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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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pflichtete ich ihm bei. »Ich hab jedes Wort Ihres Gesprächs mit
angehört.«
    »Wie heißt Ihr Laden nochmal?«
    »Welcher Laden?«
    »Haben Sie sich nicht mit
Keinalbie oder so ähnlich gemeldet? Und Sie haben definitiv gesagt: Mord ist unser Geschäft.«
    Ich räusperte mich. »Keinalbie
- ja, genau. Das ist... ein elbisches Wort. Elbisch für Buchladen. Wir sind auf
Science-Fiction- und Fantasy-Romane spezialisiert. Sie wissen schon, Herr der Ringe und so. Mordor ist unser Geschäft.«
    Am anderen Ende herrschte
längeres Schweigen, während mein Herz schneller raste als jemals zuvor; sogar
noch schneller als an jenem Tag, als ich zum ersten Mal die junge Frau vom
Juwelierladen gegenüber erblickt hatte. Die Frau, die anzusprechen ich bisher
nicht gewagt hatte, in die ich aber über beide Ohren verschossen war.
    »Verstehe. Also, Mann, wenn
Sie ihn je wieder zu Gesicht kriegen, sagen Sie ihm von mir, er ist 'ne
verdammt linke Titte.« Dann legte er auf und ich ebenfalls. Augenblicklich
klatschte ich in die Hände. Wieder einmal hatte ich einen Feind trickreich
hinters Licht geführt, indem ich schnell die Rollen gewechselt und so das Blatt
zu meinen Gunsten gewendet hatte. Trotzdem, um absolut sicherzugehen, rief ich
gleich bei British Telecom an und beantragte eine neue Telefonnummer. Das
würde mich zwar mehrere Hundert Pfund kosten und außerdem zahllose
Arbeitsstunden, denn ich musste mein Briefpapier ändern und meine Kunden
informieren, aber Vorsicht war nun mal die Mutter der Porzellankiste. Mir
reichte ein verrückter
Geschäftsmann, der mir nachstellte. Ich war nicht scharf auf noch mehr von der
Sorte.
     
    An diesem Abend stand im
Rahmen der Serienkiller-Woche ein Wettbewerb auf dem Programm. Gesucht wurde
die diabolischste Idee für einen Serienkillerroman. Auch wenn man eigentlich
meinen könnte, alle vorstellbaren Variationen dieses Themas seien bereits
ausgeschlachtet, mag der Vergleich mit der Komposition von Liebesliedern
erlaubt sein: Jedesmal, wenn man glaubt, jetzt geht endgültig nichts mehr,
kommt etwas Frisches, Neues von Chris de Burgh daher. Trotzdem musste ich bald
erkennen, dass die Mehrheit des Publikums sich dem Gegenstand nicht mit dem
gebührenden Ernst näherte. Ich hatte jede Menge Zeit und Energie investiert, um
diesen Abend auf die Beine zu stellen, und was ich auf keinen Fall brauchen
konnte, waren Idioten, die vorschlugen, das nächste große Ding in der
Serienkillerliteratur wäre ein Charakter, der seine Opfer nicht ermordete,
sondern nur zu Tode langweilte. Oder dass ein toller Name für einen
Serienkiller Coco Pop Kid wäre. Also fackelte ich nicht lange und beendete den
Abend vorzeitig. Dabei lächelte ich die ganze Zeit, wie es die Höflichkeit
gebot, obwohl ich innerlich kochte.
    Später, als der Laden endlich
abgeschlossen und die Rollgitter heruntergelassen waren, saß ich da, trank
eine abgestandene Cola und beruhigte mich langsam wieder. Ich beschloss, einen
Blick auf meine E-Mails zu werfen, und wurde prompt belohnt. Meine wahren
Kunden, diejenigen, die nicht nur darauf aus waren, den dicken Mann zu
markieren oder ein legitimes, zeitgenössisches Literaturgenre durch den Kakao
zu ziehen, hatten in erklecklicher Zahl auf meine Anfrage geantwortet. Über
die Stadt verteilt gab es mehr als ein Dutzend Beispiele von Graffiti, die
alle eindeutig die Handschrift unseres Phantomsprayers trugen. Auf einem Fußweg
in der Malone Road stand Alan McEvoy schlägt Hunde; eine Brandmauer in der
Andersonstown Road zierte der Schriftzug Seamus O'Hare geht fremd; in der Palestine Street war
die Eingangstür des Studentenwohnheims mit den Worten Hier leben Koks-Dealer verschmiert, und auf einem
Pfarrhaus in Syndenham prangte Rev. Derek Coates glaubt nicht an die Auferstehung. Und in dieser Art ging es
weiter. Ob es sich bei diesen Graffiti um Lügen, bewusste Verleumdungen oder
Halbwahrheiten handelte, ging mich nichts an; mich interessierte einzig und
allein, dass sie existierten. Allerdings wurmte mich ein wenig, dass das
überraschende Ausmaß dieser Verbrechen nun nicht mehr von Bedeutung war.
Dessie Martin war tot. Womöglich hatten die mit den Schmierereien verbundenen
Anstrengungen sogar für sein vorzeitiges Ende gesorgt, so asbestverseucht, wie
seine Lungen gewesen waren.
    Als ich aber die letzte E-Mail
studierte, von einem Lord-Peter-Wimsey-Fan aus dem Norden der Stadt, stutzte ich
plötzlich - der Schriftzug Michael Lyons trägt gerne Kleider war erst in der Nacht, in

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