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Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Titel: Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabina Schneider
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Schreie seines Bruders. Die Hilfeschreie, als sie ihn am Morgen holten. Ihn vor aller Augen wegzerrten und an den schrecklichsten Ort brachten, der existierte. Halif hatte gehört wie sie darüber gesprochen hatten. Nur der Klang des Namens jagte ihm kalte Schauder über den Rücken: Sorifly. Erst später erfuhr er, welch Grauen sich hinter diesem Namen wirklich verbarg.
    Halif hielt sich die Ohren zu, um den Schreien zu entkommen. Doch sie hallten in seinem Kopf wider, lange nachdem die Sonne bereits hoch am Himmel stand und alle ihrem Alltag nachgingen, als wäre nichts passiert. Aber es war etwas passiert. Sie hatten seinen Bruder geholt und bald würden sie ihn holen. Als er aufstand und die Tür von dem Zimmer öffnen wollte, in das man ihn die Nacht zuvor gebracht hatte, stellte er mit Erleichterung fest, dass sie verschlossen war. Man hatte ihn aus dem Stall geholt, in dem er sonst mit seinen zwei Brüdern schlief, und in einen Raum mit einem richtigen Bett gebracht. Er hatte sogar einen Nachtisch bekommen und war glücklich eingeschlafen. War es endlich vorbei? Die Prügel, das Gelächter und Geflüster? Würde es endlich so werden, wie es ihm seine Mutter versprochen hatte?
    Sie hatte gesagt, es würde ihm hier besser gehen. Man würde sich um ihn kümmern, ihn beschützen und liebevoll behandeln. Sie hatte es lächelnd mit Tränen in den Augen gesagt. Augen noch gerötet von der Nacht. Er hatte sie leise schluchzend gehört, die ganze Nacht. Männer in Rüstungen waren gekommen. Sie hatten einen Brief dabei mit einem wichtig aussehenden Siegel. Seine Mutter hatte ihn in den Raum unter dem Tisch geschickt, wie immer, wenn Menschen kamen. Außer seiner Mutter hatte er mit seinen vier Jahren nie eine andere Menschenseele zu Gesicht bekommen. Durch einen kleinen Schlitz konnte er seine Mutter sehen und das Glänzen der Rüstungen. Die Männer sprachen und zeigten immer wieder ins Haus. Seine Mutter schüttelte den Kopf, immer und immer wieder.
    Dann stieß man sie um. Ein Mann mit Augenklappe, der ganz in Schwarz gekleidet war, stellte den Stuhl über Halifs Versteck beiseite und hob das Brett hoch. Der kleine Junge schaute den einäugigen Mann mit großen Augen an. Der Mann griff nach seiner Tunika und zog ihn aus dem Loch. Seine Mutter warf sich auf den Schwarzgekleideten, legte ihre beiden Arme um seinen Hals und flüstere ihm etwas ins Ohr. Er schubste sie weg und sie fiel mit ihrem kleinen Sohn im Arm zu Boden. Mit einem seltsamen Gesichtsausdruck sagte der Mann, sie hätte eine Nacht Zeit sich von ihm zu verabschieden. In den bernsteinfarbenen Augen zeigte sich Dankbarkeit, gemischt mit Hass und Angst. Sie schloss ihren kleinen Jungen in die Arme und drückte ihn fest an sich. Halif schaute sich verwirrt um. Große bernsteinfarbene Augen in einem kleinen rundlichen Gesicht folgten den Männern in Rüstungen, als sie das Haus verließen. Dann waren die Soldaten weg. Aber Halif hatte das Gefühl, dass sie wiederkommen würden.
    In dieser Nacht hatte seine Mutter ihm von einem schönen Ort erzählt. An diesen Ort würden ihn die Männer bringen, sagte sie lächelnd mit weinenden Augen. Dann flüsterte sie seinen Namen und sagte, er dürfe niemanden diesen Namen verraten. Es wäre ein Geheimnis zwischen ihr und ihm. Danach schlief sie leise schluchzend ein. Sie drückte ihn so fest an sich, dass er keine Luft bekam. Aber es macht ihm nichts aus. Er hatte Angst. Halif wollte nicht mit diesen Männern gehen. Er wollte hier bleiben. Halif hatte immer wieder darum gebettelt, bei ihr bleiben zu dürfen. Doch als seine Mutter immer heftiger weinte, hörte er auf. Er würde alles tun, damit die schönen Augen seiner Mutter nicht mehr rot waren. Also ging er mit den Männern mit. All die Schätze, die sie ihm an dem neuen Ort versprochen hatte, hätte er getauscht, wenn er nur bei ihr hätte bleiben dürfen.
    Aber er wusste es besser. Man brachte ihn zu einem überdimensionalen Steinhaus. Es hatte viele Zimmer, Türme und Wände ohne Dächer, die sich um ein riesiges Gebäude wandten, das umgeben war von vielen kleinen Häusern. Alles war aus Stein, nicht aus Holz, wie das Haus, in dem er mit seiner Mutter gelebt hatte. Alles war aus kaltem Stein. Man brachte ihn zu großen Tieren, die man Pferde nannte, wie er später lernte. Dort waren zwei Jungen, etwas größer und älter als er. Einer von ihnen blickte ihn finster an. Beäugte ihn argwöhnisch. Der andere reichte ihm die Hand und strich ihm übers Haar. Halif

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