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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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natürlich die Höllenengel, die sich sehr viel leichter tun, in das Gewand eines Mannes oder einer Frau zu schlüpfen, um ihren Krieg auf der Erde fortzuführen.
    Es braucht nicht zu überraschen, daß die Menschen von diesem Krieg nichts mitbekommen. Sicher nicht der erste.
    Doch abgesehen von der Sache mit dem Geschlecht, besteht eine Schwierigkeit für die einen wie die anderen Engel. Keiner von ihnen ist in der Lage, eine beliebige menschliche Gestalt anzunehmen, als wäre gerade Fasching. Ein Engel kann sich nicht einfach ein Menschlein nach seinem Gusto erfinden oder auch nur eine der Gestalten benutzen, die er früher selbst bekleidet hat, sondern muß sich eines Menschen bemächtigen, der aktuell existiert. Was keine einfache Sache ist. Nicht jedermann eignet sich, von einem Engel in Besitz genommen zu werden. Vielmehr muß es sich um eine Person handeln, die in tiefgreifender Weise von Schmerz und Trauer gebannt ist, so stark in der eigenen Tragödie verfangen, daß sie kaum noch bei Bewußtsein ist. Von Todessehnsucht getrieben, jedoch unfähig, diese Sehnsucht auch wirklich umzusetzen. Erstarrt im Leben.
    Im Grunde sind es Leute, die einen geliebten Menschen verloren haben, welche ein solches ideales »Engelskleid« darstellen. Sie verfügen über keine Barriere, stehen schutzlos da, gleich einem Organismus ohne jegliche Abwehrstoffe. Es kümmert sie keinen Moment, wenn ein Engel in sie hineinfährt, egal, ob er aus der Hölle oder dem Himmel stammt. Und kein Exorzismus wäre imstande, sie zu retten. Schlichtweg, weil sie nicht gerettet werden wollen. – Eine Mutter, die ihr einziges Kind im Zuge einer schrecklichen Krankheit verloren hat, unfähig, dieses Kind zu beschützen, unfähig, das eigene Leben für das des Kindes zu opfern, eine solche Frau, warum sollte die sich wehren, von irgendeinem Engel ergriffen zu werden? Warum sollte sie Angst vor der Hölle haben, wo sie doch selbst gerade in der Hölle steht?
    Der Engel übernimmt dabei nicht nur den Körper, sondern freilich auch den Geist, verändert die Person und die Persönlichkeit, schafft basierend auf der alten eine neue Identität. Was in der Regel bedeutet, daß die von Schmerz gezeichnete Person gesundet, ein anderes Leben beginnt, mit einem Mal vital und mutvoll auftritt und sich sehr bald als erfolgreich erweist.
    Will man einen Engel aufspüren, sollte man sich also an Personen halten, die, von einem dramatischen Unglück betroffen, in tiefe Agonie fielen, bevor sie dann eigentümlicherweise zu erfolgreichen Künstlern, umtriebigen Geschäftsleuten, Genies, Tyrannen, Weltrettern, Heiligen, in jedem Fall zu Menschen wurden, die ihr Unglück in positive Energie umgesetzt haben.
    Das Bemerkenswerte ist dabei, daß nicht nur die solcherart heimgesuchten Personen vergessen, wer sie einst gewesen sind, sondern nicht selten auch die Engel – vor allem die Einhäusigen – nach und nach so völlig in ihrem neuen Dasein aufgehen, daß einige von ihnen sofort bereit wären, die Behauptung von der Existenz von Engeln für eine Idiotie zu halten. Solche sich selbst verleugnenden Engel zu entlarven, ist natürlich besonders schwierig.
    Wie gesagt, Engel können nicht sterben. Aber indem man die Hülle tötet, also etwa den Menschen erschießt, in den der Engel geschlüpft ist, zwingt man ihn zurück ins Jenseits und somit dorthin, wo er wirklich angreifbar ist, also Opfer jener Penetration werden kann. Wobei die Art und Weise, wie ein geschlechtlicher Engel die Androgynität eines Geschlechtslosen zerstört, ihn somit entzweit, mit unserer herkömmlichen Sprache nicht zu beschreiben ist. Vampirismus trifft es, aber nur ungenau.
    »Swedenborg ist ein Jäger«, erklärte Fräulein Lieske.
    »Ach, was Sie nicht sagen!« meinte Cheng spöttisch, gleichwohl unsicher, weil ihm bewußt war, daß eine Person wie Lieske keine derartigen Späße machte. Bestand somit nur noch die Möglichkeit, daß sie irre geworden war. Freilich, sie klang in keiner Weise verrückt, sondern legte in klarer, überlegter Sprache dar, daß Palle Swedenborg zu denen gehörte, welche die Einhäusigen in das Diesseits verfolgten und versuchten, sie hinter deren menschlicher Hülle aufzuspüren. Wozu es natürlich nötig war, ebenfalls Mensch zu werden. Beziehungsweise Mensch zu scheinen.
    »Das klingt schon ziemlich nach Terminatoren«, sagte Cheng, wie um den österreichischen Ich-komme-wieder-Faden erneut aufzunehmen.
    Doch Lieske erwiderte: »Engel, die sich in Menschen

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