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BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

Titel: BASTET (Katzendämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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deren Oberfläche sie sich in angeschnittene Kreise und Ellipsen verwandelten; die darunter liegenden, tiefschwarzen Halbmonde verrieten die üppige Fülle ihres Busens.
    »Thomas?« Ihr Mund hatte sich kaum bewegt. Die Lichtstreifen wanderten keinen Millimeter auf ihrer Haut.
    »Ja?«
    Obwohl ich mich bemüht hatte, leise zu sprechen, dröhnte meine Antwort unangemessen laut in meinen Ohren. Zudem war da wieder ein beginnendes Krächzen in meiner Stimme. Zu gern hätte ich jetzt einen Schluck Wasser gehabt. Die Frau war bei weitem nicht die erste, die ich hüllenlos aus nächster Nähe bewundern durfte; beruflich aber auch privat hatte es dutzende gegeben. Und ebenso sicher waren diese Frauen auch äußerst attraktiv gewesen; man lernt in meinem Geschäft halt selten andere kennen. (Phil zog mich immer damit auf, dass dies wohl der einzige Grund für mich gewesen sei, Fotograf zu werden.) Und doch war dies hier eine völlig neue Erfahrung. In ihrer Nähe war nichts, wie es zu sein schien. Jede Handlung, jedes Wort erhielten eine grundlegend neue Qualität.
    Die Situation verlangte einfach nach Schweigen oder ehrfürchtigem Flüstern, sie war – ohne blasphemisch klingen zu wollen – heilig. ›Heilig‹ in dem Sinn, dass nichts, was wir beide hier taten, vordergründig oder oberflächlich war, dass selbst jede noch so kleine Geste einem unbekannten, festen Ritus entsprach, dass allem ein tiefer, fast schon religiöser Sinn innewohnte; ein Sinn, den zu ergründen Menschen nicht befähigt waren. Natascha war die Hohepriesterin und ich ihr Novize.
    »Thomas, ich möchte dich kennenlernen.«
    Die Stimme hatte ein noch dunkleres Timbre angenommen.
    »Ich weiß.«
    »Kennst Du die Bibel?«
    Ich schluckte. »Die Bibel? Also … natürlich … einige wichtige Teile … nicht alles.«
    Wenn nicht eine Hohepriesterin, wer dann war dazu ausersehen, über Religion zu sprechen? Dennoch verwirrte mich ihre Frage zutiefst; vorausgesetzt eine Steigerung war überhaupt noch möglich.
    »Ich möchte dich im biblischen Sinn kennenlernen, Thomas. Dich erkennen. Es bezeichnet die Sache wesentlich treffender, als es die leeren Worthülsen unserer Tage vermögen, findest du nicht?«
    Ich brachte nicht mehr als ein stummes Nicken zustande. Auch ohne die Textstelle jemals gelesen zu haben, war mir überdeutlich, wovon sie sprach. Langsam kam sie auf mich zu, ihre Erscheinung bald kaum mehr als ein vager Scherenschnitt.
    »Worauf wartest du noch?«, fragte sie mit feierlichem Ernst. Zögernd öffnete ich den obersten Knopf meines Hemdkragens und zog am Knoten der Krawatte. Ich ging dabei äußerst behutsam zu Werke, so wie es vielleicht ein Schauspieler tat, der sich zum Erlernen einer Rolle bei alltäglichen Verrichtungen wie beim Zähneputzen oder beim Essen eines Apfels genauestens studierte. Jede noch so unwichtig erscheinende Bewegung musste erkannt und jederzeit wieder abgerufen werden können. Ich wollte jedes winzige Zucken eines Muskels bewusst erleben, es genießen.
    Der Ritus des gegenseitigen ›Sich Erkennens‹ sah allerdings einen ganz anderen Ablauf vor.
    Mit einem unterdrückten heiseren Schrei flog mir plötzlich ihr Schatten entgegen. Noch ehe ich die Krawatte vom Hals hatte lösen können, begrub Nataschas nackter, heißer Körper mich unter sich. Tief versank ich in der Matratze. Ich wollte schreien – aus Überraschung oder aus Angst – aber kein Laut ließ sich formen. Der unerwartete Angriff hatte jedes Quäntchen Luft aus meinen Lungen gepresst. In leichter Panik begann ich unkontrolliert zu strampeln. Der alptraumhafte Druck auf meiner Brust blieb auch weiterhin bestehen. Rittlings hockte die Hohepriesterin wie ein Sukkubus auf mir; ihre Schenkel wie stählerne Klammern fest an mich gepresst. Durch den Schleier ihrer nun offen fallenden Haare, die wie seidene Tücher mein Gesicht bedeckten, war mir jede Sicht genommen. Meine Ohren waren dafür umso wachsamer. In das Dröhnen meines Herzens mischte sich jetzt ein kurzes, heftiges Atmen. Meine Bezwingerin hechelte wie ein Hund, besser wie eine Hündin. Ich meinte, ihre plötzliche Erregung sogar riechen zu können. Der Schweiß, der ihrer Haut entströmte, besaß einen schweren, betäubenden Geruch.
    Ihre Arme hielten meine Schultern nur für Sekunden umklammert, dann schnellten sie vor und ergriffen die Krawatte. Einen Moment lang hatte ich die wahnwitzige Befürchtung, von ihr erdrosselt zu werden, als Opfer für einen finsteren, blutrünstigen Gott. Sie

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