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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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sagte er.
    Er hob die Hand, um in sein
Jackett zu greifen.
    Alles spielte sich plötzlich
in Zeitlupe ab.
    Meine Hand lag wieder auf dem
Schlachtermesser, aber ich konnte sie einfach nicht bewegen. Stattdessen hörte
ich mich sagen: »Kann ich Ihnen vielleicht bei irgendwas behilflich sein, Detective Robinson?«
    Der alte Mann zeigte keinerlei
Reaktion, außer dass er noch tiefer in sein Jackett langte, während er mich die
ganze Zeit fixierte.
    »Nein, ich komme zurecht,
danke«, erklärte Detective Robinson.
    Dem alten Mann war es doch
tatsächlich vollkommen gleichgültig, wen er umlegte.
    Ich musste es tun. Ich musste es jetzt tun. Jetzt!
    Stich
zu, stich zu, stich zu, stich zu, stich zu!
    Aber ich konnte mich immer
noch nicht rühren. Alison, Jeff, Detective Robinson, keiner von ihnen war mir
von geringstem Nutzen, keiner bekam mit, was hier ablief, keiner von ihnen war
nahe genug, um den alten Mann davon abzuhalten, seine Waffe zu zücken, nämlich
ein...
    ... kleines, abgeschabtes, in
Leder gebundenes Büchlein.
    »O Himmel«, stöhnte ich.
    Er nickte. Offensichtlich
hielt er das für einen Seufzer der Bewunderung und nicht der tiefsten
Erleichterung.
    Solange er nicht vorhatte, es
mir ins Auge zu rammen, war ich in Sicherheit.
    Leise ließ ich das
Schlachtermesser sinken.
    »Ich habe mich gefragt, ob das
vielleicht irgendeinen Wert hat?«
    Ich nahm das Buch in Empfang
und öffnete es vorsichtig. Es war eine Bibel. In deutscher Sprache. Aber innen
auf den Einband hatte jemand mit Bleistift geschrieben:
     
    Auschwitz
1944
     
    Himmel! Er trieb sein Spiel mit
mir. Auf meinem Rücken stand der kalte Schweiß, doch der war nicht so kalt, wie
dieser Kerl hier: ein Nazi, der sich nach sechzig Jahren noch bester Gesundheit
erfreute, während der wahre Besitzer dieser Bibel in einem Massengrab ruhte.
Meine beiden Hände hielten das Buch, tausend Kilometer entfernt von meinem
Schlachtermesser.
    »Sehr hübsch«, brachte ich im
Flüsterton hervor. »Wie sind Sie da drangekommen?«
    Er zuckte mit den Achseln.
»Darüber möchte ich nicht sprechen.«
    Im Kein Alibi herrschte
absolutes Schweigen. Sogar die Wanduhr über Columbo schien stillzustehen.
    Von seiner Position am Boden
aus, tief über eine Bücherkiste gebeugt, zischte Jeff: »Wir haben Mittel und
Wege, Sie zum Reden zu bringen.«
    Der Nazi wandte sich um. Er
legte eine Hand ans Ohr. »Entschuldigung... ich höre nicht so gut... was haben
Sie gesagt?«
    Ich legte keinen Wert darauf,
dass Jeff eine Kugel in den Schädel bekam, nur weil er sich wie ein Vollidiot
aufführte. Daher schaltete ich mich ein, und durch die kurze Ablenkung hatte
sich meine Stimme wieder einigermaßen normalisiert. »Er hat gesagt, manchmal
müssen wir über seltene Bücher reden, woher sie stammen, um die Herkunft
genauer zu bestimmen. Dieses hier hat offensichtlich eine historische Bedeutung...«
    »Ja, ja«, erwiderte er. »Ich
will es auch gar nicht verkaufen. Den Wert brauche ich aus Versicherungsgründen,
verstehen Sie?«
    Ich nickte, drehte und wendete
das Buch in meiner Hand. Obwohl es so klein war, besaß es ein erstaunliches
Gewicht. Die Seiten waren an den Rändern vergoldet.
    »Nun ja«, erwiderte ich, »wir
sind hier auf Kriminalliteratur spezialisiert, unsere Sammlerausgaben stammen
alle aus diesem Genre, aber wenn Sie mir ein paar Minuten geben, kann ich den
Wert übers Internet feststellen.«
    Er musterte mich. »Das wäre
äußerst hilfreich, danke. Mit dem Internet, da kenne ich mich nicht aus!«
    Er lächelte. Falsche Zähne.
Falsches Lächeln.
    Ich wies auf die Regale hinter
ihm. »Vielleicht finden Sie dort etwas, das Sie anspricht, während ich ...?«
    Der Nazi fixierte mich eine
Weile, bevor er nickte und sich zu den Büchern umwandte. Ich warf Alison, die
immer noch in der Tür zur Küche stand, einen kurzen Blick zu. Sie hob die
Augenbrauen. Ich machte eine hilflose Geste. Jeff starrte mich ebenfalls an. Er
zeigte mir eine Faust und nickte leicht. Soll ich ihm eine verpassen? Was war zu tun?
    Was hatte es zu bedeuten, dass
er mir diese Bibel gab? War es eine Warnung? Ein Vorbote extremer Gewalt? Oder
wollte er damit zu verstehen geben: Ich weiß, wer du bist und was du getan hast, und wenn
du so weitermachst, wirst du enden wie die anderen? Aber warum überhaupt eine
Warnung? Weil wir nicht allein waren? Nein - er hatte diese Bibel eigens
mitgebracht, also war die Warnung von Anfang an beabsichtigt gewesen. Oder
handelte es sich um einen Vorwand, in den Laden zu

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