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BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

BASTET (Katzendämmerung) (German Edition)

Titel: BASTET (Katzendämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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gewesen; das Bild der anderen Frau, der anderen Natascha. Entgeistert blickte ich sie an; diese Frau besaß derart viele Gesichter, dass mir die Hoffnung schwand, sie jemals alle zu kennen. Weitaus beunruhigender war allerdings die Schnelligkeit, mit der sich die Wandlungen bei ihr vollzogen.
    »Du machst ein Gesicht, als hättest du etwas gegen derartige Komplimente«, schmunzelte sie. »Glaubst du etwa, nur euch Männern sind solche Bemerkungen erlaubt?«
    »Wie? Ja, könnte sein.« Ich wusste kaum, was sie mich gefragt hatte. Momentan fehlte mir die Geduld, mich auf ein Gespräch dieser Art einzulassen. Ständig musste ich an ihr bleiches, verkniffenes Gesicht denken und an den Auslöser dafür.
    »Was soll das heißen, könnte sein ?«
    Anstatt ihr zu antworten, ging ich zurück zum Regal und deutete auf die schlanke Tonfigur; ich achtete sorgfältig darauf, sie dieses Mal nicht zu berühren. »Was ist das hier für ein komisches Ding, etwas Ähnliches wie diese griechischen Zentauren?«
    Falls die Figur auch jetzt noch Macht auf sie ausübte, so verstand Natascha es jedenfalls gekonnt, dies zu verbergen. Ihre Stimme hob sich nur um eine Winzigkeit an.
    »Das dort ist eine Darstellung der Bast.«
    »Bast?«
    »Ja, Bast oder Bastet. Sie ist eine Göttin und hat nichts eigentlich Menschliches wie die Zentauren. Die ältesten Götter in Ägypten waren nämlich Tiere; erst in späteren Epochen erhielten sie menschenähnliche Körper.«
    »Aha«, nickte ich, »dann hat doch diese Göttin sicher etwas mit der Sonderstellung der Katze zu tun, von der du mir erzähltest.«
    Natascha erhob sich und streckte sich stöhnend. Eher schnurrend. Während sie sich die Haare mit einem weißen Band hochsteckte, tasteten meine Augen ihren makellosen Körper ab. Ich kannte jedes Haar, jeden Leberfleck, jede Pore ihrer Haut, und doch war es immer wieder neu und erregend. Es gab Anblicke, an denen man sich nie sattsehen konnte. Meine schöne Venus verknotete kunstvoll ihren schwarzen Schopf und tat, als müsse sie sich erst auf den Inhalt meiner Frage entsinnen. Ich wartete.
    »In der Tat«, meinte sie schließlich und verknotete die Haarschleife ein letztes Mal. »Seit der Zeit um 1000 vor Christus wird die Katze als Tier der Bastet verehrt. Es gab einen aufwändigen Kult und Feste, zu denen hunderttausende von Anhängern pilgerten.«
    Sie sammelte ihre verstreut herumliegenden Kleidungsstücke vom Boden auf und ging mit ihnen auf dem Arm in Richtung Flur. Abwesend wie ich war, verschlief ich natürlich meinen Start. Ich stolperte über meine eigenen Füße, als ich ihr hinterher hastete.
    »Wo hast du's eigentlich her?«, keuchte ich.
    »Was?«
    »Was? Natürlich diese Bastet-Figur.«
    Natascha blieb stehen und drehte sich halb zu mir herum; ihre freie Hand hatte sie demonstrativ in die Hüfte gestemmt. Wie die Katzen-Frau , dachte ich.
    »Du bist überhaupt nicht neugierig, Thomas, nicht wahr? Warum willst Du das alles nur wissen?«
    Ich konnte ihr nicht sagen, dass ich hoffte, auf eine abgewandelte, psychoanalytische Weise den Kern ihrer Seele freizulegen.
    »Ganz einfach«, antwortete ich diplomatisch, »ich interessiere mich halt für alles, was mit dir zu tun hat.«
    Diese Erklärung ließ einen Teil ihres Argwohns verrauschen.
    »So, so«, grinste sie mich mit einem Augenzwinkern an, »ahh-hahhhh.«
    Unbeirrt marschierte sie weiter den Gang hinunter. Ich blieb dicht auf ihren Fersen; ich achtete nicht auf die steinernen Reliefs an den Wänden und auch nicht (obwohl mir dies schwerer fiel) auf das sanfte Wiegen ihrer Pobacken. Nur meine Ohren hatten ihre Antennen ausgefahren.
    »Ich hab' das Ding aus dem Nachlass meines Vaters«, klärte sie mich endlich auf. Das Ende des Korridors war nur noch wenige Meter entfernt. »Er hat es bei Ausgrabungen in Tell Basta gefunden.« Sie blieb vor den beiden Palmen am Eingang zum Bad stehen, ihr Blick verschleiert. »In seinen Briefen schrieb er viel über die Gegenden, durch die ihn seine Expeditionen führten, über Ismailia, den Suez-Kanal, die Wüste, aber vor allem über Bubastis, der alte Name von Tell Basta. Dort lag damals das Zentrum des Bastet-Kults.« Sie öffnete die Tür und betrat zögernd den Raum. Ich hatte mich bereits halb abgewandt, als ich sah, wie sie in der Tür stehen blieb. »Eigentlich komisch«, murmelte sie vor sich hin. Ihre Stimme war kaum zu hören.
    »Komisch? Was findest Du komisch daran?«, wollte ich wissen.
    »Meine Eltern. Sie haben sich in Bubastis

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