Bassus (German Edition)
wurde die Tür des Behandlungsraums aufgestoßen. Einige Soldaten trugen zwei schwer verletzte Kameraden herein, die sich mit letzter Kraft ins Lager geschleppt hatten.
„Das sind die Kundschafter, die verschollen waren“, erklärte einer der Träger, „Sie sind gefangen gehalten und gefoltert worden.“
Tony hatte schon viele schwere Verletzungen gesehen, aber noch nie so schreckliche Brandwunden. Und er sah, wie viel Selbstbeherrschung es Wackeron und Morvran kostete, den Männern gegenüber Zuversicht zu verbreiten. Bei schweren Brandverletzungen gab es nicht viel, was sie tun konnten. Natürlich strichen sie Salben darauf. Aber wenn die Schmerzen unerträglich waren, gab es nur noch die Möglichkeit, den Patienten Opium zu geben und zu hoffen, dass sie bald sterben würden.
Wie konnten Menschen absichtlich anderen Menschen nur solche Verletzungen zufügen? Vor Schmerzen halb wahnsinnig berichteten die Männer, dass das die Rache für die Strafaktion war. Die Germanen hatten sie wieder freigelassen in dem Wissen, dass sie langsam und qualvoll sterben würden, aber vorher diese Botschaft überbringen konnten.
Sie waren so damit beschäftigt gewesen, den verletzten Kundschaftern zu helfen, dass Tony sich erst beim Abendessen wieder an die Worte des Soldaten erinnerte.
„Was war das eigentlich für eine Strafaktion?“, fragte er Bassus.
Der zögerte. „Reiter unserer Ala haben zusammen mit einer anderen Ala das Dorf von Männern niedergebrannt, die sich einem germanischen Bandenführer angeschlossen haben. Die meisten Bewohner wurden getötet und der Rest an Sklavenhändler verkauft.“
„Doch nicht etwa an Perpenna?“
Bassus schwieg.
Die Übelkeit kam so schnell, dass Tony sich auf den Boden der Wohnküche übergab. Die Krämpfe wollten einfach nicht mehr aufhören. Bassus wollte ihm helfen, doch Tony stieß ihn zurück.
„Ich hasse dich!“, schrie er. „Ich hasse euch alle!“
Während Micon den Boden aufwischte, wartete Bassus ab.
„Wie konntet ihr?“, fragte Tony matt, als sich sein Magen wieder beruhigt hatte.
„Unsere Ala würde nie wieder mit Perpenna zusammenarbeiten, aber der anderen Ala war das egal.“
„Es geht nicht nur um Perpenna. Warum wurden auch die Familien dieser Männer für etwas bestraft, was sie gar nicht getan hatten?“
„Zur Abschreckung. Die Männer waren immerhin ihre Ehemänner, Söhne oder Väter.“
„Dann brauchen wir uns nicht über das zu wundern, was sie unseren Kundschaftern angetan haben.“
„Doch.“ Die Stimme von Bassus klang plötzlich unerbittlich hart.
„Ich verstehe nicht.“
„Eigentlich dürfte inzwischen niemand mehr am Leben sein, der den Frieden zwischen Römern und Germanen gefährden könnte. Aber trotzdem gibt es da jemanden. Und zwar jemanden, der sich völlig im Hintergrund hält und von dort die Fäden zieht. Wenn er noch länger weitermacht, wird unsere Region bald wieder im Chaos versinken.“
Alles in Tony rebellierte dagegen, dieses erbarmungslose Denken zu übernehmen. Trotzdem wollte er Bescheid wissen.
„Kann es nicht einfach sein, dass die Nachbarn dieses Dorfes sich gerächt haben?“
„Das würden sie nie tun. Sie profitieren alle von den guten Beziehungen zu den Römern. Sie waren selbst besorgt, als sie hörten, dass sich mitten unter ihnen ein germanischer Trupp formiert hat, der regelmäßig Römer überfällt. Schließlich ist der Krieg zwischen Römern und Germanen vorbei.“
„Bist du dir da sicher?“
„Ja“, antwortete Bassus trocken. „Ich bin schließlich dauernd in Germania Libera unterwegs und rede mit den Bewohnern der Dörfer. Sie sind uns wohlgesonnen.“
„Sprichst du denn germanisch?“, fragte Tony überrascht.
„Nun, ein bisschen schon. Außerdem ist ja Donatus dabei. Er ist Germane.“
„Donatus ist Germane?“ Das war Tony neu. „Wie kann er da in der römischen Armee dienen?“
„Das tun viele. Zum Beispiel fast alle Söhne der Germanen, die hier in der Siedlung wohnen.“
Die meisten Soldaten, denen Tony in der Ala Noricorum bisher begegnet war, stammten aus weit entfernten Regionen des Imperiums.
„Wie viele Soldaten der Ala sind denn Germanen?“
„Jetzt nur noch ganz wenige, denn die meisten dienen woanders, irgendwo im Imperium. Das ist so, seit es hier in der Gegend vor etlichen Jahren einen großen Aufstand der Germanen gegeben hat und die germanischen Soldaten in römischen Diensten zu den Aufrührern übergelaufen sind.“
„Und warum ist dann Donatus
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