Bateman, Colin
waren
lange nach seinem Tod Jugendliche bei ihm eingebrochen, hatten ihn dekoriert
und sich königlich darüber amüsiert. Diese Jugendlichen heutzutage - denen war
schließlich alles zuzutrauen. Die waren so abgestumpft, dass der Tod ihnen
keinen Schrecken mehr einjagte. Jeden Tag töteten sie Menschen.
»Wie heißt dieses Spiel... Grand Theft Auto? Schwangere Frauen im
Vorbeifahren abknallen, kaum zu fassen. Haben Sie das je gespielt?«
Ich schüttelte den Kopf. Ich
spiele grundsätzlich keine Computerspiele. Die hellen, flackernden Lichter
können epileptische Anfälle bei mir hervorrufen.
»Ich habe gerüchteweise
gehört, dass Sie sich in Ihrer Freizeit als Detektiv betätigen.«
»Nicht wirklich«, log ich.
Er nickte in Richtung meiner
Bücherregale. »Eine feine Sache, wenn man so arbeiten kann. Gute alte Detektivarbeit,
ohne den ganzen verfluchten Papierkram, ohne Techniker, ohne Gerichtsmedizin
und ohne alles vor einem verdammten Gericht beweisen zu müssen. Nur das eigene
Hirn einsetzen, um den Fall zu enträtseln, und am Ende sämtliche Verdächtigen
zu einem Treffen einladen, um auf den Schuldigen zu zeigen, der sich dann bequemerweise
selbst wie ein Gentleman aus dem Verkehr zieht. So muss es eigentlich laufen,
oder?«
Immer wieder mal trifft man
auf so einen Idioten, der sich wünscht, in einer Agatha-Christie-Welt zu leben,
aber nur selten ist ein echter Detective darunter. Immerhin offenbarte
Detective Robinson damit eine weichere Seite seines Charakters, was mir
vermutlich ganz recht sein konnte. Trotzdem blieb ich auf der Hut, denn die
Gefahr, mich zu verplappern, war groß - vielleicht wollte er mich ja einfach
nur einlullen und in falscher Sicherheit wiegen, damit ich preisgab, wie tief
ich wirklich in die Sache verstrickt war; oder er war auf irgendeinem Weg
meinen geheimen nächtlichen Aktivitäten auf die Spur gekommen und fahndete
jetzt nach meinem Nagel, mit dem ich die Autos mit personalisierten
Nummernschildern zerkratzte und der sich immer noch in einer Dose Halbfettmargarine
im Kühlschrank verbarg.
Wie sich herausstellte, war er
ziemlich beschlagen in Sachen Kriminalliteratur; so bekannte er, ein Fan von
Georges Simenon zu sein, was in diesen Tagen recht unüblich war, und einmal
hatte er sogar eine Performance des Musikers und Krimiautors Kinky Friedman
besucht. Obwohl ich kein großer Bewunderer von Mr. Friedman bin, hatte ich
seine Bücher auf Lager und hielt es für ein interessantes Experiment, dem
Detective eines davon anzubieten.
»Wie der Zufall es will«,
erklärte ich, »habe ich eine Ausgabe von Love Song of J. Edgar Hoover vorrätig, von Kinky persönlich
signiert. Nur dreißig Mäuse.«
Ich holte es für ihn herunter.
»Wissen Sie was«, sagte er,
während er es in den Händen drehte, »vielleicht nehme ich es tatsächlich.«
»Ich sag Ihnen was«, erklärte
ich, »Sie kriegen es für siebenundzwanzig.«
»Abgemacht.«
Er reichte mir das Geld, und
ich legte es in die Kasse. »Brauchen Sie eine Quittung?«
Wenn man in einem Laden automatisch
eine Quittung bekommt, akzeptiert man das fraglos; wenn man allerdings nicht
vorhat, etwas zurückzugeben oder umzutauschen, verneint man diese Frage mit
ziemlicher Sicherheit, besonders, wenn sie eigens handschriftlich ausgestellt
werden muss. Ich meine, es ist nachvollziehbar, wenn jemand eine Quittung für
Hosen will, die vielleicht nicht passen, oder für ein Hemd, das der Ehefrau
nicht gefällt, aber wer bringt schon ein Buch in den Laden zurück - besonders in einen, an dessen
Wand das Schild prangt: »Rückgabe und Umtausch ABSOLUT ausgeschlossen!« Also dachte ich mir, wenn er
jetzt eine Quittung verlangt, dann ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass er
es aus der Polizeikasse zahlt und mich nur einwickeln will, damit ich was über
Malcolm Carlyle ausplappere, und die Quittung braucht er, um die Erbsenzähler
in der Buchhaltung zufriedenzustellen und seine Auslagen einzutreiben. Natürlich
bittet er niemals um eine Quittung, wenn er als Zivilfahnder Drogen bei
Belfast-Gangstern kauft, aber unter den momentanen Umständen würde er wohl kaum
davon ausgehen, damit Verdacht zu erregen.
»Nein danke«, erwiderte er.
Es war der klassische
Doppelbluff.
Ich steckte das Buch in die
Kein-Alibi-Tüte, und er dankte mir. Erneut blickte er sich um. »Netter Laden«,
erklärte er. »Ich komme sicher mal wieder vorbei.«
Ich nickte. Daran bestand wohl
kein Zweifel. Und vermutlich wäre er noch viel früher wiedergekommen,
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