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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Und ergänzte: »Das ist zwar ein ausgeglichenes Verhältnis, aber trotzdem eine schlechte Beziehung.« Dann schenkte er Schnaps nach.
    »Verzeihen Sie«, sagte Red und griff nach dem Glas, »aber ich dachte, Sie seien eingeweiht.«
    »Das dachte ich eigentlich von Ihnen. Weil Sie schließlich zu denen gehören, die mich beauftragt haben.«
    »Ich gehöre nicht zu denen«, sagte Red, aber das war gelogen.
    Doch auf eine Lüge kam es jetzt nicht an, wie es bei einer versalzenen Suppe nicht darauf ankommt, daß der Teller häßlich ist, in dem sie serviert wird.
    Nun, immerhin war es Red gelungen, die Bouvetinsel am Rande von Wien zu finden und dort in Empfang zu nehmen, was in Empfang zu nehmen wohl seine Aufgabe darstellte. Eigentlich durfte er recht zufrieden mit sich sein. Das Störendste im Augenblick war in der Tat die Divergenz von fünf Namen zu sechs Büchern. Daß ein Name fehlte, war ein Fanal. Und nicht minder ein Fanal wäre gewesen, hätte nicht ein Name zu wenig, sondern ein Buch zuviel vorgelegen. Egal, selbiges Fanal war nicht rosarot, nicht apfelrot und nicht rot wie die Backen erhitzter Kinder. Eher Rot von der Sorte Schwarz.
    Mit drei Schnaps intus und einem Paket unter dem Arm verließ Red den Buchladen eines Mannes, der wahrscheinlich der dünnste Mann der Welt war.
    Um auf die Straße zu gelangen, mußte Red wieder durch das Liverpool , vorbei an der Theke. Dabei warf ihm die Wirtin einen vielsagenden Blick zu. Aber wie schon einmal erwähnt wurde, die Wiener schauen gerne vielsagend drein, aber es hat nichts zu bedeuten, zumindest nicht, daß sie wirklich etwas wissen oder ahnen.
    »Danke«, sagte Red, als hätte es etwas zu bedanken gegeben.
    »Gern geschehen«, antwortete die Frau, mit einem Mal milde und freundlich.
    Komisch nur, daß die drei Männer, die jetzt an der Bar saßen, ein Gesicht machten, als wären sie die vergnügten Zeugen einer Hinrichtung.

Neuntes Bild:
Turm und Springer
    Red gewöhnte sich an, beinahe jeden Tag nach Favoriten hochzufahren, um dann per Straßenbahn den entlegenen Teil des südatlantischen Ozeans anzusteuern. Er war Stammgast im Café Liverpool geworden, ohne dort jedoch gerne gesehen zu sein. So sehr man eine ausländische Fußballmannschaft zu schätzen wußte, so wenig galt dies für Ausländer, auch wenn sie Deutsche waren. Beziehungsweise waren vor allem die Deutschen hier gering gelitten, immerhin war man weder ein blödes tourismusverseuchtes Tiroler Bergdorf noch die Innenstadt von der Kaiserstadt, sondern eben ein Ort am Rande der Welt, damit aber auch in keiner Weise von den Bundesrepublikanern abhängig. Daß Red gar kein richtiger Deutscher war, blieb unerkannt, und falls mal sein Name fiel, dann wurde dieser mit einem langen e und einem harten t ausgesprochen, wie das Schilfrohr.
    »Reet« war also bloß geduldet. Meist tauchte er an den Nachmittagen auf und hielt sich zunächst eine Weile im bouvetschen Buchgeschäft auf, wo er mit dem kleinen, dünnen Mann über alte Karten und neue Bücher plauderte (aber nie wieder das ungeliebte Thema des Kriminalromans ins Spiel brachte), um in der Folge in oder vor dem Liverpool einen Kaffee zu ordern (aber nie wieder jenes Bier namens Gösser, das er beim ersten Mal getrunken hatte und das ihm das Gefühl gegeben hatte, es würde mit den Bieren zu Ende gehen).
    Es störte Red nicht, daß man seine Bestellungen nur mit deutlichem Widerwillen entgegennahm. Nirgends stand geschrieben, die Bouvetinsel sei ein gemütlicher, freundlicher Flecken.
    Freundlich hingegen war der Ort an sich, diese verkehrsarme Beschaulichkeit. Nicht, daß es hier keine Autos gab, aber sie schienen im Eingeparktsein wie festgefroren, als dienten sie eher der Dekoration beziehungsweise der Abgrenzung des Gehwegs von der Straße. Ja, als sei an dieser Stelle, Gott weiß warum, die Doktorarbeit eines verträumten Stadtplaners auch wirklich umgesetzt worden. Jedenfalls sah man noch Kinder auf der Straße spielen oder mit ihren Fahrrädern großzügige Bogen ziehen. Und immer der Gesang der Vögel, diese musikalische Aufgeregtheit, dieses Jubilieren, ein wenig frech, ein wenig spitz, als wüßten sie, daß nicht die Vögel aussterben würden, sondern die Menschen. Zusammen mit dem Gösserbier.
    Red saß also im Liverpool und las einen Zeitungsartikel, der die jüngste Ermordung der Schauspielerin Mia Lovis behandelte, vor allem aber diverse Ermittlungspannen der Behörden hervorhob. Doch im Grunde war diese Konzentration auf die

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