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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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zurück. Neben dem Bündel Mensch ging er in die Hocke.
    Es war ein jüngerer Mann, der zu verdursten schien.
    Tony rannte hinauf, holte die Wasserflasche aus dem Korb und eilte wieder hinunter. Diesmal folgte ihm Harpalos.
    Tony hielt die Flasche an die Lippen des Mannes. Doch der wandte den Kopf ab. Er wollte nicht trinken. Tony zwang ihm das Wasser hinein, und der Mann schluckte reflexartig.
    Nach einer Weile flüsterte er kaum hörbar: „Geh weg, lass mich sterben.“
    „Das kann ich nicht“, sagte Tony. Er untersuchte die Ketten genauer, mit denen der Mann gefesselt war. „Ich werde dich hier herausholen.“
    „Das geht nicht.“
    „Ich werde schon einen Weg finden.“
    „Du kannst mich nicht kaufen. Das würde er niemals zulassen.“
    Tony verstand zuerst nicht. Wieso kaufen? Dann begriff er, und ihm wurde eiskalt. Das Blut, die Ketten. Hier wurden Menschen misshandelt.
    „Was ist das für ein Gebäude?“, fragte er.
    „Es gehört dem Sklavenhändler Perpenna. Er kann jeden Moment mit einer neuen Fracht zurückkommen.“
    Tony hatte bisher nur die Sklaven bei Severus erlebt, die alle gut behandelt wurden. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sie durch einen Ort wie diesen geschleust worden waren.
    „Warum hat man dich hier zurückgelassen?“
    „Ich soll langsam und qualvoll sterben.“
    „Aber warum?“
    „Weil ich mich weigere, ein Sklave zu sein.“
    Tony sah sich die Ketten des Mannes an. „Ich werde dich befreien. Wie werden die Ketten wieder gelöst?“
    „Verstehst du denn nicht? Selbst wenn es dir gelingen sollte, diese Ketten zu entfernen, gäbe es für mich keine Freiheit.“
    „Ich werde mich um dich kümmern.“
    Der Mann schüttelte den Kopf. „Wenn du wirklich etwas für mich tun möchtest, dann töte mich, und zwar schnell.“
    „Das kann ich nicht.“
    „Hör zu. Ich stamme aus dem Norden Afrikas. Sie haben meine ganze Familie gefangen. Meine Frau und meine Kinder konnte ich noch töten, bevor sie uns getrennt haben. Aber als ich mich selbst töten wollte, entrissen sie mir das Messer. Perpenna hat sich einen sehr langsamen Tod für mich ausgedacht. Als Strafe dafür, dass ich seinen Verdienst geschmälert habe. Er hat mich bis nach Germanien mitgeschleppt und dann hier zurückgelassen.“
    Noch einmal sammelte der Mann all seine Kräfte und sprach weiter: „Ich möchte nur noch sterben und endlich wieder bei meiner Familie sein.“
    „Trotzdem kann ich dich nicht einfach töten.“
    „Dann gib mir ein Messer, damit ich es selbst tun kann.“
    Plötzlich knurrte Harpalos. Mit gesträubtem Fell stand er da und horchte. Dann stupste er Tony mit seiner Schnauze und schlich zur Treppe. Ganz entfernt konnte Tony etwas hören.
    Der junge Mann griff nach Tonys Hand.
    „Sie sind zurück. Du musst verschwinden, sonst schicken sie dich in die Bergwerke.“
    Doch Tony war wie gelähmt. Er konnte den Mann doch nicht zurücklassen!
    „Gib mir ein Messer. Bitte! Und geh, sofort!“
    Der Mann verzweifelte fast. Auch Harpalos kam noch einmal und wollte Tony mit sich zerren.
    „Ein Messer, im Namen aller Götter“, flehte der junge Mann.
    Die Geräusche wurden immer lauter. Tony war hin und her gerissen. Schließlich gab er dem Mann seinen Dolch. Doch er schwor sich zurückzukommen.
     
    Der Tross hatte den ummauerten Hof betreten. Als Tony mit Harpalos aus dem Fenster im Erdgeschoss kletterte, hörte er das dumpfe Knirschen von Wagenrädern und das Klirren von Ketten. Dazwischen knallten Peitschen, Menschen stöhnten, Befehle wurden gebrüllt.
    Wieder auf der Straße, setzte Tony seinen Korb auf und marschierte wie betäubt weiter. Am Ende des Gebäudes, kurz vor der nächsten Seitenstraße, sah er es.
    Muskelbepackte Männer mit brutalen Gesichtern peitschten auf eine lange Schlange von Menschen ein, die aneinander gekettet waren. Auch Kinder waren unter ihnen, einige erst acht oder zehn Jahre alt. Sie waren in einem erbärmlichen Zustand. Die meisten hatten Wunden und waren mit Dreck und Kot beschmiert.
     
    Unwillkürlich war Tony stehen geblieben. Außer ihm standen noch einige Soldaten da und taxierten die menschliche Ware. Plötzlich fühlte Tony einen Blick auf sich ruhen. Er sah auf und begegnete den wachen Augen eines gut aussehenden und elegant gekleideten Mannes von etwa 30 Jahren. Er saß auf einem wunderschönen Pferd, keinem dieser Pferdchen, die Tony von den Reitersoldaten kannte. Jetzt sah der Mann zu den armseligen Menschen und ihren Peinigern hinüber. Doch

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