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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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ausgesetzt“, hatte Roland Fuhrmann erklärt. Dabei hatte er den Arm um seine Frau gelegt.
    Wieder berührte Gwanwyn das Medaillon. Seltsam. Am Anfang, in den ersten Monaten nach ihrer Rettung, hatte sie es Tag und Nacht getragen. Wie am Spieß hatte sie geschrieen, wenn es ihr jemand wegnehmen wollte - den einzigen Gegenstand aus ihrer alten Welt. Auch wenn es eine grausame Welt gewesen war. Denn die neue Welt war ihr kalt und hässlich vorgekommen. Es dauerte, bis sie begriff, dass sie hier sicher war und Möglichkeiten hatte, von denen sie in der Römerzeit als Frau nicht einmal träumen konnte.
    Auf dem Rasen eines Ferienhäuschens in Wales war sie zu sich gekommen. Ein kleiner Pudel sprang um sie herum und bellte, bis eine Frau kam und sie entdeckte.
    Sie musste furchtbar ausgesehen haben. Mit zerrissenen Kleidern. Barfuß. Aus vielen Wunden blutend.
    Und sie verstand nichts.
    Die Frau war ein Feriengast aus Deutschland und sprach nur Englisch. Aber als endlich keltisch sprechende Menschen herbeikamen, half Gwanwyn das auch nicht weiter. Die Sprache hatte sich in zweitausend Jahren zu sehr verändert. Zum Glück gab es ihren Namen noch. Deshalb durfte sie ihn behalten. Das war, nachdem die Leute endlich aufgegeben hatten, jemals herauszufinden, woher sie gekommen war.
    Die Evans, ihre Pflegeeltern, waren gut zu ihr. Keine zwei Jahre später fühlte sie sich in der neuen Welt bereits so zuhause, dass sie Angst bekam, eines Tages plötzlich wieder herausgerissen zu werden. Von da an wollte sie mit dem Medaillon nichts mehr zu tun haben und bat ihre Pflegemutter, es aufzubewahren.
    Bis vor kurzem. Bis das Manuskript aufgetaucht war. Danach hatte Gwanwyn ihre Pflegemutter gebeten, es ihr wieder zu geben.
    Noch einmal streifte ihr Blick über den Grabstein. Dann riss sie sich los und kehrte in den Forschungstrakt des Museums zurück.
     
    Tony zündete mehrere Teelichter an und stellte sie auf den Tisch. Danach holte er die Erdnussbutter und das Vollkornbrot aus dem Regal. Sogar Geschirr hatte er, wenn auch aus Pappe. Er schälte eine Banane. Was für ein Glück, dass er die Hütte wieder gefunden hatte. Es war zwar sehr kalt, weil der Frühling noch auf sich warten ließ, aber lange würde es nicht mehr dauern, bis es wärmer wurde. Bis dahin hatte er hoffentlich eine bessere Lösung gefunden, denn früher oder später würde sich sicher ein Waldarbeiter oder Förster hierher verirren.
    Die Abende, und vor allem die Nächte, waren zuerst unerträglich gewesen. Er hatte sich entsetzlich verlassen gefühlt. Erst hier hatte er so richtig begriffen, was es bedeutete, dass Melanie nicht mehr da war.
    Doch dann, vor einigen Abenden, war etwas geschehen. Er hatte auf einmal das Gefühl, dass er nicht allein war. Eine warme, tröstende Gegenwart hatte ihn umgeben. So, als wäre Melanie irgendwie wieder in seiner Nähe. Jedenfalls hatte ihm das Erlebnis dabei geholfen, überhaupt weiterleben zu wollen.
    Außerdem hatte er wieder ein Ziel.
    Es ließ ihm einfach keine Ruhe, dass Roland nicht für Melanies Tod bestraft werden sollte. Deshalb hatte er beschlossen, seinem Vater wieder nachzuspionieren. Er würde ihn noch einmal mit der jungen Frau fotografieren. Die Bilder würde er seiner Mutter und der Polizei schicken. Selbst wenn er damit vorerst nichts erreichte, konnte er Roland zumindest Ärger bereiten und ihm klarmachen, dass er niemals sicher sein würde.
    Es würde seinen Eltern auch nichts nützen, dass sie ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt hatten. Er hatte sein Aussehen längst verändert. Noch besser wäre es natürlich, wenn er bei dieser Sache Helfer hätte. Aber wer würde sich auf so etwas einlassen?
    Ralf und Franzi kamen ihm in den Sinn. Sie hatten ihn besucht, als er noch im normalen Krankenhaus lag. Er hatte nicht reagiert. Aber jetzt, im Nachhinein, wurde ihm klar, dass dieser Besuch für ihn wichtig gewesen war.
    „Ob er überhaupt mitbekommt, dass wir da sind?“, hatte Franzi gefragt.
    „Ich weiß nicht“, hatte Ralf geantwortet, „aber falls doch, sollten wir ihm sagen, was wir hier wollen.“ Dann hatte Ralf etwas lauter gesagt: „He, Tony, wir sind deine Freunde. Wir wissen, dass du Melanie nie etwas getan hättest.“
    Ob sie wussten, dass auch Franzis Mutter, die Kommissarin, ihn besucht hatte? Und zwar mehrere Male?
    „Ich weiß, dass du die Wahrheit sagst“, hatte Elisabeth Scheffler zu ihm gesagt. Und hinzugefügt: „Bitte gib nicht auf.“
    Und dann hatte er eines Abends den Eindruck

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