Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
was los ist? Offenbar stehe ich unter Hausarrest, und zwar aus Gründen, die mir noch niemand zu erklären für nötig gehalten hat.«
    »Das FBI.« Da verrät Anne mir nichts Neues. Sie geht zu der Wand, wo neben Reihen von Plastikhalterungen für Formularvordrucke und Diagramme Klemmbretter an Haken hängen. »Mindestens zwei Beamte auf dem Parkplatz und einer, der uns gefolgt ist. Jedenfalls hat uns jemand beschattet. « Sie sucht die benötigten Papiere zusammen und nimmt ein Klemmbrett, nachdem sie sich vergewissert hat, dass der mit einer Kordel daran befestigte Kugelschreiber auch funktioniert. »Ein Detective oder Agent, keine Ahnung, ist uns zum Krankenhaus nachgefahren. Offenbar hat derjenige vor unserer Ankunft den Wachdienst verständigt.« Sie kehrt zum
Tisch zurück. »Als wir am Labor eintrafen, wurden wir nämlich schon von drei Wachleuten des McLean erwartet. Wahrscheinlich hatten sie seit Jahren nicht mehr so viel Aufregung gehabt. Und dazu noch der große Unbekannte in einem SUV. Übrigens ein dunkelblauer Ford Explorer oder Expedition.«
    Vielleicht das Auto, in dem Benton gerade aufgebrochen ist. »Ist diese Person ausgestiegen?«, frage ich Anne. »Vermutlich haben Sie nicht mit ihr gesprochen.« Ich schlage weiches Gewebe zurück. Der Mann ist so mager, dass es sich unter einer hauchdünnen gelben Fettschicht dunkelrot verfärbt.
    »Ob Mann oder Frau, war schwer festzustellen. Ich konnte ja schlecht hinmarschieren und reinschauen. Der Agent saß noch im Wagen, als wir abfuhren, und ist uns zurück hierher gefolgt.«
    Sie nimmt die Rippenschere vom Instrumentenwagen und hilft mir, den Brustkorb zu öffnen, so dass die Organe und eine kräftige Blutung in Sicht kommen. Der Geruch nach Zellen, die allmählich anfangen, sich zu zersetzen, steigt mir in die Nase. Es ist die Vorahnung dessen, was sicher bald widerwärtig stinken wird. Die Gerüche, die ein verwesender menschlicher Körper absondert, sind nämlich ganz besonders unangenehm und ganz anders als die eines Vogels, eines Opossums oder des größten Säugetiers, das wir uns vorstellen können. Im Tod unterscheiden wir uns von den übrigen Geschöpfen ebenso wie im Leben. Den Geruch von faulendem Menschenfleisch würde ich überall erkennen.
    »Wie wollen Sie vorgehen? En bloc? Und die Metallteile sehen wir uns an, wenn wir die Organe auf dem Sezierbrett haben?«
    »Ich glaube, wir müssen jeden Schritt Zentimeter um Zentimeter aufeinander abstimmen und alles nach den Aufnahmen ausrichten, so gut es möglich ist. Ich bin nämlich nicht sicher, ob ich diese ferromagnetischen Fremdkörper
ohne Lupe überhaupt erkennen kann.« Ich wische mir die blutigen Handschuhe an einem Handtuch ab und trete näher an den Videoschirm, den Anne in Quadranten aufgeteilt hat, damit ich mir verschiedene MRI-Aufnahmen gleichzeitig anschauen kann.
    »Sie haben sich verteilt wie Schießpulver«, merkt sie an. »Auch wenn wir die eigentlichen Metallteilchen nicht sehen können, weil sie das Signal blockieren.«
    »Richtig. Am Anfang befinden sich mehr Ausblühungen und Lücken als am Ende. Die meisten haben wir an der Eintrittswunde. « Mit dem blutigen Finger zeige ich auf den Bildschirm.
    »Allerdings gibt es keine Rückstände an der Oberfläche«, stellt sie fest. »Und das ist der Unterschied zu einem aufgesetzten Schuss.«
    »Von einem aufgesetzten Schuss kann hier gar nicht die Rede sein«, entgegne ich.
    »Was das auch immer für ein Zeug sein mag, jedenfalls beginnt es hier.« Sie weist auf die Eintrittswunde unten am Rücken. »Allerdings nicht an der Oberfläche, sondern direkt darunter. Etwa einen Zentimeter tiefer, was wirklich seltsam ist. Ich habe dafür beim besten Willen keine Erklärung. Wenn der Täter ihm eine Waffe an den Rücken gehalten und abgedrückt hätte, wären an Kleidung und Eintrittswunde Schmauchspuren zu erkennen – und nicht erst einen Zentimeter darunter.«
    »Ich habe mir vorhin seine Sachen angeschaut.«
    »Keine Brandflecken, kein Ruß, nicht die geringsten Schmauchspuren«, stellt sie fest.
    »Zumindest nicht auf den ersten Blick«, verbessere ich sie. Denn dass man keine Schmauchspuren sieht, bedeutet nicht, dass keine vorhanden sind.
    »Genau. Nichts Offensichtliches.«

    »Was ist mit Morrow? Wie ich annehme, ist er gestern nicht runtergekommen, als Marino der Leiche im ID-Raum die Fingerabdrücke abgenommen und die persönliche Habe sichergestellt hat. Vermutlich hat auch niemand Morrow gebeten, die Kleidung sorgfältig

Weitere Kostenlose Bücher