Bassus (German Edition)
Gedecke als Gäste.
„Erwartet ihr noch jemanden?“, fragte Ildiger.
„Einen römischen Freund“, antwortete ihr Gastgeber.
Was für ein Zufall! Eigentlich hätte Tony erleichtert sein müssen, dass die Leute hier offensichtlich doch keine Römerhasser waren, aber in seinem Inneren begann etwas zu vibrieren.
„Hier stimmt etwas nicht“, flüsterte er Ildiger zu.
„Es ist nur bis morgen früh“, flüsterte der zurück. Aber auch er wirkte angespannt und blickte immer wieder um sich, als erwartete er jeden Moment, dass ihn jemand von hinten ansprang.
Die Frau und das Mädchen verteilten Teller und Schalen mit Essen auf den Tisch.
Ihr Gastgeber erklärte: „Lasst uns nicht auf die anderen warten. Vielleicht kommen sie erst mitten in der Nacht oder gegen Morgen.“
Zusammen mit der Familie setzten sie sich an den langen Tisch.
Wieder stieß Tony Ildiger an: „Harpalos ist nicht da.“
„Er ist sicher bei den Pferden.“
An irgendetwas erinnerte ihn diese Situation. Wo hatte er etwas Ähnliches erlebt? Aber er kam nicht darauf. Er war ohne Harpalos gewesen, und es hatte gutes Essen gegeben. Was war es nur? Und wann und wo? Es wollte ihm einfach nicht einfallen. Plötzlich wurde ihm übel. Hatte ihr Gastgeber ihnen etwas ins Essen mischen lassen? Doch Ildiger, der mit sehr viel größerem Appetit aß, schien keine Probleme zu haben. Spielten ihm seine Nerven einen Streich? Tony rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Dann wollte er nur noch aufspringen und davonlaufen, denn jetzt erinnerte er sich.
Im selben Moment wurde es draußen laut. Ihr Gastgeber und seine Söhne erhoben sich. Kam es ihm nur so vor, oder hatten sich seine Frau und seine Tochter tatsächlich besorgte Blicke zugeworfen?
Und dann hörte er die Stimme, von der er gehofft hatte, dass er sie nie wieder in seinem Leben hören musste.
Er sprang so heftig auf, dass sein Stuhl nach hinten flog.
„Was ist?“, fragte Ildiger
Tony rannte aus der Tür, um gleich darauf abrupt stehen zu bleiben. Vor ihm stand eine Gruppe bewaffneter Reiter.
An ihrer Spitze der Mann mit der Brandnarbe.
Doch für ihn interessierte Tony sich nicht. Jedenfalls nicht in erster Linie. Stattdessen konzentrierte er sich auf den römisch gekleideten Mann, der gerade von seinem Pferd sprang.
„Wer ist das?“, fragte Ildiger, der ihm gefolgt war.
Tonys Beine gaben nach. Ildiger konnte ihn gerade noch stützen.
Ihr Gastgeber ging auf die neuen Gäste zu. Mit ausgebreiteten Armen rief er: „Ich heiße euch willkommen, Audica und Perpenna!“
„Scheiße“, zischte Ildiger.
Da kam Perpenna auch schon auf Tony zu. Als wären sie die besten Freunde, rief er erfreut: „Oh, Bassus Tonianus, was für eine Überraschung!“, und verneigte sich.
„Wieso Bassus?“, fragte ihr Gastgeber. „Er hat sich hier als Festus vorgestellt.“
„Entschuldigt“, sagte Perpenna und wedelte theatralisch mit seinen Armen, „der junge Mann ist der Adoptivsohn des verschwundenen Kundschafters von der Ala Noricorum. Sicher stimmt auch Festus. Ihr wisst ja, wie das ist bei römischen Adoptionen. Man bekommt meist ganz viele Namen verpasst, nicht wahr, Festus Bassus?“, fragte er und strahlte.
Die Germanen tuschelten aufgeregt miteinander. Audica wandte sich an Ildiger. „Du kommst mir auch bekannt vor“, sagte er.
Feindselig erwiderte Ildiger: „Hallo, Onkel Audica! Ich war noch ein Kind, als du mich das letzte Mal gesehen hast.“
Audica lächelte. „Da kann man wieder einmal sehen, wie die Zeit vergeht. Was machst du hier zusammen mit dem Sohn des Kundschafters Flavius Bassus?“
„Geschirr verkaufen“, sagte ihr Gastgeber höhnisch.
„Aus dir ist ein Händler geworden?“, rief Perpenna, an Tony gewandt. „Ich hätte nie gedacht, dass wir uns eines Tages als Kollegen wieder begegnen.“
„Wir sind keine Kollegen!“, brach es aus Tony heraus.
Wieder hob Perpenna die Hände. „Ich weiß, ich weiß, wir handeln mit unterschiedlichen Waren“, sagte er zerknirscht. Dann wandte er sich an ihren Gastgeber: „Womit wir beim Thema sind. Hast du meine Ware?“
Der Germane warf einen undefinierbaren Blick auf Tony und Ildiger und erwiderte: „Deine Ware ist nicht hier. Aber ich bin sicher, dass wir sie dir bald übergeben können. Sei bitte bis dahin mein Gast.“
„Nun, wenn es nicht für allzu lange ist, denn du weißt ja“, sagte Perpenna lächelnd, „wir Händler haben immer viel zu tun.“
Ihr Gastgeber lachte unsicher. „Keine Sorge. Es wird sich
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