Bator, Joanna
vom Dachboden auf das Dach des Holzschuppens führte, und zum
ersten Mal nach langer Zeit sah Ignacy den Himmel, dunkel und noch schwer vom
ersten Frühlingsregen. Sie saßen nebeneinander auf der Schwelle, sodass sich
ihre Arme berührten, und Zofia Maslak aus Zalesie empfand ein so
durchdringendes Bewusstsein ihrer eigenen Existenz, dass ihr die saure Suppe
vom Abendessen aufstieß. Als Ignacy sie küsste, schien es, dass der Frühling
und alles auf ihrer Seite waren. Zofia war warm, feucht und roch nach Regen. So
begannen zwei Wochen, in denen es nicht mehr Versteckerin und Versteckten gab
und sich der Krieg auf einem anderen Planeten abspielte, der böse, hart und
kalt war. Das Holzhaus mit Zofia und Ignacy darin entfernte sich vom Krieg wie
ein rebellischer Satellit und flog zu den Sternen. Zofia war die erste Frau,
die Ignacy berührte, und ihm erschien es unmöglich, dass dieses Wunder nicht
einmalig und unwiederholbar sein sollte, denn konnte etwas vielfach sein, was
sich nur seinen Augen offenbarte? Die Achselhöhlen mit den Büscheln aus hellem
Gras, ihr Duft nach Quark und Honig, die wundersame Doppelheit der Brüste mit
den großen aprikosenfarbenen Brustwarzen und der Nabel - das warme Auge des
Bauches, durch das Ignacy ins Innere Zofias zu spähen versuchte, um das
Geheimnis zu begreifen. Zofia konnte nur einzigartig sein, andere Frauen waren
allenfalls ihr fernes, kaltes Abbild. Sie aßen Kartoffeln mit dem scharfen
Nachgeschmack von Keller und Gerstengraupen für die Hühner, denn es gab nichts
anderes mehr zu essen. Er zog von dem kalten Dachboden nach unten, wo das
Feuer im Herd brannte. Zofia schlief immer auf dem Bett in der Küche, während
die beiden anderen Zimmer - das Paradezimmer mit den aufgeschüttelten
Sofakissen und das kleine Zimmer, das Maciek für die »Kinnerchen« bestimmt
hatte, - den ganzen Winter verschlossen blieben. Jetzt teilte sie das schmale
Bett mit Ignacy. Ihr Satellit des Planeten Erde flog immer schneller, und Zofia
vergaß, wachsam zu sein. Wenn sie draußen war, lief sie so schnell wieder
hinein, als ob es brannte. Eines Morgens entdeckte sie Burek tot an der
angezurrten Kette vor seiner Hütte. Zofia hatte vergessen, dass sie in einer
Welt lebte, auf der jemand die Absicht haben könnte, ihren klugen, wachsamen
Hund zu vergiften.
Zofia hatte mit
niemandem Umgang, und nun, da sie den Hund nicht mehr füttern musste, ging sie
nur selten vor die Tür. Sie bemerkte nicht, dass Maniek Gorgöl sich immer in
der Nähe herumtrieb und alle Augenblicke ausspuckte, als habe er etwas
Bitteres im Mund. Er war kein kluger Mensch, wusste aber, dass er in Menschen
eine Angst weckte, die stärker war als Hass. Mühelos bekam er Informationen
über die seltsamen Medikamente, die Zofia beim Apotheker bestellte, obwohl sie
gesund war wie ein Pferd und bestimmt nicht verletzt, er wusste auch, dass es
ein bisschen zu lange gedauert hatte, bis sie die Tür öffnete, als die
Cudzakowa zur Mittagszeit gekommen war, um einen Becher Barszcz für die saure
Suppe zu borgen. Nachts bemerkte er einen seltsamen Schein um ihr Haus, obwohl
die Fenster dunkel waren, dennoch drang etwas hinaus und brachte den Schnee zum
Schmelzen, sodass unter den Fenstern Gras spross, bevor noch Eisgang auf der
Pekznica war. Zuerst dachte Maniek Gorgol, es sei einer aus dem Wald,
vielleicht Janek Kos, denn der war seit Jahren hinter Zofia her und ihm
mehrmals in die Quere gekommen. Doch so viele Nächte er auch vor ihrem Haus
verbrachte, nie sah er jemanden hineingehen oder herauskommen. Er hätte sie
denunzieren können, so wie er ihre Idioten von Eltern denunziert hatte, die ihn
nicht zum Schwiegersohn gewollt hatten. Maniek Gorgöl brauchte noch ein wenig
Zeit, um ganz sicher zu sein, und dann, gleich nach Ostern ging er zu dem Haus
am Rande des Dorfes, diesmal nicht mit einer Bitte und nicht mit Pralinen, die
sie einmal verschmäht hatte, obwohl er sie sogar aus Skierniewice mitgebracht
hatte, den ganzen Weg hatte er die Blechdose poliert, drauf gehaucht und sie
mit seinen Rockschößen blank gerieben, weil sie ihm für Zofia noch nicht schön
und glänzend genug erschien. Er wusste inzwischen, dass dieses Warschauer
Jüdchen, diese Kommunistenratte bei Zofia unters Federbett gekrochen war, den
hatte er wie blöde im Wald gesucht, als er im Winter von seinem Kontaktmann aus
dem Wald den Tipp bekommen hatte. Das Jüdchen sollte Gold bei sich haben und
Geld, und er hatte einen Scheißdreck davon gesehen. Er wartete,
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