Bateman, Colin
oder?«
»Ist das so?«
»Manchmal bist du absolut
manisch, und man kann nicht mit dir reden. Und jetzt verbreitest du diese Art
von Zen-Gelassenheit - und man kann trotzdem nicht mit dir reden.« Ich zuckte
mit den Achseln. »Es perlt einfach an dir ab. Wie wenn jemand einen Stein in
den Teich wirft, und die Leute mit den ferngesteuerten Spielzeugjachten rasten
vor Panik aus, während du dir sicher bist, dass sich alles wieder beruhigt. Ich
beneide dich um diese Haltung.
Ich hab letzte Nacht kaum
geschlafen. Aber ernsthaft, was werden wir unternehmen?«
Erneut zuckte ich mit den
Schultern.
»Natürlich kann dieser
Zen-Kram auch ziemlich nervig werden, vor allem, wenn man versucht, eine
ernsthafte Unterhaltung zu führen. Was wollen wir unternehmen? Was hältst du von diesem
Detective? Glaubst du, wir können ihm trauen? Denn so können wir schließlich
schlecht weitermachen, oder?«
»Na ja«, erwiderte ich,
»möglicherweise doch. Möglicherweise können wir es uns leisten, ein bisschen
entspannter an die Sache ranzugehen. Jetzt, wo die Polizei Malcolms Leiche
entdeckt hat, werden sie den Mord untersuchen, richtig? Und wenn sie was von
ihrem Job verstehen, führt sie das zu Rosemary. Die Folge davon ist eine
weitere Ermittlung wegen Mordes. Also gehe ich davon aus, dass der Killer sich
fürs Erste bedeckt hält. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist er schon zurück in
Deutschland. Und abgesehen davon, wir machen uns die ganze Zeit Gedanken, ob
wir die Nächsten auf seiner Liste sind, aber mal ehrlich, wer sagt denn, dass
wir überhaupt draufstehen? Er hat Rosemary getötet, weil sie ein Buch veröffentlichen
wollte, das vermutlich einige Geheimnisse über ihn preisgab. Um ganz
sicherzugehen, hat er in einem Aufwasch auch gleich Malcolm und Manfred
beseitigt. Und vielleicht war's das schon - immerhin ist doch ziemlich klar,
dass Anne Radek ihr Buch nie zu Ende schreiben wird. Und selbst wenn sie es
tut, ist Daniel sicher viel zu ängstlich, um es zu veröffentlichen. Das
Geheimnis ist sicher, vielleicht muss er gar niemand mehr umbringen.«
»Aber was, wenn er glaubt,
dass du immer noch Nachforschungen ...?«
»Wir können ja nicht mal mit
Sicherheit sagen, ob er überhaupt von mir weiß. Daniel hat Manfred erzählt,
dass ich beteiligt bin, aber wir haben keine Ahnung, ob Manfred das dem Killer
verraten hat. Warum hätte er das tun sollen?«
»Also, was schlägst du vor?«
»Dass wir die Polizei ihre
Arbeit machen lassen. Und wenn sie nicht von selbst auf Rosemary stoßen, können
wir ihnen immer noch einen anonymen Hinweis geben. Wir halten einfach weiter
die Augen offen, versuchen aber gleichzeitig, die ganze Geschichte zu
vergessen. Und irgendwann kommt dann ein weiterer Fall durch meine Ladentür
hereinspaziert, ein wesentlich leichterer Fall, den wir uns gemeinsam
vornehmen. Was hältst du davon?«
Sie dachte darüber nach. Sie
nahm einen Schluck von ihrem Latte. Schließlich sagte sie: »Du willst also den Fall der jüdischen Musikanten ungelöst lassen?«
»Absolut«, erwiderte ich.
24
In den nächsten Tagen verlief
das Leben im Kein Alibi wieder in seinen üblichen abnormalen Bahnen. Unser
Sommerausverkauf war kein sonderlicher Erfolg, trotz der
Fünf-Prozent-Ermäßigung-Sticker, die ich Jeff auf die am wenigsten gefragten
Titel kleben ließ. Allerdings machte ich mir deswegen keine allzu großen Sorgen.
Ich weiß zwar um die Notwendigkeit, Kunden in den Laden zu locken, verspüre jedoch nicht
allzu oft das wirkliche Bedürfnis. Klar, ich könnte komplett über die Stränge schlagen
und sieben oder gar acht Prozent Nachlass geben, aber wie werde ich dann mit
dem Massenansturm der Raffsüchtigen fertig, den das mit Sicherheit auslöst? Mit
all diesen Kretins, die ihren Kopf durch die Tür stecken und erklären: »Oh, ich
suche nur nach einem Schundroman, den ich am Strand lesen kann«, oder noch
schlimmer nach »etwas Leichtem«. Ihr könnt mich alle mal!
Natürlich spiele ich bei dem
ganzen Ausverkaufsrummel mit; aber mehr als einmal hab ich ihnen bei der Gelegenheit
einen Henning Mankell in die Büchertüte geschmuggelt und erklärt, er ließe den
Altmeister John D. McDonald »alt« aussehen, weil ich genau wusste, dass sie ihn
nicht aufschlagen würden, bevor sie im Sand lagen.
Erst dann würden sie bemerken, dass ich ihnen die
schwedische Originalversion verkauft hatte. Manchmal lache ich und kann nicht
mehr aufhören.
Am Feiertag des 12. Juli
schlossen wir das Geschäft. Hatten
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