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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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nicht mehr sie selbst. Außerdem passten die Betreuer bei diesen Medikamenten richtig scharf auf, dass man sie nicht wieder ausspuckte. Oder sie verabreichten sie gleich als Spritzen.
    Sie konnten praktisch jeden Moment damit anfangen!
    Tony senkte den Kopf noch tiefer, damit wirklich absolut niemand mitbekam, dass er fieberhaft an einem Fluchtplan arbeitete.
    Es musste noch in dieser Nacht sein. Aber wie?
    Die Betreuer hatten keine Schlüssel bei sich, die er hätte stehlen können. Die Stationstür ging nur dann auf, wenn man in ein kleines Kästchen einen Zahlencode eingab. Und danach war man erst im Treppenhaus. Unten gab es noch eine Pforte, und nur wenn der Pförtner geprüft hatte, wer hinauswollte, drückte er bei sich drinnen einen Zahlencode, und die Tür ging auf.
    Es gab nur einen Weg. Er musste den Nachtdienst mit einer Waffe bedrohen und sich mit ihm als Geisel den Weg hinaus erzwingen. Aber wie sollte er an eine Waffe kommen? Wenn man hier eingeliefert wurde, musste man alle scharfen Gegenstände abgeben, außerdem Feuerzeuge, Sprühdeos, Gürtel, Schals, Schnürsenkel und Glasgegenstände. Auch an die Messer in der Küche kam er nicht heran. Sie wurden dauernd gezählt. Außerdem war die Küche immer abgeschlossen, wenn nicht gerade gekocht wurde.
    Es gab in dieser ganzen verdammten Station nichts, womit die Patienten sich selbst oder anderen irgendeine Verletzung zufügen konnten.
    Er grübelte und grübelte. Dann kam die Erleuchtung.
     
    Es war ein Uhr morgens. Schon seit einer Stunde rannte er alle paar Minuten auf die Toilette. Jedes Mal bemühte er sich, kränker zu wirken, denn auch auf dem Gang und im Vorraum des Klos waren Kameras installiert. Zurück im Bett, hielt Tony sich immer wieder seine Bettdecke vor Nase und Mund, bis er schwitzte und sein Puls raste. Zusätzlich hatte er sich mit einer Creme über das Gesicht und die Haare gestrichen, so dass seine Haut unnatürlich glänzte. Gut, dass ihm das mit der akuten Blinddarmentzündung eines Klassenkameraden im vorigen Jahr eingefallen war. Es war während eines Ausflugs nachts in einer Jugendherberge geschehen, und er konnte sich noch an jedes Detail erinnern. Gut auch, dass er seinen eigenen Blinddarm noch hatte!
    Er begann, laut zu stöhnen. Keine zwei Minuten später war der Nachtdienst bei ihm.
    „Was fehlt dir denn?“, fragte der Betreuer besorgt.
    „Ich habe solche Bauchschmerzen“, jammerte Tony und krümmte sich zusammen, „und mir ist schlecht.“
    „Musstest du dich übergeben?“
    „Ja, aber es hat nicht geholfen. Ich habe auch Durchfall, aber das hilft auch nicht. Die Schmerzen werden immer schlimmer.“
    Der Betreuer berührte Tonys Stirn und tastete behutsam seinen Bauch ab. Tony wimmerte erbärmlich.
    Der Betreuer verschwand und kehrte mit einer bleichen jungen Ärztin mit zerdrückten Haaren zurück. Auch sie tastete ihn ab.
    „Er muss ins Krankenhaus. Das ist der Blinddarm.“
    Der Betreuer rannte hinaus. Kurz danach kam er wieder.
    „Der Krankenwagen kommt gleich.“
    Tony stöhnte weiter. Der Betreuer und die Ärztin redeten beruhigend auf ihn ein. Wenige Minuten später ertönte eine Klingel. Der Betreuer rannte hinaus und kam mit zwei Rettungsassistenten zurück. Sie schnallten ihn auf eine Trage, und los ging es.
    Auch im Krankenwagen spielte er seine Rolle weiter. Schließlich hielten sie vor einer Klinik.
    Die Rettungsassistenten zogen ihn heraus. Jetzt! Tony öffnete den Gurt und sprang von der Liege. Dem Mann, der ihm am nächsten war, stieß er die Faust in den Magen und rannte davon.
    „Halt! Bleib stehen!“, riefen sie und liefen hinter ihm her. Aber sie waren zu langsam für einen immer noch sehr durchtrainierten und vor allem sehr entschlossenen Dreizehnjährigen.

                                                             IV        
     
    Gwanwyn stand in einem Ausstellungsraum des Museums vor dem Grabstein. Sie berührte kurz das Medaillon. Seit Tonys Verschwinden trug sie es immer um den Hals.
    Wo er wohl steckte? Es war jetzt fünf Wochen her, dass er aus der psychiatrischen Klinik geflohen war. Und noch immer fehlte jede Spur von ihm.
    Seine Eltern hatten vor der Presse eine beeindruckende Rührnummer abgezogen nach dem Motto: Er ist zwar total gestört, aber trotzdem unser Kind.
    „Da wir aber wissen, dass er gefährlich ist und anderen Menschen Schaden zufügen könnte, haben wir für sein Aufgreifen eine Belohnung

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