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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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Aber deren Familie hatte damit gerechnet und ihn überwältigt.
    Zuerst hatte der junge Germane vor Bassus ausgespuckt. Das brachte ihm einen heftigen Schlag von seinem Schwiegervater ein. Aber immer noch gab er sich hochmütig und überschüttete Bassus mit Spott und Hohn. Jetzt musste er etwas in dessen Augen gelesen haben, denn auf einmal verstummte er. Bassus rückte noch näher an ihn heran. Der Germane rutschte weg. Der Boden war jedoch so uneben, dass er nicht weit kam. Bassus sah ihm weiter unverwandt in die Augen, als versuchte er dort etwas zu finden, sagte jedoch nichts.
    „Na los, schlag schon zu“, zischte der Germane.
    Aber Bassus reagierte nicht. Dann stand er plötzlich auf und ging zur Tür. Unterwegs legte er den Arm um Tonys Schultern und zog ihn mit sich.
     
    Sie sahen einander nicht an, während sie vor dem Haus standen und von drinnen die Schreie des Gefangenen hörten. Tony ging vieles durch den Kopf. Vor allem wollte er, dass der Mann ihnen sagte, ob Flavia noch lebte und wo sie festgehalten wurde. Außerdem sagte er sich, dass der Mann Bassus gequält hatte, um ihm Informationen zu entlocken. Aber er ekelte sich auch vor sich selbst, weil er ungerührt zuhörte, wie jemand gefoltert wurde.
    Dann stellte er sich vor, dass es Perpenna war, der da gefoltert wurde, und sofort verhärtete sich alles in ihm.
    „Dass man etwas Schlechtes tut, um etwas Gutes zu erreichen, macht das Schlechte nicht zu einer guten Sache“, sagte Bassus.
    Tony schwieg. Nach einer Weile verstummten die Schreie. Baudio trat heraus und wandte sich an Bassus.
    „Der Gefangene ist jetzt bereit, mit dir reden. Du als Anführer der Kundschafter weißt am besten, was für Fragen ihm gestellt werden müssen.“
    Sie gingen wieder hinein. Während der germanische Krieger erzählte, zeichnete Bassus eine Landkarte, die immer genauer wurde.
     
    Sechs Tage später waren sie zu einer Bergregion vorgedrungen. Ihr Trupp war auf fast fünfzig Soldaten angewachsen: Bassus und seine Männer, die komplette Turma von Fabius Pudens, Gudullus und die beiden Brüder von Ildiger, außerdem Männer dreier germanischer Heerführer, einer von ihnen Baudio.
    Tony hatte zwar seine Arztausrüstung dabei, sah sich auf dieser Mission jedoch vor allem als Soldat. Marcia hatte ihm beim Abschied noch Severus’ besten Dolch und Speer mitgegeben.
    Er ritt wie in Trance. Julia schien es genauso zu gehen, denn das Tier schritt stoisch vor sich hin. Die meiste Zeit dachte Tony an Flavia. Aber immer wieder schoben sich auch Bilder von Melanie dazwischen. Melanies Gesichtchen mit der Angst darin, wenn sie sich ihrem Elternhaus genähert hatten. Und Melanies im Tod erstarrte Augen. Auch nachts, in seinen Träumen, verschmolzen Flavia und Melanie oft zu einer Person.
    Manchmal merkte Tony, dass er Durst hatte. Doch er vergaß es wieder. Sie waren angehalten, wenig zu trinken, damit ihre Vorräte möglichst lange hielten. Das mit Essig vermischte Wasser schmeckte bereits schal, und manchmal dachte Tony an die Bakterien, die sich dort bildeten. Es war erstaunlich, dass noch niemand Durchfall hatte. Auch er nicht. Aber diese Zeiten waren anscheinend vorbei.
    Außerdem stanken sie. Ihre Kleider waren verschwitzt und ihre Haare fettig. Das wiederum war ein Fressen für die Schnaken, die in Schwärmen über sie herfielen. Längst hatten sie alle blanken Hautstellen mit Stoff umwickelt, aber ein Teil ihrer Gesichter blieb natürlich frei, und darauf stürzten sich die Biester. Alle paar Sekunden zerquetschte Tony eines von ihnen, aber da hatte es bereits zugestochen. Ihm war klar, dass sein Gesicht inzwischen genauso geschwollen und blutig gekratzt war wie die Gesichter der anderen.
    Aber er machte sich diese Dinge nur hin und wieder bewusst. Das einzige, das ihn wirklich in den Wahnsinn trieb, war ihr quälend langsames Tempo.
    In diesen dunklen, mit Urwald bewachsenen Bergen, in denen auf Schritt und Tritt kleine Felsbrocken herumlagen, konnten sie nur hintereinander reiten. Bassus ritt mit der Landkarte voraus. Er und seine Kundschafter waren die einzigen, die in dieser Wildnis wie in einem Buch lesen konnten und deshalb die Richtung angaben. Die Folgenden mussten sich an ihrem Vordermann und dessen Packpferd orientieren. Auf dem vordersten saß Harpalos und wirkte genauso konzentriert wie die Soldaten.
    Manchmal hörten sie gedämpftes Grunzen und Schmatzen und nachts das Heulen von Wölfen. Doch zu sehen bekamen sie nur ab und zu ein Wildschwein, das schnell

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