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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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winzigen kreisrunden Fenstern, hingen mehrere alte und neue Karten von Bouvetøya, dazu historische Fotografien der Insel, Bilder von eisfreien Küstenabschnitten, auf denen aber nicht viel mehr als der Wechsel von Schwarz und Weiß, von Meer, Felsen, Eis und Schnee zu erkennen war. Nun, was auch sonst hätte man da erkennen sollen?
    Der kleine dünne Mann aus hohlen Knochen griff in ein Regal und zog ein Paket hervor. Er öffnete das braune, faserige Packpapier mit der gleichen Sorgfalt, Mühe und Bedächtigkeit, mit der er zu gehen pflegte. Nachdem das Papier entfaltet war, zeigte sich sein Inhalt: Sechs Taschenbücher, das bekannte Zinnenlogo eines großen Verlags kleiner Bücher tragend. Daß das Cover von roter, mit feurig hingeschmiertem Strich gesetzter Farbe bestimmt wurde, war weder ein Zufall noch ein Wunder noch der Rede wert. Und über die Farbe wurde ja auch kein Wort verloren. Eher verwunderlich war, daß es sich bei allen sechs Bänden um die gleiche Ausgabe handelte. Der Händler schob den Packen auf Red zu und sagte: »Hier sind die Bücher.«
    »Ja schon, nur …«
    »Das sind vergriffene Exemplare.«
    »Die schauen aber ganz neu aus.«
    »Wollen Sie den Preis drücken, weil die Bücher nicht vergilbt sind?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Ist sowieso schon bezahlt.«
    Red betrachtete die Schrift, die den Titel markierte, eine graphische Spielerei, indem man die einzelnen Lettern aus verschiedenen Zeitungen geschnitten und nebeneinander aufgeklebt hatte, so wie das bei anonymen Briefen praktiziert wird, zumindest bei anonymen Briefen im Fernsehen und Kino und im Kinderspiel.
    Red las den Titel, der sich aus dieser Folge von Schnipseln ergab: CHENG .
    Merkwürdigerweise unterließ er es in der Folge, auch noch den Namen des Autors festzustellen. Nun gut, vielleicht hatte er dieses gewisse Übergewicht von Namen auch ein wenig satt. Er fragte den Buchhändler, was das solle.
    »Was soll was?«
    »Na, diese Bücher. Cheng!«
    »Keine Ahnung. Sie haben das bestellt. Oder wenigstens die Leute, für die Sie arbeiten. Zusammen mit den Briefmarken.«
    »Gott! Was für Briefmarken?«
    »Sie sind beträchtlich uninformiert«, stellte der kleine Mann fest.
    »Immerhin habe ich hierher gefunden. Das ist eine ziemliche Kunst, denke ich.«
    »Manche Kunden finden alle paar Tage zu mir. Sind das Künstler?«
    »Sie scheinen mich nicht verstehen zu wollen.«
    »Ich sehe vor allem, daß Sie angespannt sind«, bemerkte der kleine Mann. »Wollen Sie etwas trinken? Ich meine etwas Medizinisches?«
    Nun, Medizin würde jetzt nicht schaden. Red nickte. Der Buchhändler öffnete den oberen Teil einer Erdkugel und zog aus deren Innerem eine Flasche und zwei Gläser hervor, schenkte einen Obstler ein und reichte ein Glas an Red. Man prostete sich zu und trank. – Wenn Männer miteinander trinken, entwickeln sie eine Einfachheit und schlichte, sachliche Ruhe, die ihnen im Gespräch nur selten gelingt.
    Aber man kann halt nicht dauernd trinken oder sollte es wenigstens nicht.
    Immerhin schenkte der Besitzer des Ladens noch ein zweites Mal ein und versetzte auf diese Weise sich und seinen Kunden in einer Zustand partieller Gelassenheit. Mehr ist nicht zu verlangen, weil mehr Gelassenheit eben auch mehr Alkohol erfordern würde, mehr Alkohol jedoch macht aus der Gelassenheit eine Nachlässigkeit, und das ist etwas anderes.
    »Kennen Sie das Buch?« fragte Red den Buchhändler.
    »Ich weiß davon, habe es aber nie gelesen. Es geht dabei um einen einarmigen Detektiv. Das ist nichts für mich, ich bin behindert genug, ich brauche nicht auch noch Romane über Behinderte lesen, Kriminalromane sowieso nicht.«
    »Wieso? Weil Sie Krimis nicht mögen?«
    »Ich habe nichts gegen das Genre an sich«, erklärte der Buchhändler, »sondern gegen die Leute, die in diesem Genre wüten. Kaum fühlt sich einer imstande, einen halbwegs geraden Satz zu bilden, meint er, Kriminalromane schreiben zu müssen. Warum eigentlich? Warum lockt der Krimi die Minderbemittelten und Minderbegabten, deren Kunst sich im Abfassen halbwegs gerader Sätze erschöpft?«
    »Es gibt nicht nur schlechte Krimis, oder?« entgegnete Red, der allerdings nicht die geringste Ahnung von solcher Literatur hatte.
    »Aber doch so auffallend viele«, behauptete der kleine Mann, »daß man sich nach dem Grund fragt. Möglicherweise kommt es davon, daß der Themenkreis so reduziert dasteht: Gewalt, Vernichtung, Demütigung, dieses Bedürfnis nach Exaltation, nach Blut und

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