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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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ihr Hobby niemals zu hören bekäme.
    Wie dem auch sei, an jenem Tag
hatte ich ihr Schaufenster bereits fünfundvierzig Minuten lang beobachtet,
ohne irgendwelche Bewegungen im Inneren ausmachen zu können, und fragte mich
gerade, ob es nicht nach acht Monaten durchgehender Observation vielleicht an
der Zeit war, die Initiative zu ergreifen und mich ihr vorzustellen, womöglich
unter dem Vorwand, eine Uhr oder ein Armband für meine Mutter kaufen zu wollen,
da flog meine Ladentür auf, und mein nächster Fall spazierte herein. Unwillig
verließ ich meinen Beobachtungsposten und nickte dem gepflegt wirkenden Herren
mittleren Alters zu, der einen grauen Nadelstreifenanzug mit lavendelfarbener
Krawatte trug. Ohne einen Blick auf das Regal mit Neuerscheinungen zu
verschwenden oder auf den Tisch mit den vom Personal empfohlenen Büchern - will
heißen von mir, denn Jeffs Geschmack ist für den Arsch -, steuerte er direkt
auf die Verkaufstheke zu und legte beide Hände darauf, als suchte er Halt. Dann
fragte er mich mit sonorer und gleichzeitig leicht nörgelnder Stimme, ob der neue
James Patterson bereits eingetroffen sei.
    »Sir«, entgegnete ich mit der
angemessenen Herablassung, denn schließlich verstehe ich etwas von meinem
Geschäft, »nicht einmal der alte Patterson ist eingetroffen. Das hier ist eine
pattersonfreie Zone. Wenn wir nämlich damit anfingen, Pattersons vorrätig zu
haben, wäre kein Platz mehr für irgendwas anderes. Dann könnten wir den Laden
gleich in Patterson-Bücher umtaufen.«
    Mein leicht arroganter Ton
schien mir durchaus gerechtfertigt, denn ich spürte instinktiv, dass dieser
Herr ebenso wenig Interesse an James Patterson hatte wie er der Mann auf dem
Mond war. Es lag an seiner Stimme: Sie war erstickt von Gefühlen. Und niemand
hat bei einem James-Patterson-Roman je irgendetwas empfunden. Hätte ich damals
geahnt, dass mich der Besuch dieses Mannes in meinen vertracktesten und bei
weitem gefährlichsten Fall verwickeln würde, der als Der Fall der jüdischen Musikanten in meine
Annalen einging, hätte ich mich vermutlich kurz entschuldigt, wäre aus der
Hintertür gerannt, die Gasse hinunter und quer über die Straße in Easons
Buchladen, hätte dort den James Patterson des Monats gekauft, wäre die Gasse
wieder hochgejagt, hätte auf dem Weg durch den Hintereingang und die Küche den
25-Prozent-Rabatt-Sticker abgefummelt und ihm das Ding zum vollen Preis
verkauft, alles nur, um nicht in die furchtbaren Ereignisse verwickelt zu
werden, von denen ich im Folgenden berichten werde.
    Doch es war bereits zu spät:
Der Mann fing an zu erzählen, und es dauerte nicht lange, und er hatte mich
tief in diesen rätselhaften Kriminalfall verstrickt, der wie üblich damit
begann, dass jemand die Dienste der Privatdetektei nebenan in Anspruch nehmen
wollte.
     
    »Um die Wahrheit zu sagen«,
hob er an, »ich bin nicht wirklich auf der Suche nach einem Patterson. Ich hab
einfach nur gehört, dass er recht, wie soll ich sagen, populär ist. Es war lediglich ein
Vorwand. Sie müssen wissen, ich bin selbst Verleger.« Er nickte mir zu,
offensichtlich in der irrigen Annahme, damit irgendeine Art von Verbindung
zwischen uns geschaffen zu haben. Dann reckte er das Kinn in Richtung meiner
IKEA-Regale. »Natürlich nicht Ihre Art von Literatur. Bücher von lokalem Interesse.
Geschichte. Fotografien. Erinnerungen. Ein wenig Literatur, ein bisschen Lyrik.
Wir haben auch einen sehr hübschen Kalender von Strangford Lough im Programm.
Wir nennen uns Beale-Feirste-Bücher.«
    »Verstehe, Belfast-Bücher«,
nickte ich.
    »Nein, viele Menschen
verwechseln das. Korrekt muss es Beale-Feirste-Bücher heißen.«
    »Aber das ist doch dasselbe.«
    Er warf mir einen Blick zu.
»Nein, ist es nicht.«
    Ich wusste alles über
Belfast-Bücher. Es war genau die Art Verlag, die ich hasste wie die Pest. Er
überlebte allein durch Kulturförderung und Spenden wohltätiger Stiftungen. Man
produzierte koffeinfreie Bücher für den Kaffeetisch und fühlte sich als
erhabener Gipfel der Kultur. Unter normalen Umständen hätte mich dieser Mann
keines Blickes gewürdigt, aber offensichtlich wollte er was von mir. Er hatte
es zwar nicht offen ausgesprochen, aber was er mit »ein wenig Literatur, ein
bisschen Lyrik« gemeint hatte, war nichts anders, als dass für ihn das
Bücherangebot des Kein Alibi nicht das Geringste mit Literatur zu tun hatte. In
seinen Augen war ich kaum mehr als ein Zuhälter billiger Schundromane. Mein
Leben war

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