühsam gewesen, denn Ildiger legte ein ziemliches Tempo vor. Jetzt saß der Hund zwischen zwei Geschirrkörben auf dem Rücken des Packpferdes, das zwischen Ildiger und Tony trabte.
„Wie wollen die Verwandten von Baudio Bassus denn erkennen?“, brüllte Tony nach vorne.
Ildiger wandte sich um. „Sie kennen ihn. Er und Donatus haben immer bei Baudio übernachtet. Bassus ist sehr beliebt bei ihnen.“
Nicht zum ersten Mal fragte Tony sich, wie er Bassus gegenübertreten sollte, wenn sie sich wieder begegneten. Auf der einen Seite gab es nichts, was er sich sehnlicher wünschte, aber auf der anderen Seite schämte er sich so sehr für sein früheres Verhalten, dass ihm vor diesem Wiedersehen auch ein bisschen graute.
Inzwischen war er froh, dass zumindest Ildiger ihn begleitete. Von ihm Germanisch zu lernen, konnte er unter den Umständen zwar vergessen, aber der Wald war so dicht und düster, dass er es nie im Leben allein geschafft hätte. Dann noch diese vielen Spuren im Schnee! Obwohl die Schneedecke dünner wurde, waren sie noch gut sichtbar. Hin und wieder war die Erde tief aufgewühlt, und der Schnee war mit Blut getränkt. Bei jedem Knacken zuckte Tony daher innerlich zusammen.
„Den Spuren nach wimmelt es hier regelrecht von Tieren“, rief er nach vorne.
„Das sieht schlimmer aus, als es ist. Du musst bedenken, dass es die Spuren vieler Monate sind.“
„Ach so!“ Aber wirklich beruhigt war Tony nicht.
Er stellte sich vor, wie Bassus sich ohne Pferd durch einen solchen Wald kämpfte, und verzweifelte wieder. Ohrenbetäubender Lärm riss ihn nach einer Weile aus seiner trüben Stimmung. Für einen Moment bebte die Erde. Was war das? Eine Herde Auerochsen?
„Ildiger!“
„Wir haben bald das nächste Dorf erreicht.“
„Oh, gut. Aber was war das für ein Lärm eben?“
„Vermutlich ist ein Baum umgefallen.“
„Einfach so?“
„Das kommt vor. Bäume leben nicht ewig.“
Toll. Kritisch musterte er von nun an jeden Baumstamm, und bald tränten ihm die Augen vor Anstrengung.
Die meisten Bäume waren fast doppelt so hoch wie die Bäume in seiner Zeit. Und einige sahen sehr, sehr alt aus. Jetzt wurde Tony auch bewusst, was er die ganze Zeit nur unterschwellig registriert hatte: Die Bäume ächzten. Und einige ächzten mehr als andere.
Er sah hinauf in ihre Kronen. Sie wiegten sich heftig hin und her. Ihm wurde schwindelig. Der Wind musste ziemlich stark wehen. Nur hier unten bekamen sie nichts davon mit. Woher kam das? Er fragte Ildiger.
„Wir befinden uns in einer Mulde. Die Kronen der Bäume ragen darüber hinaus.“
Wie es wohl war, von einem Baum erschlagen zu werden, dessen Stamm einen Umfang von mehreren Metern hatte? Was, wenn man nur mit den Beinen darunter geriet?
Das waren keine aufbauenden Gedanken. Tony schob das Thema Bäume beiseite.
„Wann kommen wir denn endlich zu dem Dorf?“
„Eigentlich müssten wir längst da sein.“
„Sag bitte nicht, dass du dich verirrt hast.“
„Wenn wir es nicht bald erreichen, könnte das zutreffen.“
„Ich dachte, du kennst hier jeden Baum und Strauch.“
„Leider nicht“, rief Ildiger fröhlich, „genau genommen bin ich heute zum ersten Mal in dieser Gegend.“
Das durfte doch nicht wahr sein!
„Aber ich habe mir den Weg genau beschreiben lassen“, fügte er hinzu und hörte sich überhaupt nicht besorgt an.
Stunden später hielten sie an und aßen und gaben auch den Pferden Futter. Ildiger kaute mit gesundem Appetit.
„Ich schätze, es ist früher Nachmittag. Dem Moos auf den Baumrinden nach müssen wir uns ab jetzt eher in diese Richtung bewegen.“ Er deutete irgendwo zwischen die Bäume.
„Und wenn wir das Dorf trotzdem verfehlen?“
„Wir haben es längst
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