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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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verwandeln, sind keine Superhelden oder zu Übermenschlichem fähige Kampfmaschinen. Sie sind ab diesem Moment völlig beschränkt auf ein Erdendasein. Ihre Sanftmut wie ihre Bösartigkeit unterliegen dem menschlichen Modell.«
    »Das ja auch seine Möglichkeiten hat«, meinte Cheng.
    »Das kann man wohl sagen«, bestätigte das Fräulein.
    »Aber Sie verstehen schon, daß ich nicht ganz glauben kann, was Sie mir da erzählen. Ich soll es wohl als Bild nehmen.«
    »Als Bild wofür?«
    »Den ewigen Kampf von Gut und Böse.«
    »Wenn es Ihnen leichter fällt, die Sache in Form einer Allegorie zu akzeptieren, von mir aus. Aber ich dachte, es ginge darum, endlich wieder träumen zu können. Das wird Ihnen jedoch kaum gelingen, wenn Sie die Wirklichkeit hinter einem platten Bildnis verbergen.«
    »Die Wirklichkeit der Engel?«
    »Die Wirklichkeit eines Mannes, der sich als Palle Swedenborg ausgibt.«
    »Und als Ehemann von Sehnaz.«
    »Nun, er hat sich diese Frau einfach genommen. Für einen Engel seiner Art nicht weiter überraschend.«
    »Und wieso?«
    »Na, er ist jetzt ein Mann. Er braucht eine Frau. Aber er fragt sicher nicht um Erlaubnis, wenn er sich eine nimmt, die ihm gefällt. Warum auch immer sie ihm gefällt. Vielleicht benötigt er sie. Für seine Jagd, meine ich.«
    »Also gut. Was ich aber nicht verstehe: Wie konnten Sie sehen, daß Palle Swedenborg ein höllischer Engel ist? Ich dachte, daß so ein Engel auf Erden einen anderen nicht erkennen kann. Zumindest nicht auf Anhieb.«
    »Ach so, Sie halten mich jetzt ebenfalls für einen Engel.«
    »Ein Mensch sind Sie nicht«, erklärte Cheng, nun seinerseits hellsichtig.
    Doch Lieske unterließ es zu offenbaren, was genau sie darstellte oder was nicht. Sie war ganz einfach das Fräulein . Mehr durchschauen zu wollen, mehr wissen zu wollen, hätte dem Wunder dieser Person widersprochen. Und wenn vorher gesagt wurde, daß es sich bei ihr möglicher- oder sogar wahrscheinlicherweise um einen Elementargeist handeln würde, war das nichts anderes als der lächerliche Versuch, ein Bild zu schaffen, wo sich die Wirklichkeit nicht einfangen ließ, nicht mit Bild, nicht ohne Bild.
    Ein Fräulein kann man nicht erklären.
    Engel aber schon.

Fünfzehntes Bild:
Menschen im Regen
    Über Wien hingen schwere, dunkle Wolken, richtige Waschweiber, die bald anfangen würden, schwatzend und keifend ihre Eimer auszuleeren. Auch über den japanischen Garten, in dem zwei Männer auf einer Bank saßen.
    Red sah Cheng von der Seite her an und betrachtete ihn belustigt. Freilich steckte in diesem Ausdruck der Belustigung ein Schmerz, eine Ahnung von der Art sich rasch ausbreitender Wundherde. Red fragte: »Na, haben Sie dann wenigstens wieder träumen können?«
    »Nein, bis heute nicht«, antwortete Cheng.
    »Und das Fräulein?«
    »Sie ist bald danach fortgezogen. Ohne mich vorzuwarnen. Einfach weg. Und da war niemand, der mir hätte sagen können, wohin sie gegangen ist. Ja, das Schlimme war, daß keiner auch nur ihren Namen kannte. Als hätte sie gar nicht existiert. Sie können sich vorstellen, daß mir die Idee kam, vielleicht ein bißchen verrückt geworden zu sein. Andererseits hat mich genau dieses Gefühl erst so richtig zu einem Bürger dieser schönen Stadt gemacht. Außerdem gewöhnt man sich mit der Zeit daran, nicht zu träumen, so wie man sich daran gewöhnt, manche Sachen etwas verschwommen, anderes wiederum stechend scharf zu sehen.«
    (Auch das war so ein Punkt, der in den Cheng-Romanen völlig falsch dargestellt wird, wenn dort nämlich immer wieder mal zur Sprache kommt, was Cheng gerade geträumt hat. Und mit keinem Wort die Traumunfähigkeit oder gar der Traumtod des Protagonisten Erwähnung findet.)
    »Und Swedenborg?« fragte Red.
    »Nun, er hat mir ja gedroht, mich zu töten, wenn ich nicht Frieden gebe. Und wissen Sie: Ich habe ihn verdammt noch mal ernstgenommen.«
    »Damit waren Sie bestens beraten«, kommentierte Red.
    Allerdings versuchte Cheng trotzdem sich zu rechtfertigen, indem er meinte, nicht der Typ zu sein, der gerne durch ein Tal der Schmerzen gehe. Im Gegenteil, er sei ungemein wehleidig.
    »Das scheint Sie nicht vor einigen Unglücken bewahrt zu haben«, stellte Red fest und fühlte sich von einem ersten Regentropfen getroffen.
    »Leider nein. Aber es blieb mir wenigstens erspart, von diesem Perversen in Hamburg gefoltert zu werden.«
    »Er läßt foltern.«
    »Selbstverständlich«, sagte Cheng, erhob sich und schlug vor, hinunter zum Teehaus

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