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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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zu wechseln, bevor das Unwetter richtig loslegen würde.
    Doch bereits auf halbem Weg erwischte die beiden Männer ein heftiger Schauer, wie man sagt: Das Mittelmeer ist lange nicht so harmlos, wie viele meinen.
    Auf den Metern, die ihnen noch blieben, wurden sie so richtig naß. Etwas, das Cheng haßte, wenn die Feuchtigkeit ihm unters Gewand kroch und sich mit der eigenen Ausdünstung vermengte, ganz in der Art eines fremden Organismus, der sich in den Wirtskörper schwindelt. Sich als harmloser Regen ausgebend, die Natur zum Sprießen bringend, die Landwirtschaft fördernd, die Gewässer speisend, doch in Wirklichkeit allein darum, um etwas Fremdes in den Menschen zu tragen. – Geradezu engelsmäßig.
    Cheng fühlte sich also alles andere als wohl, bereute, nicht früher die Parkbank verlassen zu haben.
    Als sie dann endlich, patschnaß, unter dem kleinen Vordach standen und über den Teich schauten, auf den der Regen derart heftig niederging, als würde hier ein Wasser das andere erschlagen wollen, da erklärte Red: »Palle Swedenborg hat mich nach Wien geschickt.«
    »Ich dachte mir schon so was«, sagte Cheng. »Fragt sich allerdings, zu welchem Zweck.«
    »Um mich zu bestrafen, vermute ich.«
    »Wieso das?«
    »Wegen Sehnaz. So heißt sie heute natürlich nicht mehr, sondern Silvia. Silvia Swedenborg, seine Frau.«
    »Sie war damals schwanger von ihm, nicht wahr?« erinnerte sich Cheng.
    »Das Kind hat sie verloren. Aber das war vor meiner Zeit.«
    »Und worin besteht sie, Ihre Zeit?« fragte Cheng.
    »Ich bin Swedenborgs Sekretär. Und ich war Silvias Geliebter. Sie ist eine unglückliche Frau, und jetzt weiß ich auch warum. Swedenborg hat sie sich einfach genommen, damals auf Madeira. Ganz so, wie Ihr Fräulein das beschrieben hat: Er nimmt sich die Dinge. Für ihn ist alles ein Ding. Einmal … Er hat zu mir gesagt, daß der Mensch, bevor er nicht tot ist, gar nicht weiß, was Leben bedeutet. – Nicht, daß ich ihn wirklich verstanden habe. Aber es zeigt natürlich, was Swedenborg über uns Menschen denkt.«
    »Das klingt, als würden Sie jetzt auch beginnen, ihn für einen Engel zu halten. Wenigstens einen höllischen Hund.«
    »Es würde einiges erklären«, äußerte Red.
    »Auch, weshalb er Sie nach Wien geschickt hat? Denn ganz versteh ich das noch nicht. Wieso Wien?«
    Red sah hinauf zum Himmel, der so unbarmherzig sein Wasser entließ und sagte: »Nun, er will wohl, daß ich hier sterbe.«
    »Das kann er Ihnen doch auch in Hamburg antun.«
    »Vielleicht soll ich weit weg von Silvia sein, wenn es geschieht. Oder aber er will mich dort haben, wo auch Sie sind, Cheng.«
    »Hm«, tönte der Einarmige, machte eine Pause und meinte sodann: »Wäre es nicht möglich, daß Sie ebenfalls ein Engel sind? Ein Einhäusiger in der Hülle des Mannes, der hier neben mir steht.«
    »Das sollte ich dann aber wohl wissen, oder?« meinte Red.
    Aber Cheng erinnerte daran, daß viele Engel – vor allem die Einhäusigen, mitunter auch die Höllischen –, sobald sie in einen Menschen schlüpften, vergaßen, was sie früher gewesen waren. »Es ist die übergroße Empathie, hat mir das Fräulein erklärt. Die Empathie für die Hülle, in die sich der Engel flüchtet.«
    »Und woher soll es dann Swedenborg wissen, wenn ich selbst es nicht weiß?«
    »Nun, das haben die meisten Jäger so an sich. Einen Blick für die Beute. Offensichtlich bestehen gewisse Anzeichen, Kleinigkeiten, die den einhäusigen Engel verraten. Ein bestimmter Gesichtsausdruck, eine Geste in einem bestimmten Moment, so was halt. Eine feine Spur von Engelhaftigkeit. Aber genau kann ich es auch nicht sagen.«
    »Ich dachte, diese Engel als Menschen seien erfolgreich, würden das traurige Schicksal ihres Quartiergebers überwinden, Stars werden. Bin ich ein Star? Nein, ich bin ein gescheiterter Künstler.«
    »Nun, das spricht eigentlich dagegen. Aber es gibt wohl Ausnahmen. Beziehungsweise scheinen manche Engel so raffiniert, einer Karriere zu entsagen«, meinte Cheng nachdenklich.
    »Noch was« unterband Red diese Nachdenklichkeit. »Wissen Sie, ob bei alldem Briefmarken eine Rolle spielen?«
    »Was für Briefmarken?« fragte Cheng zurück.
    Red erklärte ihm, was für welche. Doch Cheng konnte nichts damit anfangen. Er hatte noch nie von einer Insel gehört, die Bouvet hieß, und ebenso wenig von einem Buchladen gleichen Namens.
    Cheng sah nun auf seine Uhr und äußerte: »Ich muß los. Das Abendessen bereiten. – Fragen Sie jetzt bitte nicht, wie

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