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BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

Titel: BASTET (Katzendämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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wahrnahm.
    »Aha, der Herr spioniert hinter meinem Rücken«, sagte sie gespielt vorwurfsvoll. Natascha war scheinbar aus ihrem Schönheitsschlaf erwacht; vielleicht aber hatte sie auch keine Lust mehr dazu gehabt, mich bewegungslos wie eine Leiche anzustarren. Mit einer Geste, die nur den wenigsten Frauen natürlich und unaffektiert gelang, strich sie sich das strähnige, schweißverklebte Haar aus dem Gesicht. Langsam richtete sie sich auf und lehnte sich gegen die Wand. Alles eine einzige, geschmeidige Bewegung. Die Warzen ihrer Brüste waren so steif und fest, als habe sie sie gerade erst mit einem Eiswürfel gestreichelt.
    »Sind das hier alles Dinge, die aus dem Nachlass deiner Familie stammen?«, fragte ich, die eindeutigen Signale ihres Körpers nicht beachtend.
    »Nur teilweise, weißt du. Einige Stücke. Den größten Teil habe ich aber selbst zusammengetragen.«
    Wieder überblickte ich staunend den Umfang ihrer Sammlung. Langsam fing ich an, ihr Verhalten im Zoo zu verstehen.
    »An Katzen musst du wirklich einen Narren gefressen haben«, stellte ich fest. Natascha gähnte, während sie mit drei Fingern aufreizend ihren Bauchnabel umfuhr, kleine, langsame Kreise, bis hinab zum dunklen Dreieck ihres Schoßes. Es kostete mich einige Überwindung, nicht sogleich wieder meinen Kopf darin zu vergraben; instinktiv spürte ich, dass diese Sammlung mehr war, als eine bloße Anhäufung tönerner Skulpturen, sie war ein Teil des unergründlichen Schwarz in Nataschas Augen, vielleicht sogar ein Schlüssel.
    »Es ist nichts Besonderes«, meinte sie abwertend. »Andere sammeln Briefmarken und ich eben Katzen. Ich mag diese Tiere halt, das ist alles.«
    Es war viel mehr als das. Beharrlich forschte ich weiter.
    »Auf eine bestimmte Weise ähneln sich die Figuren«, sagte ich in den Raum, »keine von ihnen ist schwarz oder gelb lackiert. Nirgendwo sehe ich eine Katze, die einen Aschenbecher oder einen Kerzenständer formt. Kein Nippes. Auch ohne Archäologe zu sein, schätze ich die Stücke hier auf ein enormes Alter. Liege ich da richtig?«
    »Ja, obwohl …« Sie zögerte. Sie musste sich regelrecht dazu durchringen, etwas von ihrer unantastbaren Privatsphäre preiszugeben. »Die wenigsten der Teile sind Originale, hauptsächlich Nachbildungen. Stücke aus der Zeit sind selten und meist unbezahlbar.«
    »Aus welcher Zeit?«
    »Nun, der größte Teil stammt aus der Epoche von 900 bis 400 vor Christus, es sind aber auch ältere Stücke darunter.«
    Mein Zeitgefühl geriet völlig durcheinander; einige Tage zuvor hatte mir ein Freund einen 1977er Amontillado als ›älteren Tropfen‹ verkauft. Ich musste lachen.
    »Auch noch ältere, ahhh…ja«, schmunzelte ich. »Warum sammelst du aber nicht auch Stücke aus unserer Zeit, meinetwegen von Moore oder Rodin? Sind die moderneren Kunstauffassungen nicht nach deinem Geschmack?«
    Sie zog die Beine zu sich heran und umschlang sie mit den Armen; ihre typische Haltung. Sie drückte eine Mischung aus Unverständnis und mitleidigem Bedauern aus. »Du weißt, welches Blut durch meine Adern fließt«, begann sie. »Ich kann und will meine Herkunft nicht verleugnen. Von der Seite meines Vaters habe ich den Hang zur Vergangenheit geerbt, von der Seite meiner Mutter den zu Ägypten. Meine Liebe zu den Katzen ist wohl das Element, mit dem ich beiden Seiten gerecht werde.«
    »Ich verstehe nicht ganz«, lockte ich sie aus der Reserve.
    Wieder dieser mitleidige Blick, diesmal lächelte sie aber dabei. »Du musst wissen, Thomas, dass die Katze in der langen Geschichte Ägyptens eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat.«
    Nataschas durchdringender Blick rief mir in Erinnerung, dass ich noch immer splitterfasernackt durch die Wohnung spazierte. In einem Anflug von Scham wandte ich mich halb ab und benutzte die Statue als Feigenblatt. Nataschas Grinsen wurde breiter.
    »Erzähl weiter!«, forderte ich sie auf.
    Endlich löste sich ihr Blick von meinem Körper und verlor sich irgendwo zwischen Fenster und Universum. »Vor dreitausend Jahren ging es den Katzen besser als heute«, seufzte sie. »Besonders in Ägypten. Sie waren dort heilige Tiere. So wie die Kühe in Indien, verstehst du?« Ich nickte stumm. »Zur Zeit der 22. und 23. Dynastie erreichte die Verehrung der Katze ihren Höhepunkt«, dozierte sie weiter. »Das Töten einer Katze, auch unabsichtlich, galt als todeswürdiges Verbrechen. So weiß man aus den Schriften des Diodor, dass in jenen Tagen ein Römer, der eine Katze

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