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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eisenmann
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geraten, hat Bassus dich rechtskräftig als seinen Sohn adoptiert.“
    Pudens fügte hinzu: „Römische Bürger können sich in Notsituationen freiwillig in die Sklaverei begeben. Wenn sie jedoch einen Vater haben, muss der seine Zustimmung geben. Sonst ist die Sache nicht gültig. Irgendjemand musste dich daher adoptieren.“
    „Hast du dich denn nie darüber gewundert, dass du Bassus’ Namen trägst, Bassus Tonianus?“, fragte Wackeron.
    Tony schüttelte den Kopf. „Ich dachte, dass es einfach der nächstbeste Namen war, der euch eingefallen ist.“
     
    Schon seit Stunden kämpfte Tony sich über Felder, auf denen eine dicke Decke aus gefrorenem Schnee lag. Sie glitzerte im Licht des Mondes und der Sterne. Tony dachte unwillkürlich an die Vision, die er gehabt hatte, bevor er nach seiner Befreiung aus Perpennas Verlies aus dem Koma erwacht war:
    Wie er auf dem silberglänzenden Meer gewandelt war und sich dabei ganz leicht gefühlt hatte.
    Wie er zum Lager der Ala geschwebt war und sein Krankenzimmer betreten hatte.
    Und wieder sah er den Soldaten mit den breiten Schultern, der vor den Statuen der Götter gekniet hatte, um für seine Genesung zu beten.
    „Bassus“, flüsterte er, „Bassus.“
    Widerstreitende Gefühle tobten in seinem Inneren. Bassus mit dem Wort Vater in Verbindung zu bringen, ging einfach nicht. Selbst jetzt nicht.
    Fabius Pudens und Wackeron hatten ihm noch gesagt, dass ihm jetzt auch Teres gehörte. Die Ala würde ihm das Tier jedoch gegen eine ordentliche Summe abkaufen, damit es wieder einem Reiter zur Verfügung stehen konnte. Tony hatte abgelehnt.
    Außerdem hatten sie ihm mitgeteilt, dass der Praefectus ihm gestattete, mit Micon noch eine Weile in der Wohnung zu bleiben. Bassus hatte die Miete weit im Voraus bezahlt, als hätte er geahnt, dass ihm etwas zustoßen würde.
    Tony würde weiter täglich im Valetudinarium zur Arbeit gehen, und Micon konnte in Ruhe sein neues Leben planen. Später sollte Tony ins Lager ziehen. Und nach dem Ende seiner Ausbildung würde er entscheiden können, ob er sich für 25 Jahre als Feldarzt verpflichtete oder ob er außerhalb der Armee als freier Arzt praktizieren wollte.
    Tony sank auf die Knie. Bassus hatte dafür gesorgt, dass niemand ihn zu einem Leben zwingen konnte, das er nicht wollte. Diese Einstellung war für einen Mann der Römerzeit ungewöhnlich. So viel wusste Tony inzwischen.
    Mit den Fäusten schlug er auf den harten Schnee. Die dicken Handschuhe, die er trug, waren die letzten Kleidungsstücke, die Bassus ihm gekauft hatte. Eine halbe Ewigkeit waren sie auf dem Markt von Novaesium herumgelaufen, bis Bassus keltische Handschuhe gefunden hatte, die seiner Meinung nach warm genug waren.
    „Dein Vater hat dir die schönsten Handschuhe ausgesucht, die es weit und breit gibt“, hatte eine fremde Frau laut zu Tony gesagt.
    Stumm hatte Bassus bezahlt. Und auch Tony hatte geschwiegen, denn er hatte geglaubt, dass Bassus die Bemerkung der Frau genauso peinlich war wie ihm.
    Tony redete sich ein, dass Bassus ihn nur aus Pflichtgefühl so umsorgt hatte. Doch er wurde von Erinnerungen überwältigt, die etwas ganz anderes sagten. Bassus war zwar immer etwas distanziert mit ihm umgegangen, aber was er konkret vermittelt hatte, waren Dinge gewesen wie: „Damit du nicht krank wirst… damit du nicht frierst… damit du nicht hungrig herumlaufen musst… damit du nicht allein bist… damit du keine Angst bekommst…“
    Die Erkenntnis war wie ein Messer mitten ins Herz: Bassus war der erste Mensch gewesen, der ganz selbstverständlich das für ihn getan hatte, was Eltern normalerweise für ein Kind tun.
    Und er hatte das nicht einmal gemerkt!
    Immer noch auf den Knien, krümmte er sich zusammen. Er beugte sich so tief nach vorn, dass er mit seiner Stirn den Schnee berührte. Aber er fühlte die Kälte nicht, denn er trug seine dicke Wollmütze. Er hatte Dutzende von den Dingern anprobieren müssen, bis Bassus zufrieden gewesen war. Er hatte die Mütze sogar selbst kurz aufgesetzt, um sich davon zu überzeugen, dass sie nicht kratzte. Sie war so warm und perfekt, dass Tony danach nie mehr über sie nachgedacht hatte.
    Er stöhnte auf. Immer hatte er Bassus’ Fürsorge als lästig empfunden. Und nie hatte er sich wirklich für ihn interessiert. Ihn nie kennen gelernt.
    Und jetzt war Bassus tot.
     
    Als Tony in die Wohnung zurückkehrte, war Micon noch wach und betete vor dem Hausheiligtum.
    „Herr…“, sprach er ihn besorgt an.
    Tony hob

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