Bassus (German Edition)
sollten und es einen von uns erwischt, dann sollte das ich sein und nicht du. Verstehst du das denn nicht?“
Über Tonys Wangen liefen Tränen. „Ich wollte, ich wäre nicht aus einer anderen Zeit.“
Aber er nahm das Medaillon. Kaum hielt er es in der Hand, war ihm als liefen Stromkabel durch seinen Körper. Eine Zeitlang konnte er sich nicht mehr bewegen. Erst allmählich brach der Bann.
„Ich möchte hier bleiben. Ich möchte eines Tages Flavia heiraten. Und ich möchte, dass du der Großvater meiner Kinder bist“, sagte er mit fester Stimme.
Bassus sah ihn so seltsam an, wie es sonst nur Morvran tat.
Tony griff nach seiner Hand und legte das Medaillon wieder hinein. „Was sollte ich in einer Welt ohne dich und ohne Flavia?“
Resigniert zog Bassus es über seinen Kopf.
Am späten Nachmittag brachen sie auf. Die erste Strecke durch den Wald führte lange Zeit nur bergauf. Das war nicht nur wegen der Steigung mühsam, sondern auch, weil der Nachmittag sehr bald in den Abend überging. Mit jedem Schritt wurde es dunkler. Außerdem trugen sie schweres Gepäck. Tony musste an die Legionäre denken, für die noch viel schwerere Lasten normal waren. Wie schafften sie das nur?
Harpalos, der sich ihnen angeschlossen hatte, lief leichtfüßig neben ihnen. Aber er trug ja auch nichts auf dem Rücken.
Bassus führte ihre Gruppe an. Tony folgte zusammen mit einem Kundschafter namens Galarius. Hinter ihnen gingen die beiden anderen. Harpalos war mal vorne, mal hinten.
Nach etwa drei Stunden erreichten sie das Felsenmeer. Es war in das silberne Licht des Mondes getaucht. Tony starrte verzweifelt hinauf. Es war unmöglich, diese Lawine aus Steinen zu überqueren! Noch dazu nachts! Die einzelnen Brocken waren meterhoch und mit schroffen Spitzen versehen. Aber Bassus’ Männer begannen sofort zu klettern. Sie machten dabei nicht das geringste Geräusch. Tony verstand immer mehr, warum es Jahre dauerte, einen guten Kundschafter auszubilden.
Bassus sah ihn an. „Es hilft nichts, du musst da hinauf. Sieh dir genau an, wie die anderen das machen. Und dann mach es einfach nach. Du schaffst das.“
Ja, selbst wenn er es schaffte, sie mussten hier ja auch wieder hinunter. Das würde noch schwerer werden.
Auch Bassus kletterte jetzt hinauf. Tony sah ihm hinterher und versuchte, seine Bewegungen nachzumachen. Bassus bewegte sich absichtlich langsamer. Trotzdem entging Tony hin und wieder eine Fuß- oder Handbewegung, und er rutschte ab.
Er musste sich noch mehr konzentrieren. Es wäre eine Katastrophe, wenn er sich etwas brechen oder auch nur verstauchen würde.
„Du musst ganz entspannt bleiben“, riet Bassus.
Klar. Immer schön locker bleiben.
Doch dann packte Tony der Ehrgeiz. Er war der mit Abstand jüngste der Truppe. Er konnte es doch nicht zulassen, dass diese Männer ihn alt aussehen ließen.
„Ich bin ein Salamander“, sagte er sich. Und er spürte, wie seine Bewegungen geschmeidiger wurden.
Als er oben angelangt war, sagte Galarius: „Seht euch Harpalos an.“
Sie sahen nach unten. Der Hund schaffte es ebenfalls hinauf.
Die Männer lachten. „Eine seiner Ahninnen muss sich mit einem Steinbock eingelassen haben.“
Ein letzter Sprung, und Harpalos stand schwanzwedelnd neben ihnen.
Kaum war am nächsten Tag die Sonne aufgegangen, waren sie wieder auf den Beinen. Zuerst liefen sie auf der Kuppe des Berges nach Norden, dann führte Bassus sie allmählich bergab. Sie stiegen jedoch nicht bis ganz ins Tal hinunter, obwohl sie dort das Wasser eines kleinen Flusses rauschen hörten.
Je weiter sie vorankamen, umso nervöser wurde Tony. Mit diesem Gefühl schien er jedoch allein zu sein. Bassus und seine Männer liefen schweigend mit geschmeidigen, lautlosen Schritten dahin.
Es waren schließlich keine Stimmen, sondern der Geruch von brennendem Holz und Essen, der ihnen sagte, dass sie sich Audicas Lager näherten. Tonys Puls beschleunigte sich. War Flavia hier? War sie noch am Leben? War auch Perpenna hier?
Bassus führte sie wieder ein Stück den Berg hinauf und bat sie, sich im Kreis niederzusetzen.
Er deutete auf Galarius: „Du erkundest die Umgebung.“
Galarius verschwand wie ein Schatten zwischen den Bäumen. In seiner Umhängetasche hatte er das Nachtfernglas. Bassus hatte ihm erklärt, dass es ein Instrument aus einem fernen Land war, und ihm gezeigt, wie er es benutzen musste. Dass man damit auch im Dunklen sehen konnte, hatte er Galarius jedoch nicht gesagt.
Sie warteten
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