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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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letzter Zeit habe ich ihre Anrufe nur immer wieder zu Jack durchgestellt, obwohl sie eigentlich Sie sprechen wollte.«
    »Immer wieder?«
    »Das sollte er Ihnen selbst erzählen. Ich kenne keine Einzelheiten«, erwidert Bryce, obwohl es sonst gar nicht seine Art ist, mir gegenüber ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Aber plötzlich hält er sich zurück.
    »Hat er die Anrufe angenommen?«
    »Das war am … lassen Sie mich nachdenken …« Bryce hat die Angewohnheit, zur Kuppel hinaufzuschauen, als läge dort die Antwort auf alle Fragen. Außerdem ist es seine Lieblingsmethode, um Zeit zu schinden. »Am letzten Donnerstag.«
    »Und Sie haben auch mit ihr geredet, bevor Sie sie mit Jack verbunden haben?«
    »Ich habe hauptsächlich zugehört.«
    »Wie hat sie sich verhalten, und was hat sie gesagt?«
    »Sie war sehr höflich und klang wie die gebildete Frau aus der Oberschicht, die sie, soweit ich weiß, auch ist. Schließlich kann man über die Familie Donahue und Johnny Hinckley Jr. jede Menge lesen. Inzwischen ist er beinahe so bekannt … Und als er sah, was er getan hatte, steckte er seine bewährte Nagelpistole zurück ins Halfter  … Aber wahrscheinlich lesen Sie diesen Mist auf den Skandal-Sites wie Morbidia Trivia, Wickedpedia, Cryptnotes und so weiter nicht. Ich muss das, es gehört zu meinem Job, damit ich auch weiß, welche Gerüchte
im sensationslüsternen und sündigen Cyberland verbreitet werden.«
    Er ist wieder mit sich im Reinen. Nur wenn ich ihn nach Fielding ausfrage, wird ihm unbehaglich.
    »Mom war in einem früheren Leben eine beinahe bekannte Konzertpianistin und hat in einem Symphonieorchester gespielt. Ich glaube, in San Francisco«, fährt Bryce fort. »Bei Twitter habe ich zufällig aufgeschnappt, dass sie von Yundi Li unterrichtet wurde, aber ich bezweifle, dass Li Klavierstunden gibt. Außerdem ist er erst achtundzwanzig, weshalb es nicht stimmen kann. Natürlich ist sie außer sich, was man sich auch gut vorstellen kann. Angeblich soll ihr Sohn eine Intelligenzbestie sein und über merkwürdige Fähigkeiten verfügen. Zum Beispiel kann er Reifenprofile voneinander unterscheiden. Der Detective aus Salem, St. Hilaire, der ganz und gar kein Spaßvogel ist, obwohl sein Name so viel wie Heiterkeit bedeutet, aber Sie kennen ihn ja noch nicht, hat das gesagt. Offenbar kann sich Johnny Donahue einen Reifenabdruck auf einem ungeteerten Parkplatz anschauen und meint dann: Das ist ein Bridgestone Battle Wing, der Vorderreifen eines Motorrads. Das habe ich gerade nur erfunden, denn Ethan hat eine von diesen BMW. Mir wäre es lieber, wenn er nicht so daran hängen würde, denn für mich sind Motorradfahrer zukünftige Organspender. Anscheinend kann Johnny auch Rechenaufgaben im Kopf lösen, und damit meine ich nicht, wie viel man für ein Sixpack Budweiser hinblättern muss, wenn eine Dose neunzig Cent kostet. Eher so in Richtung Einstein. Zum Beispiel: Wie lautet die Quadratwurzel aus neun mal einhundertunddrei oder so. Aber das ist Ihnen vermutlich bekannt. Sicher haben Sie den Fall verfolgt.«
    »Was genau wollte sie mit mir besprechen? Hat sie das erwähnt? « Ich kenne Bryce. Er würde nie jemanden wie Erica Donahue einfach weiterverbinden, ohne sie reden zu lassen,
bis ihr entweder die Worte oder die Geduld ausgehen. Dazu ist er viel zu neugierig, und sein unermüdlicher Verstand ist eine Gerüchteküche.
    »Nun, natürlich, dass er es nicht war. Und wenn sich jemand wirklich die Tatsachen anschauen würde, ohne sich bereits ein Urteil gebildet zu haben, würde er die logischen Widersprüche erkennen«, erwidert Bryce und pustet in seinen Kaffee, ohne mich anzuschauen.
    »Welche Widersprüche genau?«
    »Sie sagte, sie habe am Tag des Mordes gegen neun Uhr morgens mit ihm gesprochen, bevor er in das Café in Cambridge gleich um die Ecke von Ihnen gegangen sei, das inzwischen so berühmt ist«, antwortet Bryce. »Das Bisquit. Mittlerweile stehen die Leute Schlange bis auf die Straße hinaus. Es geht doch nichts über einen Mord, um die Werbetrommel zu rühren. Jedenfalls fühlte er sich laut Mom an diesem Tag nicht wohl. Er leidet an irgendwelchen scheußlichen Allergien und beklagte sich, seine Tabletten, Spritzen oder was auch immer wirkten nicht mehr richtig. Also hat er die Dosis kräftig erhöht und fühlte sich elend , wie sie es ausdrückte. Vermutlich wollte sie darauf hinaus, dass jemand, dem die Augen jucken und die Nase läuft, keinen Mord begehen würde. Ich wollte ihr nicht

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