Bateman, Colin
mutterseelenallein in zwielichtigen Gassen umher, und prompt erwischte
mich der wahre Killer. Er hatte einfach abgewartet, bis er mich ohne
Begleitung antraf, um mich ungestört erledigen zu können.
Aber es war nie zu spät, um
sein Leben zu betteln.
»Es tut mir so leid, es tut
mir so leid, es tut mir ja so leid... bitte nicht... bitte tun Sie mir nicht
weh... ich flehe Sie an ... es tut mir so leid ...«
»Das wird es ganz sicher, du
beschissener...«
Die Last wurde leichter,
zumindest für einen kurzen Moment, dann wurde ich auf den Rücken geworfen. Er
hockte sich erneut auf mich. Ein grobschlächtig wirkender Kerl, jünger als
ich, mit hasserfüllten Augen, das Gesicht rot angelaufen und der Atem vom
Adrenalin befeuert. Kein deutscher Akzent, aber das hatte nichts zu bedeuten.
Vermutlich beherrschte er diverse Akzente, war ein Meister der Verstellung, der
Verkleidung, der Überraschung und des Todes. Seine Faust ballte sich erneut, aber kurz bevor er
einen weiteren Schlag auf mich abfeuern konnte, rief ich: »Bitte nicht! Nicht
ins Gesicht! Ich bin Bluter! Wenn Sie mir die Nase brechen, wird man die
Blutung nicht mehr stoppen können!«
Er zögerte einen Augenblick,
was ich als gutes Zeichen wertete, bevor er mit der Faust gegen meinen Arm ausholte.
Aber noch ehe er zuschlagen konnte, schrie ich: »Bitte nicht! Ich habe
Glasknochen! Die kann man nie wieder zusammenflicken...«
Erneut eine Verzögerung. »Halt
endlich deine bescheuerte Fresse.«
»Ich kann nicht«, brüllte ich,
»ich leide an verbaler Diarrhö...«
Das war einmal zu viel
gejammert. Er boxte mich in die Brust. Er ohrfeigte mich ins Gesicht, und mein
Kopf pendelte nach links, nach rechts und wieder nach links, während es Schläge
hagelte. Tränen wirken bei einem erwachsenen Mann nicht sonderlich cool, aber
mir blieb keine andere Wahl. Schließlich befand ich mich nicht in einer
Position der Stärke.
»Bitte, es tut mir wirklich leid...«
Er riss mich am Kragen hoch.
»Was tut dir leid?«, wollte er wissen.
»Alles!« Und ich meinte es so.
Schließlich ging es ums nackte Überleben. Und alles deckte ... alles ab. »Es ist
mir egal, was Sie getan haben oder was Ihr Geheimnis ist. Der Krieg oder was im
Lager passiert ist, das interessiert mich nicht ... nur töten Sie mich nicht.
Ich verkaufe einfach nur Bücher, ich kann schweigen, ich...«
»Halt endlich die Fresse,
verdammt!«
Er schüttelte mich heftig.
»Eigentlich sollte ich dir deine verblödete Visage einschlagen. Es hat mich 'ne
Menge Aufwand gekostet, an diese beschissene Hose ranzukommen, hörst du?«
Ich nickte, während mein Hirn
auf Hochtouren arbeitete.
Hose?
»Und jetzt hat sie mich sitzen
lassen, und mein Boss hat mich gefeuert, und das alles ist deine verfluchte Schuld, weil du Arsch rumgeschnüffelt
hast. Wo zum Teufel ist das verfluchte Ding überhaupt?«
Erneut schüttelte er mich.
»Wo ist was?«, heulte ich.
»Die beschissene Scheißlederhose!«
Ich starrte ihn an. Er war gar
nicht der Attentäter! Er war der Freund der Kosmetikverkäuferin. Der Fall von Mrs.
Gearys Lederhosen feierte eine gespenstische Wiederauferstehung. Ich konnte nicht an
mich halten. Ich lachte ihm direkt ins Gesicht.
»Niemand wollte sie! Ich hab
sie weggeschmissen! Sie hat mir alles abgeschnürt!«
Wieder schlug er mich, aber es
spielte keine Rolle mehr! Wegen ein paar verfluchter Hosen würde er mich schon
nicht umbringen. Ich war am Leben! Ich hatte eine Zukunft!
»Du beschissener kleiner
Schwachkopf! Wo ist deine Brieftasche?« Er riss mein Jackett auf, griff hinein,
zog meine Lederbrieftasche heraus und öffnete sie. »Das ist alles?«, knurrte er.
»Ich lebe bescheiden«,
erklärte ich heiter.
»Los, ab in den Scheißladen,
mach die Scheißkasse auf, oder ich schwör dir ...«
»Da ist nichts drin! Ich bin
schon vor Stunden zum Nachtschalter der Bank gegangen!«
»Du bist ein verfluchter
Lügner!«
»Bin ich nicht, wirklich, Sie
können es gerne nachprüfen, wenn Sie möchten!«
Er stieß einen verzweifelten
Schrei aus. »Ich hab mein Mädchen verloren, ich hab meinen Job verloren, und
jetzt hast du kein beschissenes Geld?« Unvermittelt begann er in meinen anderen
Taschen zu wühlen. »Ich sag dir, was ich mache«, spuckte er, während er meine
Lieferwagenschlüssel hervorzog. »Ich schnapp mir deine verfluchte Karre, Mann.
Jetzt ist es meine verfluchte
Karre. Und falls die Cops auch nur das Geringste davon erfahren oder du mich
bei irgendjemand anderem verpfeifst,
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