Bastard
toten Mannes bekannt, da Wild Bill Hickok der Legende nach diese Karten hielt, als ihn die Kugel traf.
»Es war wie die Nadel im Hauhaufen«, fährt sie fort. »Der Flybot ist vermutlich halb so groß wie eine kleine Büroklammer. Na, eben vergleichbar mit einer Stubenfliege. Also kein Glück.«
»Weil du einen Flügel gefunden hast, heißt das noch lange nicht, dass das ganze Ding je dort draußen rumgelegen hat«, wende ich ein, als sie den Kaffee vor mich hinstellt.
»Falls doch, ist er beschädigt.« Lucy lässt sich wieder auf ihren Stuhl nieder. »Während wir hier reden, wird er vom Schnee begraben, und außerdem fehlt ihm ein Flügel. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach lebt er noch, wenn er dem Licht ausgesetzt wird, vorausgesetzt, dass er nicht noch mehr abgekriegt hat.«
»Er lebt noch?«
»Nicht im eigentlichen Sinne des Wortes. Eher angetrieben von winzigen Solarzellen anstelle eines Akkus, der inzwischen leer wäre. Ein Lichtstrahl trifft auf ihn und – abrakadabra. Das ist die Zukunft. Und unser kleiner Freund, wo immer er auch sein mag, ist ein futuristisches Miniatur-Meisterwerk der Technik.«
»Was macht dich so sicher, obwohl du den Großteil davon nicht aufspüren konntest und nur diesen einen Flügel kennst?«
»Keinen x-beliebigen Flügel. Der Winkel und die beweglichen Gelenke sind genial und weisen für mich auf eine andere Flughaltung hin. Also nicht mehr wie ein Engel, sondern horizontal wie ein echtes Insekt. Was auch immer dieses Ding ist und wozu es dienen mag, wir sprechen hier über eine ultramoderne
Erfindung, etwas, das ich noch nie gesehen habe. Es existieren keine Veröffentlichungen darüber, denn ich habe fast jede technische Fachzeitschrift online abonniert. Außerdem habe ich erfolglos eine Suchanfrage gestartet. Es deutet alles in die Richtung, dass wir es mit einem streng geheimen Projekt zu tun haben. Hoffentlich liegt der Rest irgendwo da draußen gut versteckt unter dem Schnee.«
»Aber was wollte das Ding in Norton’s Woods?« Ich stelle mir die schwarz behandschuhte Hand vor, die ins Bild der versteckten Kamera ragt, als schlüge der Mann nach etwas.
»Richtig. Hatte er es bei sich? Oder ein anderer?« Lucy pustet auf ihren Kaffee und umfasst die Tasse mit beiden Händen.
»Und ist jemand hinter dem Roboter her? Könnte dieser Jemand glauben, dass er hier ist oder dass wir wissen, wo er sich befindet?«, frage ich noch einmal. »Hat jemand dir gegenüber das Verschwinden der Handschuhe erwähnt? Hast du welche bemerkt, als du unten warst, während Marino dem Toten die Fingerabdrücke abgenommen hat? Offenbar hat das Opfer beim Betreten des Parks ein Paar schwarze Handschuhe angezogen, was ich beim Anschauen des Videos merkwürdig fand. Ich nehme an, dass der Mann mit Handschuhen gestorben ist. Also, wo sind sie?«
»Das ist interessant«, meint Lucy. Ich kann nicht feststellen, ob sie bereits von den fehlenden Handschuhen wusste.
Auch nicht, was sie überhaupt weiß und ob sie lügt.
»Als ich gestern Vormittag im Wald herumlief, habe ich sie nicht gesehen«, sagt sie. »Und ein Paar schwarze Handschuhe, das die Sanitäter, der Transportdienst oder die Polizei versehentlich liegengelassen haben, wäre mir sicher aufgefallen. Allerdings könnten sie trotzdem vergessen und von irgendjemandem eingesteckt worden sein.«
»Im Video kommt ein Mensch in einem langen schwarzen
Mantel vorbei, und zwar unmittelbar nachdem der Mann gestürzt ist. Könnte der Täter sich möglicherweise die Zeit genommen haben, ihm die Handschuhe auszuziehen?«
»Meinst du, es waren Datenhandschuhe, Smarthandschuhe, wie man sie im Krieg benutzt? Ausgestattet mit darin eingelassenen Sensoren, also am Körper tragbare Computersysteme und Robotertechnik?«, erwidert Lucy, als ob das bei verschwundenen Handschuhen eine ganz alltägliche Annahme wäre.
»Ich frage mich nur, was an seinen Handschuhen so wichtig gewesen sein könnte, dass jemand sie eingesteckt hat, falls es so geschehen ist«, antworte ich.
»Falls sie über Sensoren verfügen, mit denen er den Flybot gelenkt hat, vorausgesetzt, es war seiner, wären die Handschuhe enorm wichtig«, entgegnet Lucy.
»Und du hast dich bei Marino nicht nach den Handschuhen erkundigt? Du hast Handschuhe und Kleidung nicht auf eingelassene Sensoren überprüft?«
»Wenn ich die Handschuhe gehabt hätte, wären meine Chancen viel größer gewesen, den Flybot in Norton’s Woods zu finden«, meint Lucy. »Aber ich habe sie nicht und weiß
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