Bassus (German Edition)
dich gegen deinen Willen hierher gebracht?“
„Ja.“
„Dann wird deine Rückkehr möglicherweise ähnlich vonstatten gehen.“
Was war das denn für eine Antwort? Wieso sollte das Medaillon ihn gegen seinen Willen zurückbringen? Das war doch schließlich genau das, was er wollte.
Doch Morvrans Augen hielten Tony davon ab, nachzufragen. Er glaubte in einen Gletschersee zu blicken.
„Hast du sonst noch etwas auf dem Herzen?“
Aber der Ton, in dem Morvran es sagte, ließ Tony frösteln.
Er schüttelte den Kopf.
Die Untätigkeit, zu der er verdammt war, machte ihn zunehmend mürbe. Hoffentlich kam Bassus bald wieder, damit er endlich erfuhr, ob der Druide damals noch etwas zu ihm gesagt hatte.
Tony stand gerade am Ziegengatter, als ein Sklave sich an ihn wandte.
„Verzeiht, Herr, dass ich Euch anspreche. Aber da ist etwas, das einige von uns beschäftigt.“
„Was denn?“
„Seid ihr mit Flavius Bassus verwandt?“
„Wie kommt ihr darauf?“
„Nun, Ihr seht ihm recht ähnlich.“
Zum Glück rief in diesem Moment Severus’ Verwalter nach dem Mann, und er lief davon.
Tony schüttelte irritiert den Kopf.
Er musste unbedingt mit jemandem reden. Doch mit wem?
Auf dem Gut wussten nur zwei Menschen, wer er wirklich war: Severus und Marcia. Severus war jedoch immer gestresst, blieb also nur Marcia. Außer Smalltalk beim Abendessen hatte er sich noch nie länger mit ihr unterhalten. Aber er mochte sie. Sie war warmherzig und eine gute Mutter. Nie würde sie, wie es seine Mutter getan hatte, ihren Mann über ihre Kinder stellen. Auf der anderen Seite musste sie das auch gar nicht, denn Severus liebte seine Kinder abgöttisch. Selbst Flavia, die gar nicht seine leibliche Tochter war.
Auch zu den Sklaven war Marcia immer freundlich.
Doch konnte sie ihm weiterhelfen? Konnte sie sich in ihn hineinversetzen?
Eine Sklavin sagte ihm, dass Marcia bei den Verwundeten war. Dort wollte er jetzt eigentlich nicht hin. Er hatte keine Lust, Morvran zu begegnen.
Schließlich ging er aber doch Richtung Krankenzimmer. Er würde einfach draußen auf dem Flur auf Marcia warten.
Die Tür stand weit offen. Marcia kniete neben einem der Verwundeten und munterte ihn auf. Tonys Blick schweifte unwillkürlich zu Quintus Gabinius - und ihn traf fast der Schlag.
Es ging dem Verwundeten besser! Er aß sogar.
Tony trat ein. Morvran lag auf einem der freien Betten und schlief. Er wirkte erschöpfter als Quintus.
Marcia sagte lächelnd: „Ich habe ihn überredet, sich etwas hinzulegen. Morvran neigt dazu, sich völlig zu verausgaben.“
Sie sah Tony aufmerksam an. „Wie geht es dir? Bedrückt dich etwas?“
„Ja, da ist etwas, das mich bedrückt.“
„Komm mit.“
In einem kleinen, gemütlichen Zimmer, das anscheinend genau für solche privaten Gespräche gedacht war, deutete Marcia auf einen der Lehnstühle.
„Setz dich.“
Er platzte heraus: „Ich werde langsam wahnsinnig. Ich kann hier nicht leben. Ich muss wieder in meine Zeit zurück.“ Er holte das Medaillon hervor. „Aber meine einzige Verbindung dorthin ist das hier.“
Er reichte es Marcia.
„Ich weiß, dass es seinen Träger an einen sicheren Ort bringen kann, wenn dessen Leben in Gefahr ist. Aber beim Überfall der Germanen hat es das nicht getan.“
Marcia dachte nach.
„Vielleicht hilft es nur dann, wenn der Träger des Medaillons der Gefahr nicht gewachsen ist.“
„Es wusste, dass ich den Überfall überleben würde?“
Marcia nickte.
„Das heißt, ich muss mich noch viel schlimmeren Gefahren aussetzen?“
Marcia sah ihn erschrocken an.
„Ich bezweifle, dass das Medaillon mitspielt, wenn du dich absichtlich in Gefahr begibst.“
„Wieso nicht?“
„Die Götter lassen sich nicht erpressen.“
Tony stand auf.
„Aber es muss doch irgendetwas geben, das ich tun kann!“
Marcia deutete auf den Stuhl, und widerstrebend setzte sich Tony wieder.
Ruhig sagte sie: „Deine Rückkehr wird geschehen, wann immer die Götter es beschließen. Du kannst nichts tun.“
„Aber was, wenn ich noch viele Jahre hier bleiben muss? Zehn, zwanzig Jahre oder … ?“
Für einen Moment bekam er keine Luft mehr. „Oder für immer?“
„Alles ist denkbar. Du musst dich vorerst hier einrichten.“
„Das halte ich nicht aus!“
Sie legte ihre Hand auf seinen Arm.
„Aber du hast doch uns, Tony. Du hast eine Familie. Besonders Flavia hängt sehr an dir.“
„Aber ich habe keine Aufgabe! Ich kann doch nicht jahrelang hier auf dem Gut
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