Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
Vom Netzwerk:
an dem Schmuck aus Glasperlen verkauft wurde. Eine gut gekleidete junge Frau mit hochmütig erhobenem Kopf und aufgetürmten Haaren stand davor. Sie raunzte ihre viel einfacher gekleidete ältere Begleiterin an und schlug sie sogar. Die Begleiterin trug mehrere, schwere Körbe, während die junge Frau einfach nur dastand.
    Ein seltsamer Singsang, den er schon eine ganze Weile wahrgenommen hatte, kam immer näher. Etwa 20 Männer und Frauen bogen aus einer Seitenstraße auf den Platz ein. Tanzend folgten sie einer hölzernen Götterstatue, die von mehreren halbnackten Männern getragen wurde. Dabei sangen sie eine monotone Melodie und schüttelten rhythmisch kleine Schellen. Sie wollten anscheinend zum Tempel am anderen Ende des Platzes.
     
    Tony musste kurz eingenickt sein; der Lärm hatte ihn wieder geweckt. Ochsenkarren, Eselskarren, Reiter, ein Trupp Fußsoldaten, deren genagelte Sohlen die Erde beben ließen, schwatzende Frauen, kreischende Kinder, Lachen, Brüllen, Befehle, das Anpreisen von Waren, und vor dem Tempel jetzt auch noch weißgekleidete Männer, die in seltsame metallene Hörner bliesen. Harpalos jedoch schien die Musik zu gefallen. Er begann mitzujaulen, und einige ihrer Tischnachbarn brachen darüber in Gelächter aus.
    Die Kakophonie tat Tonys Ohren weh. Pressluftbohrer oder Kreissägen hätten nicht nerviger sein können. Doch er würde sich daran gewöhnen müssen.
    Jetzt galt es, eine Unterkunft für die Nacht zu finden. Es war zwar noch mitten am Tag, doch die Suche würde sicher viel Zeit kosten. Und so machte er sich mit Harpalos auf den Weg.
    Die Straßen waren schnurgerade und verliefen im rechten Winkel zu einander. Tony und sein Hund durchkämmten sie systematisch, doch nirgends gab es dunkle Ecken, in denen sie hätten unterkriechen können. Sie kamen an riesigen Villen mit ummauerten Gärten und bewaffneten Pförtnern vorbei, an Mietskasernen, die mehrere Stockwerke hoch waren, an düsteren, hohen Gebäuden, die von außen wie Fabriken oder Gefängnisse aussahen, an öffentlichen Bädern – Tony wunderte sich, wie viele es in Köln gab – Toiletten und Tempeln.
    An jeder zweiten Straßenecke gab es öffentliche Brunnen, an denen Frauen und Kinder Wasser holten. Wenigstens würden sie nicht verdursten. Von Severus‘ Sklaven wusste er, dass das Wasser frisch war. Es kam über ein Aquädukt aus der Eifel.
    Hin und wieder entdeckte Tony an Hauswänden den Hinweis, dass es hier eine Wohnung oder ein Zimmer zu mieten gab. Er ärgerte sich, dass er nicht mehr von Severus’ Münzen gestohlen hatte. Dann hätte er sich wenigstens in der ersten Nacht ein Zimmer nehmen können.
    Jetzt gingen sie eine Straße hinunter, in der beinahe jedes Haus eine Taverne war. Grell geschminkte Frauen standen davor und sprachen vorbeigehende Männer an. Meist hatten sie Glück, und der Mann ging mit ihnen hinein. Hier kam anscheinend nur her, wer bestimmte Absichten hatte. Obwohl er sicher zu jung war, um interessant zu sein, ging Tony schneller und traute sich nicht, den Blick nach oben zu richten. Doch er hatte sich geirrt.
    „Möchtest du, dass ich dich verwöhne?“
    Er blieb wie vom Donner gerührt stehen. Das hohe Stimmchen verschlug ihm einen Moment lang den Atem. Es konnte doch nicht …? Nein. Es war nicht Flavia. Aber ein Mädchen, das eher noch jünger war als sie. Ihr Gesicht war genauso bunt bemalt wie das der anderen Prostituierten.
    „Du bist viel zu jung für so eine Arbeit“, brach es aus Tony heraus.
    Eine Hure, vielleicht vierzehn oder fünfzehn Jahre alt, lachte auf. „Wenn wir dir leid tun, musst du uns kaufen.“
    Ein unglaublich fetter Mann mit einem unangenehmen Gesichtsausdruck kam aus dem Haus. „Was ist los?“, fragte er.
    „Nichts“, sagten die beiden ängstlich wie aus einem Mund.
    „Willst du eines der Mädchen?“, schnauzte er.
    Entsetzt schüttelte Tony den Kopf.
    „Dann hau ab“, brüllte der Mann.
    Harpalos knurrte und setzte zum Sprung an. Tony packte ihn am Halsband und zerrte ihn mit sich. Nur zu gerne hätte er den Mann mit seinen Fäusten bearbeitet, doch der Gedanke, dass die Mädchen dann richtigen Ärger bekommen würden, hielt ihn zurück.
     
    Lange wanderten sie danach einfach nur herum. Hinter der nächsten Ecke erstreckte sich ein riesiger Platz. In einem gewaltigen Halbkreis zog sich eine fast kilometerlange Säulenhalle um einen Tempel. Gegenüber stand ein mehrstöckiges Gebäude, vor dem prächtig gekleidete Soldaten jeden in Augenschein nahmen,

Weitere Kostenlose Bücher